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Proteste gegen UN-Blauhelme im KongoDie Zeit der UNO ist vorbei

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Im Kongo entlädt sich die Wut auf die UN-Soldaten. Die Blauhelmmissionen in ehemaligen Bürgerkriegsländern sind ein Relikt – erreicht haben sie wenig.

Ein UN-Hubschrauber über dem Gelände des Lagers der Vereinten Nationen in Goma Foto: Esdras Tsongo/reuters

U N-Blauhelmtruppen sollen eigentlich in Konfliktgebieten Friedensschlüsse absichern und die Zivilbevölkerung vor Gewalt schützen. Mit ihren gemischten Kontingenten von allen Kontinenten sind sie zugleich ein Zeichen der Völkerverständigung und der internationalen Zusammenarbeit.

Es gab eine Zeit, da wurde praktisch jedes afrikanische Bürgerkriegsland beim geglückten Friedensvertrag mit einem gigantischen UN-Blauhelmeinsatz beschenkt. Die jeweils 15.000 bis 18.000 Mann zählenden UN-Missionen in der Demokratischen Republik Kongo, Mali, Südsudan und der Zen­tral­afrikanischen Republik sind die Relikte jenes Optimismus einer vergangenen Ära. Ihre Zeit ist vorbei.

Seit Montag gehen im Osten der Demokratischen Republik Kongo Zivilisten für einen Abzug der UN-Truppe auf die Straße. Sie plündern und verwüsten UN-Einrichtungen und sterben im Kugelhagel kongolesischer Sicherheitskräfte und des UN-Sicherheitspersonals.

Im Kongo steht seit zwanzig Jahren die größte UN-Truppe der Welt. Aber Ostkongo wird unfriedlicher, Vertriebenen- und Hungerzahlen sind auf Rekordniveau, eine ganze Generation kennt nur Dauerkrieg. Die Jugendlichen der Großstadt Goma stehen den hochgerüsteten und hochbezahlten UN-Soldaten und zivilen Angestellten so feindselig gegenüber wie die palästinensische Jugend der israelischen Armee. Die UN-Truppe lebt abgeschottet, als Staat im Staate ohne Rechenschaftspflicht, sogar ihr Trinkwasser darf unter keinen Umständen mit den Einheimischen geteilt werden.

Auch in Mali ist die UNO im Visier

Auch in Mali ist die nationalistische Aufwallung groß; nach Frankreich ist auch dort zunehmend die UNO das Ziel, wobei die Regierung in Bamako dabei an vorderster Front steht. Insgesamt ist festzustellen, dass die vier großen UN-Stationierungsländer in Afrika zugleich die vier schlimmsten Dauerkriegsgebiete des Kontinents sind.

In Bamako und Kinshasa wird daraus ein klarer Schluss gezogen: Die UNO muss weg. Nur die Verantwortlichen in New York sowie die Truppenentsender – in Mali auch Deutschland – haben den Schuss wortwörtlich noch nicht gehört.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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8 Kommentare

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  • Sach mal so & wiedermal:



    Bis zur Kenntlichkeit entstellt.



    & empfehle Paul Parin =>



    “Zu viele Teufel im Land. Aufzeichnungen eines Afrikareisenden“

    & zitiere => 🌑🐑 =>



    “Mut der Feigheit

    „Da werfen sie ohne sich zu schämen

    Die Flinte gleich ins Korn hinein.

    Wo die Leute nur den Mut hernehmen,

    So ungeheuer feige zu sein!“

    Paul Heyse (1839-1914)



    Und der „Nützliche Idiot“ ist fast der Schlimmste von allen.“



    taz.de/Intellektue...-Ukraine/!5867320/

  • Ei und Henne, Ursache und Wirkung? Wenn die "vier großen UN-Stationierungsländer in Afrika zugleich die vier schlimmsten Dauerkriegsgebiete des Kontinents sind", woran liegt es dann? Wenn es jetzt Proteste gegen die Blauhelme gibt, wer treibt sie an? Man sollte sich schon etwas mehr Zeit für solche Fragen nehmen. Dass man gerade hierzulande die UN und ihre Blauhelme nicht nur geradzu grotesk überschätzt hat, sondern zum Dauerfeigenblatt der internationalen Scheinbefriedung gemacht hat, ist nicht unbedingt die Schuld dieser Truppen. Sie können nicht mehr tun, als den oft auch zweifelhaften Friedenswillen der Konfliktparteien unterstützen. So lange sich der Westen nicht dazu durchringt mehr zu tun, kann man sich diese Einsätze natürlich wirklich oft schenken. Es bräuchte schon eine Einflusspolitik mit klaren Zielen. Wenn man Konflikte nur moderiert, dann kommt man maximal zu dem, was Kretschmer gerade als "Einfrieren" bezeichnet hat, man kommt zu nichts.

  • Das Vertrauen in «white saviors» schwindet. Zu recht, denn wann konnten sich die Menschen Afrikas jemals auf „uns“ verlassen?

    • @Phineas:

      Die größten Truppensteller sind Äthiopien mit 7.597, Bangladesch mit 6.624, Ruanda mit 6.528, Indien mit 6.445, Nepal mit 6.098 und Pakistan mit 5.262. Deutschland rangiert mit 537 Soldaten auf Platz 47. Zahlen von Wikipedia. Ihr Narrativ von "white saviour" und EU gegen Afrika, ist meiner Meinung nach Quatsch. Und lässt sich nicht in der Truppendiversität der UN erkennen.

  • Und was ist die Alternative? Kritik muss immer Konstruktiv sein!

  • "Insgesamt ist festzustellen, dass die vier großen UN-Stationierungsländer in Afrika zugleich die vier schlimmsten Dauerkriegsgebiete des Kontinents sind.

    In Bamako und Kinshasa wird daraus ein klarer Schluss gezogen: Die UNO muss weg. "

    Wenn man Ursache und Wirkung verwechselt...

  • Die UNO muss weg, erreicht wurde wenig....

    und wenn die Blauhelmsoldaten weg sind, wird alles nur noch schlimmer. Wetten?

    • @gyakusou:

      Und/oder Russisch? (zumindest in Mali)

      Eine Untersuchung, warum die Einsätze keinen bleibenden Frieden gebracht haben, wäre allerdings schon interessant. Und wichtig.