Protest gegen Frankfurter Flughafen: Waldspaziergänge gegen den Ausbau
Seit Jahrzehnten fordern AnwohnerInnen den Stopp des Flughafenausbaus. Sie laufen auf Demos, besetzten sogar den Wald – bislang vergeblich.
„Da, rechts an der herzförmigen Wurzel, hat mein Arm gesteckt“, sagt Tippi und deutet durch die Gitter. Die Rotbuche, an deren Wurzel sie sich während der Räumung angekettet hatte, ist jetzt ein Stumpf unter Stümpfen. Als die Buche noch eine Krone hatte, trug sie Tippis Baumhaus. Zehn Monate hat Tippi, die anonym bleiben möchte, hier gewohnt, im Treburer Wald bei Frankfurt am Main. Seit Januar 2018, als die Besetzung begann. Bis zu ihrem Ende.
Das Ende kam Anfang November. Fast 1.000 PolizistInnen räumten die rund 15 BesetzerInnen innerhalb weniger Stunden. Drei Baumhäuser wurden abgerissen, vier Plattformen. Drei Tage später war der rund fünf Hektar große Wald gerodet. Hier soll ein Autobahnzubringer für den neuen Terminal 3 am Frankfurter Flughafen hin. Das Terminal baut der Flughafenbetreiber Fraport AG für 14 Millionen weitere Passagiere jährlich.
Die AktivistInnen hatten dafür gekämpft, den Flugverkehr zu reduzieren, anstatt den Flughafen weiter auszubauen. „Wir stehen vor dem Resultat einer Politik der Zerstörung“, sagt Monika Wolf, eine Spaziergängerin, die sich im Bündnis der Bürgerinitiativen (BBI) engagiert. „Aber wieder wird ein Stück Wald mit alten Bäumen dem Flughafen geopfert. Angesichts des Zustands des Weltklimas ist das für mich ganz schrecklich.“
Laut Umweltbundesamt (Uba) ist Fliegen „die klimaschädlichste Art“, sich fortzubewegen. In großer Höhe ausgestoßene Abgase richten ein Vielfaches der Umweltschäden an wie am Boden. Dennoch ist der Treibstoff Kerosin in großen Teilen der EU steuerfrei. Das Uba sieht darin eine umweltschädliche Subvention: Allein 2012 habe man den Fluggesellschaften so über 7 Milliarden Euro geschenkt.
Die Passagierzahlen steigen
Der Waldspaziergang findet an vergangenen Sonntag zum zweiten Mal statt. Etwa 50 Menschen sind gekommen. „Als es unsere Besetzung noch gab, haben die Leute sonntags mit Kuchen vorbeigeschaut“, sagt Jake, der ebenfalls nicht mit Vollnamen genannt werden möchte. Nun spazieren sie also so nah wie möglich an der ehemaligen Besetzung vorbei. Also bis zum Zaun. Monika Wolf (BBI) sagt: „Wir wollen zeigen, dass wir mit dem Ausbau nicht einverstanden sind.“
2.200 Hektar. So groß ist Deutschlands größter Flughafen mittlerweile. Aber die beiden vorhandenen Terminals arbeiteten an ihrer Kapazitätsgrenze, so Fraport. Die Passagierzahlen steigen. Deshalb der neue Flugsteig für Billigflieger und das Terminal 3. Aus Sicht der Fraport ist der Ausbau notwendig.
Die Betroffenen aus dem Umland sehen das anders. Sie demonstrieren nicht nur sonntags im Wald. Seit 2011 treffen sie sich immer montags im Terminal 1 des Flughafens. Zur 265. Demo an diesem 19. November kommen rund 250 Menschen. Viele sind im Rentenalter und waren schon bei den Protesten gegen die Startbahn West dabei. Jünger als 30 sind wenige. Eine von ihnen ist Tippi. „Ich wollte die ganzen Menschen wiedersehen, die mich unterstützt haben bei der Besetzung“, sagt sie. „Das tut gut.“
Die Menschen protestieren wegen des Lärms: „Um 4 Uhr 57 geht das los“, sagt eine ältere Frau. „Dann fliegen die im Minutentakt über uns weg.“ Sie protestieren wegen der Luftverwirbelungen: „Bei uns sind schon Ziegel von den Dächern geflogen“, sagt eine Demonstrantin Anfang 20. Und der Klimaschaden, sagt ein Redner auf der Bühne. Der betreffe alle.
Seit den 70ern geht es so: Auf jede neue Ausbauankündigung folgen neue Proteste. Verloren haben bisher immer die Protestierenden. Die Fraport AG gehört zwar mehrheitlich der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen – und die Grünen, die früher mitdemonstrierten, regieren in Hessen heute mit der CDU. Aber das Terminal 3 wird gebaut. Der Autobahnzubringer kommt. Und die DemonstrantInnen? Laufen am kommenden Montag wieder.
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