Peter Gedöns über Radio und Stimmung: „Wir brauchen mehr Gedöns“
Moderator Peter Gedöns meckert im Radio, weil er diese Gute-Laune-Menschen nicht mehr erträgt. Schon morgens geht das Leiden los.
taz: Herr Gedöns, Sie scheinen ein schreckliches Leben zu haben. So schrecklich, dass Sie jeden Morgen darüber im Radio rumnörgeln.
Peter Gedöns: Ach nö, mein Leben ist großartig. Nur die anderen sind schlimm.
Sind also wieder mal die anderen schuld.
Immer diese Gute-Laune-Menschen, im Radio, auf der Straße. Ich kann die nicht mehr sehen und hören. Ich bin der Einzige, der noch schlechte Laune hat. Ansonsten werden die Menschen doch erbarmungslos niedergelächelt.
Was ist daran so schlimm?
Das geht doch schon am ganz frühen Morgen los. Da wird mir immer ein „schöner Start in den Tag“ gewünscht. Ich hab aber keinen schönen Start in den Tag, wenn ich um zehn nach fünf aufstehen muss. Ich finde es zum Kotzen, wenn der Wecker um diese Zeit klingelt und ich mich rausquäle.
Was sagt Ihre Frau zu Ihrer permanent schlechten Laune?
Ich hab keine Frau. Die hat sich einen mit guter Laune gesucht. Ich habe nur eine Schwester. Die hat auch schlechte Laune, ist ja meine Schwester. Und mir gegenüber in dem Haus wohnt die alte Bödefeld. Die hat einen Hund. Aber den will ich nicht.
Gedönis ist Umwelt, ist, was wir essen, wie wir reden, uns kleiden. Wie wir wohnen, lernen, lieben, arbeiten. Kinder sind Gedöns, Homos, Ausländer, Alte. Tiere sowieso. Alles also jenseits der „harten Themen“. Die taz macht drei Wochen Gedöns, jeden Tag vier Seiten. Am Kiosk, eKiosk oder direkt im Probe-Abo. Und der Höhepunkt folgt dann am 25. April: der große Gedöns-Kongress in Berlin, das taz.lab 2015.
51, ist ein übellauniger Mann, der sich jeden Morgen im Radio beschwert. In echt ist Peter Gedöns Michael Wirbitzky, 51, Moderator bei SWR3, wo Gedöns anruft. Er spricht Gedöns immer unter dem Tisch. Das klinge authentischer.
„Gedöns“ steht umgangssprachlich für „Getue“. Was hat Getue mit Ihnen zu tun?
Ich mache hier so ’n Gedöns und da so ’n Gedöns. Viele fragen sich, was dahintersteckt. Das weiß keiner so richtig. Aber ich kann das hier ja mal aufklären: Also, ich mache nichts weiter, als beim Radio anzurufen und die Leute dort mit Gedöns zuzuschütten.
Gerhard Schröder hat Gedöns auf seine Weise definiert: Bei ihm steht es für Frauen, Familie, Senioren und Jugend.
Kommen Sie mir nicht damit.
Schröder hat sich dafür entschuldigt.
Entschuldigen? Ich denk gar nicht dran. Überall wird sich jetzt immerzu entschuldigt. Das reicht mir auch langsam. Man kann nichts mehr sagen, alle sind immer so politisch korrekt. Da wird aus jedem blöden Unkraut, das irgendwo wächst, ein Wildkraut, das geschützt werden muss. Wenn wat Gedöns ist, sollte man dat auch Gedöns nennen.
Wir brauchen mehr Gedöns?
Auf jeden Fall. Und man darf auch mal sagen: Mööönsch, hör doch jetzt mal auf mit dem Gedöns. Ohne dass man gleich jemanden diskriminiert, verletzt oder ihm sonst was antut.
Gedöns ist ehrlich?
Gedöns ist so ehrlich wie ich.
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