Petition der Woche: Skating ist not a crime!
Seit Oktober herrscht Skateverbot vor der Nationalgalerie in Berlin. Das Museum sieht seinen Vorplatz gefährdet, die Skater:innen ihre Kultur.

Es ist am frühen Abend nun schon dunkel in Berlin, und die Neue Nationalgalerie wird von Leuchtern angestrahlt. Vor dem Museum: viel Beton, ein ebener Vorplatz, große flache Treppenstufen, eine lange Rampe. Und keine Menschen. Dann ein leises Surren auf dem Beton. Es wird lauter. Kommt näher. Ein Skateboarder springt lässig vor der ersten Treppenstufe ab, dreht sein Brett zwischen den Füßen in der Luft, bevor er wieder zum Stehen kommt.
Seit dreißig Jahren ist der Platz vor der Neuen Nationalgalerie ein Hotspot für Skateboarder, auch wieder seit ihrer Wiedereröffnung im August, nach jahrelanger Renovierung. Doch seit dem 23. Oktober ist der Sprung über die Treppe verboten: Es gibt ein Skateverbot vor der Nationalgalerie, ausgesprochen von ebendieser. Es habe Schäden am Vorplatz und an den dort sich befindenden Skulpturen gegeben.
Seitdem fahren hier nur noch wenige. Am Abend, wenn das Museum geschlossen ist: „Macht halt nicht mehr so Bock, wenn hier niemand mehr ist. Und auch keinen Bock, illegal zu skaten. Was soll das denn?“, sagt der Mann, der eben die Treppe runtergesprungen ist. Sein Brett wippt unter seiner Fußspitze.
Erstmals wurde im Jahr 1997 über die Skater vor der Neuen Nationalgalerie gestritten. Damals ließ die Verwaltung Sand auf dem Vorplatz streuen. Die Glasscheiben der Galerie seien in Gefahr, hieß es. Außerdem würden die Klackgeräusche den Kunstgenuss der Museumsbesucher:innen beeinträchtigen. Die Scheiben sind nun neu, doch noch immer geht es um den Schutz des Museums. „Wir haben festgestellt, dass das Gebäude ziemlich in Mitleidenschaft gezogen wurde“, sagt Joachim Jäger, Leiter der Neuen Nationalgalerie. Deswegen habe man das Skaten erst mal verboten. „Das Museum lebt von Präzision und Perfektion. Es ist eben kein Altbau, der seinen Charme durch Abnutzung vergrößert“, so Jäger. Jetzt müsse man überlegen, wie man eine Jugendkultur erhalten und zugleich das Museum schützen könne.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Skater:innen fordern einen Kompromiss
Für die Skateboarder:innen geht es um die Frage, wer entscheidet, was Kultur sein soll – und wer an ihr in welcher Form teilnehmen darf. In anderen Ländern ist Skaten längst Kulturgut: Vor dem Museum of Contemporary Art in Barcelona oder vor dem Konzerthaus in Porto trifft sich regelmäßig die Weltelite des Sports. Seit diesem Jahr ist Skaten sogar olympische Disziplin.
In einer Online-Petition fordern die Skater:innen nun, das Verbot zu kippen. „Für den Erhalt der Skatekultur an der Neuen Nationalgalerie“ lautet der Titel, 2.500 Menschen hatten bei Redaktionsschluss unterschrieben. Der angebotene Kompromiss: Skaten außerhalb der Öffnungszeiten. In der Petition wird die Künstlerin Veronika Kellndorfer zitiert: „Wenn man an einem Sonntagnachmittag in der Halle steht und draußen die Skater fahren sieht, dann entsteht wirklich dieses berühmte Fließen von innen nach außen, dann kippt es wirklich in ein Kunstwerk.“
Auch die Nationalgalerie sei um eine Lösung bemüht, sagt Joachim Jäger. Wie die genau aussehen könnte, wisse man noch nicht. „Vermutlich, indem wir Regeln einführen, was auf dem Vorplatz möglich ist und was nicht.“ Man wolle jetzt erst mal mit den Skater:innen sprechen. Bis eine Lösung gefunden ist, bleibt das Verbot bestehen. Und der Museumsvorplatz menschenleer.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?