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Pro und Contra Mit SUVs zur E-MobilitätBrücke oder Krücke

Ingo Arzt
Anja Krüger
Kommentar von Ingo Arzt und Anja Krüger

VW setzt auf den Verkauf dicker Autos, um die E-Mobilität zu finanzieren. Ist das die richtige Strategie? Ein Pro und Contra.

Der Autobauer VW setzt mehr auf SUVs wie den Atlas Cross Sports. Legitim? Foto: Damian Dovarganes/AP/dpa

JA

S ollte es ein Mahnmal zum Gedenken an die Dummheit der Menschheit ­geben, man könnte es aus SUVs errichten: Wir haben Klimakatastrophe und viele fahren in Autos herum, die zwischen 14 und 25 Prozent mehr verbrauchen als ein normales Modell, das gleich schnell, gleich komfortabel und gleich sicher wäre. Nun will VW seinen Anteil an diesen Fahrzeugen deutlich steigern, weil damit mehr zu verdienen ist und man schließlich Geld zum Umstieg auf die E-Mobilität braucht. VW-Chef Herbert Diess gab das auch schon in der taz offen zu.

Aus realpolitischer Sicht ist diese Strategie gut. Wenn man also davon ausgeht, dass VW kein verantwortlich handelndes Subjekt ist, sondern ein Konzern, der das Maximum für sich herausholt. VW muss, wie alle Autobauer in der EU, die CO2-Emissionen seiner Flotten senken. Wenn er mehr SUV-Modelle verkauft, muss der Konzern also an anderer Stelle kompensieren. Mehr Elektroautos bauen. Oder Strafe zahlen. Oder, dritte Variante, den Verbrauch von SUVs schneller senken. Und hier wird es interessant: Außer in China gibt es in vielen Ländern keine CO2-Grenzwerte für Autos. Doch weltweit steigt die Nachfrage nach den Spritfressern an.

Die Dummheit der Menschen ist also ein Fakt. Die einzige Hoffnung für den Planeten besteht darin, die Dummheit zu begrenzen. Soll heißen: Wenn weltweit immer mehr Menschen SUVs wollen, inklusive der Deutschen, dann möglichst wenig umweltzerstörerische. Also solche, die aus einem Wirtschaftsraum wie der EU kommen, in dem der Klimadruck auf die Autoindustrie global gesehen am größten ist.

Dass VW damit den Umstieg auf die E-Mobilität finanziert und beschleunigt, scheint schlüssig. Natürlich gehen die SUV-Gewinne auch an Mana­ger*innen und Aktionär*innen. Aber die EU zwingt die Autobauer zur E-Revolution. Für Lügen, wie früher, bleibt da für VW wenig Spielraum.

Ingo Arzt

NEIN

Es ist falsch, dass VW und andere Autobauer auf den steigenden Absatz von SUVs setzen. Die ManagerInnen behaupten, der Verkauf der besonders klimaschädlichen Autos sei nötig, um genug Geld für den großen Transformationsprozess hin zur E-Mobilität zu bekommen. Dabei geht es doch in erster Linie darum, weiterhin hohe Gewinne für die AnteilseignerInnen zu erwirtschaften.

Die reichsten Leute Deutschlands beziehen unfassbare Summen aus der Autoindustrie. Sie haben sich auf Kosten von Klima und Beschäftigten über Jahrzehnte die Konten gefüllt. Jetzt müssen sie ihren Anteil dafür leisten, dass aus der schadstoffreichen Branche ein klimaneutraler Wirtschaftszweig wird. VW hat besondere gesellschaftliche Verantwortung, weil der Staat Anteilseigner ist.

Die Transformation zur E-Mobilität muss viel rascher gehen und konsequenter betrieben werden, als es heute der Fall ist. Wer ernsthaft glaubt, er oder sie könnte diese Umstellung noch um zehn oder sogar mehr Jahre verschieben, ist als EntscheidungsträgerIn in der Autoindustrie und in der Politik falsch. Sich hinter den KundInnen zu verschanzen, die angeblich keine Elektroautos, sondern leistungsstarke und große SUVs wollen, ist scheinheilig. Bislang wollten stets viel mehr Leute ein E-Fahrzeug, als die Industrie zu liefern bereit war.

Allerdings: Die Mobilität der Zukunft besteht nicht nur aus der Umstellung auf Elektroantriebe, sondern aus einem anderen Verständnis von Fortbewegung mit kollektiven geteilten oder öffentlichen Fahrzeugen. Ein batteriebetriebener SUV ist auch nicht viel besser als einer mit Auspuff. Jeder ist einer zu viel. Die meisten nehmen unverschämt viel Raum ein, egal ob sie fahren oder stehen. Solange die Autoindustrie an ihrem Größer und Schneller festhält, fährt sie in die falsche ­Richtung. Der SUV symbolisiert das. Je schneller überhaupt keiner mehr gebaut wird, desto besser.

Anja Krüger

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Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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10 Kommentare

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  • Umgekehrt wird ein Schuh draus. Die Umweltbilanz der deutschen Autobauer ist nur wegen der Leistungsfähigkeit von Oberklasse-Wagen so schlecht. Da an diesen aber viel verdient ist, investiert man in ein Feigenblatt für die Gesamtbilanz. Man darf nicht auf jede PR herein fallen. Übrigens bessern E-Autos die Klimabilanz nur auf dem Papier.

  • Generelles Tempolimit auf Autobahnen, weitgehend Privatautofreie Städte (Berufsfahrzeuge die ohne Auto eben nicht können, Car-Sharing, Öffis, Taxis, Fahrdienste für Menschen mit speziellen Bedürfnissen, diese dann alle elektrisch oder Wasserstoff betrieben) würde die Attraktivität der SUVs und PS starker Modelle stark dämpfen. Wieso sollte man sich Angeber modelle kaufen wenn sie weit weg vom Nachbarn und Kollegen draußen am Stadtrand geparkt sind und nur noch auf der anonymen Autobahn bei Tempolimit 120 nicht mal ausgefahren werden können? Zumal wenn der gesetzliche Rahmen die CO2 Emissionen von Fahrzeugen von der Herstellung bis zum Verbrauch besteuert und zugleich alle öffentlichen Verkehrsmittel so subventioniert dass eine Bahnfahrt quer durch Deutschland sagen wir maximal 50 Euro Normalpreis kostet nicht nur für jene die Nächtelang alle Sparangebote vergleichen. Da versteht man dann auch welche Lobbys gegen jede Klimawirksame Verkehrspolitik ist die nun mal eben nicht funktioniert bei jährlich zunehmender Zahl von Privatautos Elektro hin oder her.

  • Was für ein pro und contra! Es scheint mittlerweile unmöglich zu sein, sich aus diesen E-Mobil gleich Klimaschutz framing zu lösen.



    E-Mobilität ist ausschließlich Ökonomie und Klimaschutz ist ausschließlich Ökologie. Da ist keine Versöhnung möglich, wenn eine z u s ä t z l i c h e Antriebsart auf den Markt kommt, die ausschließlich dazu dient, die produzierte Gesamtmenge eines Giftes rechnerisch zu verdünnen. Aus 150 oder 200 g/km CO2 aus einem PKW werden keine 95 g/km, weil ein zusätzliches "Null-Emissionen" E-Mobil produziert/zugelassen/gefahren wird. (Von dem dafür in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagen der von jemandem anderen gefahren wird, mal ganz abgesehen)

    Die Konsequenzen für den ÖPNV werden auch nicht bedacht. Warum sollte ein/e E-Mobil-BesitzerIn auf Bus und Bahn umsteigen? Aus den selben Gründen, weshalb wir schon in den 1980er Jahren kein Tempolimit brauchten und Bahnstrecken in der Fläche stilllegten, weil der Kat die Umwelt schützte?

    Die zusätzlichen Produktionsstätten, Infrastrukturen und Fahrzeuge setzen erst einmal zusätzliches CO2 frei. Gleichzeitig verschwinden für sie dauerhaft CO2 Senken (Grünflächen/Wälder). Und das alles in einem Zeitfenster, in dem der CO2 Ausstoß reduziert werden müsste!

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Drabiniok Dieter:

      .



      Krüger und Arzt sind Mainstream und bewegen sich beim Blick in die Zukunft im engen Kegel des Scheinwerferlichtes in das alle starren und sich dabei absichtlich oder unabsichtlich blenden lassen. Sie passen damit hervorragend zu diesem Blatt. So weit so unverwunderlich. Bedauerlich ist, dass es die taz nicht schafft (oder nicht schaffen will) abseitigere und radikalere ökologische Standpunkte und deren Proponenten journalistisch in ihr Spektrum zu inkludieren, bzw. dass entsprechende Artikel auch ihren Platz bekommen täten

  • 9G
    90618 (Profil gelöscht)

    Siehe dazu auch:

    Volkswagen droht mit “größter Offensive der Unternehmensgeschichte”

    KdF- und Kübelwagen waren nur ein Vorgeschmack

    nerdpol.ch/posts/f...36aca052540039b762

  • Sich darüber klar zu sein, was sein soll, hilft noch nicht viel. Man muss auch einen Weg finden, um dort hin zu gelangen.

  • SUVs sind nicht perse "besonders klimaschädlich". Es kommt auf die Größe an (!) und die Motorisierung. Eine Limousine oder ein Van kann durchaus mehr verbrauchen als ein kleiner Einstiegs-SUV.

    Aber ich habe inzwischen die Hoffnung aufgegeben, dass in der Diskussion etwas differenziert wird. SUVs werden alle in einen Topf geworfen, ganz gleich, ob es ein T-Cross oder ein Q8 ist.

    • @gyakusou:

      Wie beschrieben geht es aber um den Vergleich mit einem Modell, "das gleich schnell, gleich komfortabel und gleich sicher wäre".



      Also in T-Cross mit Polo oder Golf und Q8 mit einem A8 o.ä. Hier schneiden die SUVs halt immer schlechter ab.

      • @Horst Horstmann:

        Und genau das spräche doch dafür, Autos mit hohem Verbrauch in den Fokus zu nehmen. T-Cross interessiert da nicht mehr.

    • @gyakusou:

      Eben es kommt auf die Grösse an und SUVs sind nun mal groß und eher übermotorisiert und überdimensioniert um ein Menschlein irgendwohin zu befördern. Daher versauen sie momentan die CO2 Bilanz., kleine und leichte Autos sind keine SUVs da können Sie sich nichts schönschreiben.