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Polizeikessel bei 1.Mai-DemoStuttgart spielt Kreuzberg

Bei der revolutionären 1. Mai-Demo in Stuttgart kam es zu Ausschreitungen. Jetzt machen Polizei und Demonstranten einander Vorwürfe.

Krawall in Stuttgart: Linke De­mons­tran­t*in­nen treffen auf die Polizei Foto: Christoph Schmidt/dpa

Stuttgart taz | Während der 1. Mai in diesem Jahr in Berlin und anderen Städten weitgehend friedlich verlaufen ist, kam es in Stuttgart am Mittwochmittag zu Ausschreitungen, bei denen 167 Personen zeitweise festgenommen wurden. Nach Polizeiangaben wurden bei der revolutionären 1. Mai-Demo insgesamt 25 Einsatzkräfte und drei Polizeipferde verletzt. „Erst ein kurzfristiger Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz sowie der Einsatz von Polizeipferden und Polizeihunden ermöglichte, die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen“, hieß es weiter.

Die Einsatzkräfte hätten die gewaltvolle Personengruppe schließlich umschlossen. Die anderen rund 400 Versammlungsteilnehmer hätten sich dann solidarisiert und die Polizeikräfte bedrängt. „Da sich die Versammlungsleitung und die Teilnehmer völlig unkooperativ zeigten, wurde die Versammlung durch die Versammlungsbehörde aufgelöst.“

Wie viele Demonstrationsteilnehmer verletzt wurden, sei noch nicht bekannt. Nach Berichten der Stuttgarter Zeitung wurden auch drei Demonstranten festgenommen, die sich durch verklebte Fingerkuppen erkennungsdienstlicher Maßnahmen entziehen wollten.

Die Veranstalter widersprechen der Darstellung der Polizei. Kim Northeim, Sprecherin des Bündnisses zur „Revolutionären 1. Mai-Demonstration“, erklärte am späten Mittwochabend in einer Mitteilung: „Die Behauptungen der Polizei entbehren jeglicher Grundlage und dienen einzig dem Zweck, im Nachhinein eine Rechtfertigung für den gewaltsamen Angriff auf die Demonstration zu konstruieren.“ Auf der Webseite der Revolutionären Aktion Stuttgart wird die Demonstration als Erfolg gefeiert.

Schwäbische Tradition der Gewalt

In den letzten Jahren hat sich ausgerechnet die Schwabenmetropole immer wieder mit Krawallen in die Schlagzeilen gebracht. Im Sommer 2020 hatte es schwere Ausschreitungen und Plünderungen durch Jugendliche in der Stuttgarter Innenstadt gegeben, bei denen mehrere Beamte verletzt wurden. Die Vorfälle waren danach vom Innenministerium detailliert analysiert worden.

Auch in der Antifa-Szene Stuttgarts gibt es eine hohe Gewaltbereitschaft, wie der Prozess gegen zwei Mitglieder der Szene 2021 gezeigt hat. Die beiden jungen Männer wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie am Rande einer Querdenker-Demonstration zwei Mitglieder einer rechtsextremen Pseudogewerkschaft aus einer Gruppe heraus angegriffen und schwer verletzt hatten.

Der Stuttgarter Kessel am Mittwoch kam schließlich zu einem einigermaßen friedlichen Ende. Eine Spontankundgebung gegen den Polizeieinsatz konnte auf der Königstraße stattfinden und verlief weitgehend gewaltfrei.

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3 Kommentare

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  • Mit Einkesseln kennt man sich auch in Stuttgart aus, zum Glück ohne den Mappus-Wasserwerfer nun.

    Gleichzeitig sollte man Gewaltausübung auf die seltenen Fälle des Widerstands nach dem Grundgesetz ansparen.

    Stuttgart ist viel schöner als ... ähh, wirklich, ...

  • Wir sind ja in einem Rechtsstaat und da werden diese Vorkommnisse ganz sicher durch eine unabhängige Ermittlungsbehörde untersucht werden.

    Unabhängig, neutral und objektiv.



    Wie es sich für einen Rechtsstaat gehört.

  • "Revolutionäre Aktion Stuttgart"

    Das kannst Du Dir aus Draht nicht nachbiegen.