Politik auf dem Schulhof: Schuleltern wehren sich gegen AfD

Nach einer Schulhof-Demo von Hamburger Grund­schü­le­r:in­nen gegen die AfD startete die Partei eine Kampagne. Nun wehrt sich der Elternrat.

Protestierende auf einer Demo halten Plakate gegen die AfD in die Höhe

Vielleicht das Vorbild für die Hamburger Grundschulkinder: Protestierende gegen die AfD Foto: Axel Heimken/dpa

HAMBURG taz | Auf dem Gelände der Grundschule Thadenstraße in Hamburg spielten Schulkinder eine Demonstration nach, die sich gegen die AfD richtete. In ihrem Spiel verarbeiteten sie die Wirklichkeit, denn in Hamburg, insbesondere auf St. Pauli, sind Proteste gegen Rechtsextreme keine Seltenheit. So skandierten etwa 40 Grundschüler „Ganz Hamburg hasst die AfD“ und illustrierten ihre Botschaft mit selbstgemalten Plakaten.

Daraufhin begann die AfD eine Kampagne gegen die „Schulhof-Demonstration“, die von ihr nahestehenden Medien unterstützt wurde. Die Schulhofdemo der Dritt- und Viert­kläss­le­r:in­nen am 17. April hatte ein Anwohner aus einer Privatwohnung heraus gefilmt. Am 3. Mai verbreitete die AfD das Video auf X (ehemals Twitter). In einem Folgepost am 7. Mai bezeichnete die AfD-Fraktion die Demonstration unter Nennung der Schule als „linksgrüne Indoktrination“ und illustrierte dies mit einem Bild aggressiv brüllender Kinder.

Dirk Nockemann und Alexander Wolf, Vorsitzende der AfD-Bürgerschaftsfraktion, nutzten diese Aufnahme, um ihre Kampagne fortzuführen. Wolf setzte mit einer schriftlichen Kleinen Anfrage nach und erklärte: „Hass auf die AfD statt Fußball – so geht es auf dem Schulhof einer Grundschule in Hamburg 2024 zu.“ Er behauptete, dass „8- und 9-jährige Kinder manipuliert und zu Hass gegen eine politische Partei aufgehetzt“ würden und dies die „Auswüchse einer wochenlangen Hetz- und Lügenkampagne gegen die AfD“ sei, die von „Correctiv“ losgetreten und von den Medien sowie der etablierten Politik übernommen worden sei.

Der Elternrat hält dagegen

Nun hat sich der Elternrat dagegen positioniert. Ausdrücklich wollte er das Geschehen nicht als „unernste Angelegenheit“ abtun. In einer Erklärung betonte er, dass viele Kinder an der Schule in St. Pauli von den „Remigrationsplänen“ der AfD betroffen seien und dies auch wüssten. Außerdem trat er der Behauptung von Alexander Wolf entgegen, dass „Grundschüler zu linken Aktivisten mutieren“ und ein „bedenkliches Demokratiedefizit“ vorhanden sei.

Die El­tern­ver­tre­te­r:in­nen werfen der AfD vor, die Aktion der Kinder populistisch zu instrumentalisieren. In Zeiten aufgeheizter Debatten müssten auch Grundschulkinder einen Umgang mit der Realität finden. Eine spielerische Verarbeitung von gesellschaftlichen Konflikten sei nicht nur normal, sondern wünschenswert“, schreibt der Rat. Es sei ein „bekanntes Vorgehen der AfD“, „mit Verweis auf die vorgebliche ‚Neutralitätspflicht‘ von Kultur- und Bildungsinstitutionen Äußerungen unterbinden zu wollen. „Wir Eltern erleben das hier beschriebene Vorgehen als Instrumentalisierung von Kindern zu politischen Zwecken und lehnen dies strikt ab.“

Ein Vater äußert sich gegenüber der taz ähnlich: „Ekelhaft, wie eine rechtsextreme Partei wie die AfD unsere Kinder an der Schule für ihre Zwecke instrumentalisiert und ihnen abspricht, eine eigene Meinung zu haben.“ Die Demonstration der Kinder sei „gelebte Demokratie“. Kein Lehrer habe sie anleiten müssen, die Kinder hätten selbst gemerkt, „was für einen rassistischen Müll die AfD verbreitet“. Sein Sohn habe aus eigenem Interesse an der Demo teilgenommen, weil die AfD seine besten Freunde „remigrieren“ wolle.

In den letzten Wochen hatten rechten Medien das Thema aufgegriffen. Am 3. Mai berichtete die neu-rechte Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) über die Sorge der AfD, dass die „Neutralität“ nicht eingehalten werde, unter dem Titel: „AfD-Hass auf dem Schulhof“. Die rechtsextreme Compact titelte am 7. Mai fast wortgleich: „AfD-Hass auf dem Pausenhof“.

Diese Medien hätten sich nicht daran gestört, dass „kleine Kinder von Fremden gefilmt wurden“, merkte ein weiterer Schulvater an. Gleichzeitig echauffiere sich die JF über die Berichte zu den rassistischen Gesängen in einem Nobelclub auf Sylt und bezeichne diese als „Hetzjagd“. Dass die betroffenen jungen Erwachsenen selbst das Video gedreht und gepostet hätten, werde dabei ignoriert, ebenso die Tatsache, dass die Kinder in einem schulischen Kontext ohne Erlaubnis gefilmt wurden. „Die Schule wird so an den Pranger gestellt“, erklärte der Vater.

Der Elternrat fordert nun Maßnahmen gegen das „Abfilmen unserer Kinder“ und die Verbreitung solcher Videos: „AfD, lasst unsere Kinder in Ruhe!“ – so endet die Erklärung.

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