Pestizide im Obstanbau: Gift für Äpfel aus Südtirol
Die EU erfasst nicht zentral, wie viele Pestizide wo ausgebracht werden. Nun zeigen Daten, dass 2017 im Vinschgau täglich gespritzt wurden.
In den Daten sind 590.000 Spritzeinsätze dokumentiert. Von März bis September 2017 gab es demnach keinen Tag, an dem im Vinschgau nicht gespritzt wurde. Auf einer Apfelplantage wurden durchschnittlich 38 Einsätze in der Saison verzeichnet.
„Mehrere der am häufigsten eingesetzten Pestizide sind vermutlich fortpflanzungsschädigend oder vermutlich krebserregend“, sagte Christine Vogt, eine der Autor:innen der Untersuchung. Am fünfthäufigsten sei Glyphosat gespritzt worden, das die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hat. „Zum Einsatz kam auch das inzwischen verbotene Chlorpyrifos-methyl, das die Gehirnentwicklung von ungeborenen Kindern schädigen kann.“ Bei fast einem Viertel aller Pestizidbehandlungen seien Wirkstoffe verwendet worden, die als besonders schädlich für Nützlinge wie beispielsweise Schlupfwespen gelten. Manche der damals verwendeten Wirkstoffe sind inzwischen verboten.
Erst ab 2028 sollen einer EU-Verordnung zufolge die Mitgliedstaaten die Daten zu Pestizideinsätzen sammeln und melden. Die Auswertung des Umweltinstituts wurde daher nur möglich, da die Staatsanwaltschaft Bozen die Daten beschlagnahmt hatte. Denn nachdem der damalige Agrarreferent des Umweltinstituts 2017 die Pestizideinsätze in Südtirol kritisiert hatte, zeigten ihn Hunderte Landwirt:innen wegen „übler Nachrede“ an.
Am Dienstag präsentierte die EU-Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ im Europarlament die von mehr als einer Million Unterstützer:innen unterschriebenen Forderungen, keine chemisch-synthetischen Pestizide mehr einzusetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja