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Plagiatsvorwurf gegen KanzlerkandidatinParteikollege verteidigt Baerbock

Bundesgeschäftsführer Kellner spricht von „bewussten Falschbehauptungen“ gegen die Kanzlerkandidatin. Baerbock hat erstmals Stellung bezogen.

Michael Kellner (M.), Annalena Baerbock und Robert Habeck auf dem digitalen Parteitag Foto: Stefan Boness

Berlin afp/dpa/epd | Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner hat den Umgang seiner Partei mit den Plagiatsvorwürfen gegen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock verteidigt. Hier würden „Kleinigkeiten aufgebauscht“, auch um von den wichtigen Fragen wie dem Klimawandel abzulenken, sagte Kellner am Freitag im ZDF-“Morgenmagazin“.

„Es ging uns jetzt darum, als der Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung im Raum steht, dass wir da einmal ein Stoppschild setzen, dass wir einmal sagen: Das lassen wir uns nicht gefallen“, so Keller. Es sei seit Monaten zu beobachten, wie „bewusst Falschbehauptungen“ in die Welt gesetzt würden. Zum Umgang seiner Partei mit der Angelegenheit sagte er zugleich „Manöverkritik machen wir intern“.

Baerbock hatte sich selbst am Donnerstagabend bei „Brigitte live“ gegen die Vorwürfe verteidigt, sie habe in ihrem neuen Buch: „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ wörtlich abgeschrieben. „Ich habe ein Buch geschrieben, in dem ich deutlich machen wollte, wer ich bin, was mich antreibt und was ich verändern möchte“, sagte sie.

Sie habe „viele Gespräche geführt und auch Ideen von anderen sind mit eingeflossen“, so Baerbock weiter. Sie habe deutlich gemacht, dass sie die öffentlichen Quellen nehme, die es gebe. Aber sie habe kein Sachbuch, keine wissenschaftliche Arbeit geschrieben. Deswegen gebe es auch keine Fußnoten.

Anwalt eingeschaltet

Der Medienwissenschaftler Stefan Weber hatte Baerbock mehrere wörtliche Übernahmen in ihrem neuen Buch vorgeworfen. Weber sprach dabei von Urheberrechtsverletzungen. Die Partei hatte daraufhin von versuchtem Rufmord gesprochen und einen Anwalt eingeschaltet. Bei den beschriebenen Passagen handele es sich um zugängliche Fakten oder bekannte grüne Positionen, erklärten die Grünen.

Nach Baerbocks Nominierung als Kanzlerkandidatin Mitte April erlebten die Grünen zunächst einen Höhenflug. Sie überholten mit Umfragewerten von bis zu 28 Prozent zeitweise sogar die CDU/CSU. Mit der Debatte um ungenaue Angaben in Baerbocks Lebenslauf und verspätet an den Bundestag gemeldete Sonderzahlungen sanken die Werte auf derzeit rund 20 Prozent.

Zum Thema Gleichberechtigung sagte Baerbock, als 18-Jährige habe sie gedacht, dies sei etwas, das Frauen früherer Generationen erstritten hätten. In der Coronazeit habe sich aber gezeigt, dass es vor allem die Frauen gewesen seien, die sich um die Beschulung der Kinder zu Hause gekümmert hätten. Die Frage, ob sie Kanzlerkandidatin sein wolle, habe sie mit ihrem Mann besprochen, da klar gewesen sei, dass diese Entscheidung große Auswirkungen auf die Familie haben würde. Er habe entschieden, erst einmal komplett zu Hause zu bleiben.

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28 Kommentare

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  • Was die Grünen hier aufführen, ist nicht besser, als das Unterdrücken/Diskreditieren/Verfolgen von Kritik in totalitären Systemen.

    • @Tom_Muc:

      Achja? Schon jemand weggesperrt, gefoltert oder verschwunden worden?



      Müssen irgendwelche Bild/Welt/FAZ/etc. Journalisten jetzt Angst um Freiheit oder Leben haben? So wie Politkowskaja, Galizia, Kashoggi, Yücel, Safronov, etc..?

  • RS
    Ria Sauter

    Jetzt wird es srhr peinlich für die Grünen.



    Es waren nun mal keine Fakenews die verbreitet wurden. Das scheint völlig egal zu sein ebenso wie die Kobolde und die Speicherung im Netz.



    Von zu spät gemeldeten Einnahmen ganz zu schweigen.



    Glaubt irgensjemand so Vertrauen zu erlangen?

    • @Ria Sauter:

      Klar, wenn jemand im Rampenlicht sich mal verspricht, wird er auf ewig gegeißelt. Was für ein Volk von Fehlersuchern sind wir? Vllt sollten wir vor der nächsten Wahl mal jeden der ein Mandant hat oder kriegen soll so auf den Seziertisch legen...wäre spannend zu sehen, wer dann noch als "regierungsfähig" und dem 'Volke angemessen übrig bleibt

  • Der Wahlkampf wird schmutzig...



    Der Wahlkampf wird spannend...



    Es wird nur einen Sieger geben...



    Afdr den will niemand...

  • Annalena B. als gegenwärtig tiefster Punkt der Parteigeschichte gönne ich den Grünen so richtig! Das ist schon lange nicht mehr die Partei, die ich seit Erreichen des Wahlalters Anfang der 80er bis zur Schröder-Fischer-Regierung gewählt habe. Inzwischen sind die längst zu einer Partei wie alle anderen auch geworden,was die Rede von Bundesgeschäftsführer Kellner deutlich zeigt.Dabei stellen sie sich gerade dilettantischer und unsouveräner an,als die Politshow-Profis der Konkurrenz. Was beim Publikum nicht besonders gut an kommt,außer bei den Hardcore -Fans. Ich hoffe inständig das sie dadurch endgültig die Kanzlerschaft verkackt haben!Auch wenn es eigentlich aus ganz anderen Gründen gerechtfertigt ist: Die Degeneration einer einstmals linksalternativen Partei,die sich erst am Sozialabbau (HartzIV) beteiligt hat und nun sogar auf Bundesebene mit ausgerechnet der CDU koalieren möchte. "Früher" wäre das so undenkbar gewesen wie heute eine Koalition mit der AfD!

    • RS
      Ria Sauter
      @Mustardmaster:

      Genau auf den Punkt gebracht!



      Habe in den Anfängen Plakate geklebt, Infostände gemacht.Damals hatten wir auf eine andere Politik gehofft. Nach dem Sozialabbau unter rot/grün habe ich mich mit Grasen abgewandt.



      Was sie jetzt so von sich geben und mit dieser Frau verursacht heftigsten Widerwillen.

  • Was steht denn in dem Buch sonst noch drin?

    Ich hätte eine Streitschrift zu einem demokratischen grünen Umbau erwartet, um dem Klimawandel und der Dürre zu begegnen.

  • Die Mehrheit der Frauen (62 Prozent) und Männer (60 Prozent) hätten lieber Robert Habeck als Kanzlerkandidat:

    www.focus.de/polit...t_id_13287063.html

    Die Zeit wird knapp...

  • Vielleicht ist es nicht so unvorteilhaft für den Wahlausgang, wenn sich das Lager Laschet/ Scholz mit Appendix Lindner & Co in der Gewissheit der eigenen Vortrefflichkeit wiegt und daher den Raum für den Wechsel eröffnet. Man kann gegenüber Bedenkenträgern und wankelmütigen Wählern gut argumentieren: Da "sowieso DER Sieger feststeht" sind Stimmen gegen zu große Mehrheiten demokratisch sinnvoll zu platzieren. Bunte Vielfalt ist Trumpf. Und über Inhalte wie Tempolimit, Steuerpläne oder Drohnen kann man endlich auch diskutieren, wenn das Negative Campaigning abebbt. Bilanz zur Prokrastination bei Infrastruktur und Familienpolitik sowie Rentensicherung inbegriffen. Grün-Rot-Rot ist vielleicht utopisch - aber nicht dystopisch - in vielen Augen und Herzen.

    • @Martin Rees:

      wem wollen Sie denn da sand in die Augen streuen , haha :-)

      besonders nett ist der Versuch:



      "in der Gewissheit der eigenen Vortrefflichkeit wiegt."



      Danke, musst schmunzeln.

  • „Es ging uns jetzt darum, als der Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung im Raum steht, dass wir da einmal ein Stoppschild setzen, dass wir einmal sagen: Das lassen wir uns nicht gefallen“, so Keller. Es sei seit Monaten zu beobachten, wie „bewusst Falschbehauptungen“ in die Welt gesetzt würden. Zum Umgang seiner Partei mit der Angelegenheit sagte er zugleich „Manöverkritik machen wir intern“.

    Haben die Grünen nicht verstanden, dass die "Marke Baerbock" ziemlich grundlegend beschädigt ist? Statt sich über Legalitäten auszulassen (Urheberrecht) sollte sich die Partei vielmehr Gedanken darüber machen, wie sie ihre Kanzlerkandidaten von dem Geruch befreien könnte, sie sei nur eine schlampig arbeitende Copycat und Selbstdarstellerin ohne eigene Fähigkeiten. Denn ganz egal was man von ihr und den Geschehnissen halten mag, dieser Geruch ist jetzt da. Und _da_ liegt das Problem, das den Grünen Stimmen und nach jetzigem Stand ganz sicher die Kanzlerschaft kosten wird.

    Manöverkritik, ich lach mich tot...

  • Das Thema wird Frau Baerbock nicht schaden. Sie ist kompetent, eloquent und politisch geschickt. Deshalb sollte man den kleinen Knick in den Umfragewerten nicht überbewerten. Wen hat die Konkurrenz schon zu bieten, der oder die ihr das Wasser reichen könnte?

    • RS
      Ria Sauter
      @wollewatz:

      Keinem von denen, die zur Auswahl stehen ,möchte ich das Wasser reichen.

    • @wollewatz:

      Dieser Weg wird kein einfacher sein, denn das Schwierige am Neuen ist ja, dass man nicht genau weiß, was kommt, aber sehr genau weiß, was man hat.

  • Wann ist ein Wahlkampf von dem gewonnen worden, der sich mehr über die Methoden der Gegner echauffiert hat? Dieses Selbstmitleid ist ekelerregend.

    • @Fabian Wetzel:

      ja, genau so ist es ekelerregend, moralinsauer aus Tätern Opfer zu machen.



      das ist perfide, was die Grünen da in großem Stil anzetteln und "erzählen" wollen.

  • Also ich habe mein Vertrauen in Frau Baerbock komplett verloren -- und vertraue viel lieber einem Kandidaten, der verspricht, die Bekämpfung des Klimawandels sozial abzufedern, während er eine Privatbank durch Hinterzimmerkungeleien vor der Rückzahlung von durch Betrügereien erschlichenen Steuern bewahrt. Oder einem Kandidaten, der vorgibt, verstanden zu haben, dass wir jetzt etwas gegen den Klimawandel machen müssen, und gleichzeitig in seinem Bundesland den Kohlekonzernen den Weg für einen weiteren Braunkohleabbau freiräumen lässt. Und dazu noch einer Partei vorsteht, die jahrzehntelang mit der Autoindustrie Petting betrieben hat.



    Aber was ist das schon gegen ein bisschen Lebenslaufpimpen und ein paar Zeilen abschreiben. Pipifax!

    • @Libuzzi:

      Kritisch und juristisch heikel wird es bei Falschangaben und handfesten Lügen, die ein wichtiges Einstellungskriterium waren:

      Fachliche Muss-Qualifikationen



      Bildungsabschlüsse (Ausbildung, Bachelor, Master, Doktor)



      Arbeitszeugnisse (und Noten)



      Bisherige Arbeitgeber



      Tätigkeitsschwerpunkte (und messbare Erfolge)

      In diesen Fällen begehen Bewerber keine Schönfärberei, sondern Hochstapelei. Wurden dafür offizielle Dokumente bearbeitet und gefälscht, begehen sie auch noch Urkundenfälschung. Die hat nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch zivilrechtliche Konsequenzen: Urkundenfälschung kann mit bis zu fünf Jahren Haft oder einer saftigen Geldstrafe geahndet werden. Allein der Versuch ist eine Straftat.



      (Quelle:karrierebibel.de)

    • @Libuzzi:

      Für überzeugte Grünen Wähler:innen ist das ziemlich irrelevant. Der Punkt ist: die unentschlossenen Wähler wenden sich ab und es stellt sich die Frage ob mit Baerbock dort die richtige Kandidatin steht.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Manöverkritik machen wir intern“.



    Leute, ihr befindet Euch in einem Wahlkampf. Es ist kein Manöver mehr. Es wird scharf geschossen. Aber lassen wir das. Fußballmetaphern gefallen mir eh besser. Die Nr. „9" rennt ständig ins Abseits oder fabriziert Eigentore. Kein:e zuständige:r Trainer:in wechselt aus, aber Spielführer Kellner legt sich mit Schiedsrichter:innen an. So wird aus Nibelungentreue bald Nie gelungen Reue.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Aber große Turniere, wo es der Nächste besser machen kann sind nicht alle 2 Jahre wie bei der Nationalmannschaft, sondern nur alle 4 Jahre. Aber die Fußballanalogie gefällt mir gut, einige Länder haben zu einem gewissen Zeitpunkt eine "goldene" Generation, also viele gute Spieler die vom Jahrgang nahe bei einander sind und mit denen man hofft, einen Titel zu gewinnen, dieses Zeitfenster ist zeitlich begrenzt und wenn man dann nichts holt, ist die Enttäuschung riesig, wie jetzt bei den Belgiern.

      Ein ähnliches Fenster haben die Grünen jetzt und die 90 Minuten sind noch nicht rum!

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Keine Panik auf der Titanic..." - Hoffentlich gibt es genug Rettungsboote.



    www.youtube.com/watch?v=s1M30Zk93Yc

    • @95820 (Profil gelöscht):

      & …die sind hoffentlich wieder von Lacoste - “es war schon immer etwas teurer - einen besonderen Geschmack zu haben“ - 🐊🐊🐊🐊🐊🐊🐊🐊🐊🐊



      Immergriiensen - tun bekanntlich nur Scheusale! Gellewelle&Wollnichwoll •

      Na Mahlzeit - 🙀😱 -

  • 2G
    29834 (Profil gelöscht)

    Es sind immer 'Erzählungen', die die Parteien und aktuell gerade insbesondere die Grünen in die Welt setzen. Nie ist es eine spontan ausgesprochene Meinung.



    Peinlich im aktuellen Fall ist vielleicht, dass man fürs Zusammenzimmern dieser Erzählung fast eine Woche gebraucht hat ...



    Der Nachsatz zur Emanzipation ist auch so eine lange vorbereitete und inhaltlich fein austarierte 'Erzählung'. Ihr Ehemann macht also auf Hausmann, wenn sie Kanzlerin wird. Dabei war es schlicht ein KO-Kriterium, als Kanzlerin / -nenkandidatin einen waschechten Lobbyisten als Ehemann zu haben. Die Grünen-Werbestrategen werden sich stundenlang auf die Schenkel geklopft haben ob ihres Geniestreiches, aus dem Malus eine Erzählung zu entwickeln, die ein echter Bonus sein / werden soll - Familie Baerbocks gelebte Emanzipation!



    Leider alles doch sehr durchschaubar und lächerlich und genau das, was viele WählerInnen zum Abwenden von den Grünen, deren Inhalte sie größtenteils vielleicht sogar teilen, veranlasst. Es ist traurig anzusehen, wie eine einstmals linke Partei heute den Kapitalismus besser stabilisiert als alle anderen.

    [Natürlich hindert der Beruf ihres Ehemanns Baerbock nicht daran, die dubiosen Geschäfte von CSU-Politikern über deren Verwandtschaft zu geißeln.]

  • "Parteigenosse"? "Brigitte live", OK, aber "Parteigenosse"?

  • Die Grünen hatten eine historische Chance, alles was ihnen im Weg stand war Frau Baerbock. Diese hatte lediglich am Parteitag den Weg für Habeck frei machen müssen und zwar freiwillig.

    • @insLot:

      Sie wissen,dass Frau Baerbock eine große Mehrheit hinter sich wusste, die ohne Rücksicht auf fachliche Kriterien, wie die Hyänen über Habeck hergefallen wären, wenn er es auf einen machtkampf hätte ankommen lassen.



      Der Parteitag-Mob hat für Baerbock gegrölt , genau so, wie die Journaille , und Habeck hat sich brav von einer Hochstaplerin, einer als Führungsperson ungeeigneten Möchtegern-Kanzlerin,.und einer undifferenzierten Mehrheit in die zweite Reihe drängen lassen.



      DAS passiert, wenn es nicht mehr um Qualität geht, sondern um Geschlecht! Damit haben sich die Grünen als "Erneuerungspartei" leider abgeschafft .