Polizeikosten für Hochrisikospiele: Land Bremen darf den Fußball zur Kasse bitten
Das Bundesverfassungsgericht billigte den Bremer Vorstoß bei Polizeikosten für Hochrisikospiele. Nun könnten andere Bundesländer folgen.
Doch die klagte gegen den Bescheid. Sie hielt das Gesetz für verfassungswidrig. Öffentliche Sicherheit müsse durch Steuergelder finanziert werden, nicht durch Gebühren. Die DFL sei auch nicht für Fan-Ausschreitungen verantwortlich, vielmehr seien die Vereine selbst die Leidtragenden. Außerhalb des Stadions sei eindeutig die Polizei zuständig und nicht der Verein.
Die DFL klagte gegen den ersten Gebührenbescheid, den sie 2015 erhielt. Sie erlitt in den oberen Instanzen aber nur Niederlagen, zuletzt 2021 beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Nun verlor sie in vollem Umfang auch beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Gerichtspräsident Stephan Harbarth stellte fest, dass das Bremer Gebühren- und Beitragsgesetz nicht gegen das Grundgesetz verstößt.
Zwar stelle die Gebührenpflicht für Hochrisikospiele einen Eingriff „von einigem Gewicht“ in die Berufsausübungsfreiheit der DFL dar. Die Gebührenpflicht verfolge jedoch das legitime Ziel, den Staatshaushalt zu schonen, indem die Kosten von besonders aufwändigen Polizeieinsätzen auf diejenigen abgewälzt werden, die auch den Gewinn aus der Veranstaltung ziehen.
Gebühr gerechtfertigt
Es gebe im Grundgesetz schon keinen Grundsatz, dass der Staat seine Kernaufgaben stets kostenfrei erledigen müsse, so Harbarth. So werde zum Beispiel die Justiz durch Gerichtsgebühren mitfinanziert. Für die Polizei könne nichts anderes gelten.
Entscheidend sei, dass die Gebühr durch eine individuell zurechenbare Leistung der Polizei gerechtfertigt werde, so die Richter:innen. Dies sei bei den Hochrisikospielen eindeutig der Fall. Die Polizei sorge dafür, dass die Leute „unversehrt“ zum Stadion kommen und wieder zurück. „Durch die Polizeikräfte wird die Großveranstaltung in Gänze ermöglicht und das Risiko reduziert, dass ihre Durchführung in chaotische Zustände verfällt“, erläuterte der federführende Richter Heinrich Amadeus Wolff.
Unzulässig, wenn „erdrosselnd“ wirken
Wolff wies auch das zentrale Argument der DFL zurück, dass die Polizei nur von „Störern“ Gebühren verlangen dürfe. Auch wer sich rechtmäßig verhält und dadurch Polizeieinsätze „auslöst“, könne grundsätzlich an den Kosten beteiligt werden, so Richter Wolff. Es komme auch nicht darauf an, ob die DFL die Polizeieinsätze beantragt oder bestellt hat. Unzulässig wären solche Gebühren nur, wenn sie abschreckend oder gar „erdrosselnd“ wirken würden, so Wolff. Davon könne bei den Bremer Polizeigebühren aber nicht die Rede sein. Es gebe keine Anzeichen, dass die Durchführung der Bundesliga oder von Hochrisikospielen „nicht mehr möglich wäre oder auch nur verändert werden müsste“.
Ulrich Mäurer, der immer noch Bremer Innensenator ist, rechnet damit, dass nun andere Länder dem Bremer Beispiel folgen. In Hamburg und Rheinland-Pfalz gab es schon vor dem Urteil entsprechende Absichtserklärungen. Große Länder wie Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen waren bisher jedoch dagegen.
Mäurer schlägt vor, dass die Länder einen Polizeikostenfonds einrichten, in den alle Vereine einzahlen, und daraus dann die Polizeikosten der konkret betroffenen Vereine bezahlt werden; so will er Wettbewerbsverzerrungen vermeiden. Die DFL wollte nach dem Urteil „noch nicht über Folgen spekulieren.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin