Pressefreiheit in Russland: Moskau weist zwei deutsche Journalisten aus
Zwei ARD-Journalisten müssen Russland verlassen. Moskau spricht von „Vergeltung“ für die Ausweisung zweier russischer Journalisten aus Deutschland.
Der ARD-Radiokorrespondent Frank Aischmann und der Techniker des Moskauer ARD-Studios, Sven Feller, müssen Russland verlassen. Das teilte die russische Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa am Mittwochnachmittag mit. Das Außenministerium entzieht den beiden ihre Akkreditierungen, das ist die Grundlage für ein journalistisches Visum im Land, das mittlerweile alle drei Monate neu zu beantragen ist. „Wir sind gezwungen, diese spiegelbildlichen Maßnahmen zu ergreifen. Es ist die Antwort auf das unfreundliche Vorgehen Berlins“, sagte Sacharowa.
Erst am Mittwochmorgen hatte der staatstreue russische TV-Sender Perwyj Kanal (Erster Kanal) von der Ausweisung ihres Korrespondenten und eines Kameramannes berichtet. Deutschland ertrage die Fakten nicht, die der „Weltmehrheit“ bekannt seien, deshalb müssten sie gehen, hieß es. In einem Dokument, das dabei eingeblendet wurde, hieß es, die deutschen Behörden sähen in der Arbeit des Senders eine Bedrohung für die Sicherheit Deutschlands. Der Perwyj Kanal wird dabei als gefährliches Propagandaorgan bezeichnet.
Das Auswärtige Amt wies diese Darstellung zurück. „Die russischen Behauptungen sind falsch“, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. Die Bundesregierung habe keine Büros geschlossen, russische Journalisten könnten in Deutschland frei und ungehindert berichten.
Bedingungen für Korrespondenten immer schlechter
Frank Aischmann ist langjähriger Hörfunkkorrespondent vom MDR und berichtet seit diesem Jahr aus Moskau. Er war bereits in den 1990er Jahren Russland-Korrespondent gewesen. Durch die plötzliche Ausweisung bleibt mit Ina Ruck, die seit 2018 bereits zum vierten Mal aus Moskau berichtet, lediglich eine ARD-Korrespondentin vor Ort. In früheren Zeiten waren teils bis zu sieben ARD-Korrespondent*innen im Studio Moskau.
Seit der Invasion russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022 ist die Lage ausländischer Korrespondent*innen immer schlechter geworden. Russlands Behörden behindern ihre Arbeit, indem sie sie bei ihren Recherchen verfolgen und immer wieder den Druck über die Vergabe der Akkreditierung erhöhen.
Russlands Zensurgesetze erschweren die Arbeit zusätzlich. Jede Kritik an Russlands Krieg gegen die Ukraine kann demnach ein Verfahren wegen der sogenannten „Diskreditierung der russischen Armee“ nach sich ziehen. Themen wie die Rüstungsindustrie, tote Soldaten und letztlich jegliche Kriegsberichterstattung sind damit fast unmöglich geworden.
Die Menschen im Land sind eingeschüchtert, kaum eine*r traut sich noch, mit westlichen Journalist*innen zu sprechen. Russland bezeichnet diese als Berichterstatter*innen aus „unfreundlichen Ländern“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“