Poller und Kiezblocks: Irrsinn oder Kampagne?

Angeblich behindern Poller zur Verkehrsberuhigung Rettungskräfte. Im Fall des Kiezblocks Neukölln scheint an dem Vorwurf wenig dran zu sein.

Poller, die quer über eine Straße errichtet wurden

Hier geht's nicht mehr für alle durch: Poller, aber im Neuköllner Reuterkiez Foto: IMAGO / Jürgen Held

Berlin taz | Vor wenigen Wochen wurde im Neuköllner Ortsteil Rixdorf ein Kiezblock umgesetzt. Im Grunde handelt sich dabei nur um ein paar minimalinvasive Eingriffe ins Verkehrsgeschehen: Einige wenige Pollerreihen und Einbahnstraßenschilder verhindern nun, dass täglich Tausende Pkw im Durchgangsverkehr durch den Wohnkiez rollen. Die BVV hatte das schon 2021 beschlossen.

Viele AnwohnerInnen freuten sich über das Ende des Wartens – andere haben offenbar ein Problem damit: Nachdem Springers B.Z. in einem Artikel „Poller-Irrsinn“ und „Lebensgefahr durch Kiezblocks“ anklagte, befasste sich am Montag sogar der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses auf Antrag der AfD-Fraktion mit der Frage, ob verkehrsberuhigende Maßnahmen das Durchkommen von Polizei und Feuerwehr behindern und Menschenleben gefährden.

Ohne sich konkret auf einen Bezirk zu beziehen, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) dort, es „gehe nicht“, dass Beschlüsse einer BVV oder Entscheidungen eines Bezirksamts „unter Umständen das Leben von Menschen gefährden“. Einsatzkräfte müssten im Ernstfall schnell Gefahren bekämpfen und „unterschiedliche Rechtsgüter, von Sachwerten bis Leben, schützen“. Das werde durch Poller oft infrage gestellt, vor allem weil nicht alle Bezirke die Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden suchten. „Das Agieren einiger Bezirke ist nicht richtig, und das muss rückgängig gemacht werden“, erklärte Spranger.

Sekundiert wurde sie von Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Landesbranddirektor Karsten Homrighausen, der zu Protokoll gab, dass das Aufschließen und Umlegen von Pollern die Feuerwehr Zeit koste und die internen Leitsysteme zur Identifizierung der schnellsten Einsatzwege „aufwendig umprogrammiert“ werden müssten. Seine Behörde „werbe“ aus diesem Grund dafür, frühzeitig an solchen Planungen beteiligt zu werden.

„Aus der Luft gegriffen“

Genau diese Einbindung hat in Neukölln aber stattgefunden, wie Verkehrsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) der taz bestätigt. Auch die Rixdorfer Kiezblock-AktivistInnen, von denen die Idee zur Verkehrsberuhigung ursprünglich stammte, sagen, dass die Feuerwehr ihres Wissens mindestens an drei Terminen zu Rate gezogen wurde. Was im Übrigen neben anderen Abstimmungen, etwa mit dem Gewerbe vor Ort, den gesamten Prozess in die Länge zog. „Auf uns wirken die Vorwürfe aus der Luft gegriffen“, sagt Peter Gailhofer von der Initiative. „Es wirkt alles sehr wie eine Kampagne.“

Tatsächlich hatte die B.Z. einen Feuerwehrmann als Kronzeugen aufgefahren, der beklagte, er und seine KollegInnen seien im Voraus nicht informiert worden und hätten auch nicht alle Pollerschlüssel bekommen. Bei einem „Ortstermin“, der offenbar nicht im Zusammenhang mit einem Einsatz stattfand, will die Zeitung beobachtet haben, wie ein Löschfahrzeug auf dem Richardplatz Minuten brauchte, „um mit Ach und Krach durch die Notöffnung zu kommen“.

Die Initiative konfrontierte daraufhin die Feuerwehr mit den Vorwürfen, bekam aber bislang keine Antwort darauf. Auf der anderen Seite hat die Verkehrsbelastung laut Gailhofer nach einigen chaotischen Tagen deutlich abgenommen. „Sobald die Navigationsdienste die Information über die Sperren übernommen hatten, wurde es schlagartig besser.“

Er findet, die Innensenatorin solle sich besser darum kümmern, dass Autos nicht rechtswidrig unterwegs seien. Ähnliches hatte im Innenausschuss auch Feuerwehrchef Homrighausen gesagt, allerdings in Richtung der Bezirke: Ein großes Problem für seine Einsatzkräfte sei irreguläres Parken: „Da würden wir uns freuen, wenn es mehr Kontrollen gäbe.“

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