Pläne des Finanzministeriums: Klimageld für Kohlekonzerne
Die Regierung will eine Milliarde Euro Entschädigung für den Kohleausstieg aus dem Topf für Klimapolitik bezahlen. Experten kritisieren das.
Demnach sind im Haushalt 2020 von den knapp 7 Milliarden Euro des EKF bereits 300 Millionen Euro für die Entschädigungen vermerkt. Für die Jahre 2021 und 2022 plant das Finanzministerium mit jeweils weiteren 350 Millionen für diese Aufgabe, bestätigte ein Ministeriumssprecher der taz.
Das Geld ist die erste Tranche der insgesamt 4,35 Milliarden Euro, die die Bundesregierung den Kohlekonzernen versprochen hat, wenn sie ihre alten Kraftwerke bis 2038 sukzessive abschalten. Ob auch die noch fehlenden 3,35 Milliarden aus dem „Energie- und Klimafonds“ bestritten werden sollen, ist unklar. „Wir sind im Verfahren der Haushaltsaufstellung mit den Einnahmen und Ausgaben des Bundes“, heißt es aus dem Ministerium.
Von Abgeordneten und auch vom CDU-geführten Wirtschaftsministerium kommt Widerspruch – nicht darüber, dass das Geld fließen soll, sondern, aus welchem Topf es kommt. Denn der EKF finanziert laut Bundesregierung Programme, die „einen zentralen Beitrag zur Umsetzung der Energiewende und zur Erreichung der nationalen und internationalen Klimaschutzziele leisten.“
Deshalb kritisiert Sven-Christian Kindler, Haushaltsexperte der Grünen-Fraktion: „Der Klimafonds soll den Klimaschutz finanzieren, nicht hoch fragwürdige Geschenke an Kohlekonzerne, die jahrzehntelang das Klima zerstört haben.“ Er befürchtet, dass auf lange Sicht Entschädigungszahlungen aus dem EKF die Abflüsse für Zukunftsprojekte „kannibalisieren“ könnten. Die Entschädigungen aus Steuergeldern nennt er „hochgradig absurd“, denn die Stilllegung abgeschriebener Kraftwerke wäre auch ohne diese Zahlungen möglich, wie ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags belege.
Sven-Christian Kindler, Haushaltsexperte der Grünen-Fraktion
Auch für Andreas Mattfeldt, Haushaltspolitiker der CDU-Fraktion, ist der EKF nicht dazu da, den Kohleausstieg zu finanzieren, sondern „in Zukunftsprojekte zu investieren“, sagte er auf Anfrage. „Bei der Finanzierung von Wasserstoff oder der Elektromobilität kommen zusätzliche Aufgaben auf den Fonds zu.“ Der Ausstieg sei eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, die deshalb auch aus einem allgemeinen Haushaltstitel finanziert werden sollte. Ähnlich kritisch, berichten die Abgeordneten, hätte sich im Ausschuss der parlamentarische Staatssekretär aus dem CDU-geführten Wirtschaftsministerium, Thomas Bareiß, geäußert.
Der „Energie- und Klimafonds“ wurde 2010 als Sondervermögen des Bundes eingerichtet. In ihn fließen die Einnahmen, die der Bund durch die Versteigerung der CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandel und demnächst auch im neuen deutschen Emissionshandel erzielt. Aus dem Topf werden vor allem Hilfen für Gebäudesanierung, erneuerbare Energie und Effizienz bezahlt, aber auch Ausgleichzahlungen für die Stilllegung von Kraftwerken sind möglich. Wegen der niedrigen Preise im Emissionshandel musste der EKF früher zusätzlich durch Steuermittel aufgefüllt werden. Inzwischen ist er prall gefüllt, weil die Zertifikate teurer geworden sind. 2020 stehen laut Finanzministerium 6,9 Milliarden Euro im EKF bereit.
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