Preiserhöhung bei der Bahn: Familienfeindlich und unsozial
Ziel der Deutschen Bahn sollte sein, Mobilität für alle zu schaffen. Die Preiserhöhung bei der Sitzplatzreservierung geht in die falsche Richtung.
D ie Deutsche Bahn bleibt sich treu. Auch zum Sommerfahrplanwechsel am 15. Juni macht das bundeseigene Unternehmen Zugfahren wieder ein kleines bisschen unattraktiver. Diesmal trifft es die Familien, die in Zukunft deutlich mehr Geld für Reservierungen im Fernverkehr zahlen sollen. Der Schritt zeigt: Die Manager:innen scheinen kaum Bewusstsein für die soziale Verantwortung ihres Unternehmens zu haben. Denn es sind günstige Züge, die auch einkommensschwachen Familien Mobilität und Teilhabe ermöglichen.
Statt 5,20 Euro pro Person zu bezahlen, konnten Familien bislang auf ein Pauschalangebot zurückgreifen. 10,40 Euro kostete die Sitzplatzreservierung für fünf Personen gleichzeitig. Dieses Angebot soll nun ersatzlos gestrichen werden. Ohne Unterschied gilt ab Sonntag der Reservierungspreis von 5,50 Euro pro Person. Für eine vierköpfige Familie verdoppelt sich damit der Reservierungsaufschlag auf 22 Euro für jede Fahrt.
Die Änderung ist besonders gemein, da Familien – im Gegensatz zu Alleinreisenden – kaum ohne eine Reservierung auskommen. Gerade auf stark befahrenen Strecken ist es kaum möglich, mehr als einen freien Sitz zu ergattern. Für Eltern, die es sich leisten können, dürfte der Schritt ein weiterer Grund sein, um bei längeren Fahrten aufs Auto umzusteigen.
Doch einkommensschwache Familien ohne eigenes Auto haben diese Möglichkeit nicht. Gerade alleinerziehende Elternteile müssen sich in Zukunft einmal mehr überlegen, ob sie sich die erst im Dezember erhöhten Ticketpreise überhaupt leisten wollen. Sie profitieren bislang von der Regelung, dass Kinder unter 14 Jahren kostenfrei mitreisen dürfen. Durch den Reservierungszuschlag erhöht sich der Endpreis aber deutlich.

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.
Damit agiert die Bahn nicht nur familienfeindlich, sondern auch unsozial. Zentrales Ziel des Unternehmens sollte sein, Mobilität gerade für jene zu ermöglichen, die sich kein Auto leisten können. Anstelle von diskriminierenden Preiserhöhungen wären vielmehr kostenfreie Sitzplatzreservierungen für Familien angebracht gewesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Familienreservierungen bei der Bahn
Völlig überzogene Kritik
Israelische Angriffe auf den Iran
Bomben stürzen keine Diktatur
Veteranentag in Berlin
Danke für Euren Einsatz, Antifa Werkstatt
Eskalation in Nahost
Israel muss Irans Volk schonen
Strafbarkeit von Holocaustvergleichen
Wir brauchen keine Metaphernpolizei
Debatte um Wehrpflicht
Wehret der Pflicht