Personal-Rochade in Hamburg: Bürgermeister tauscht Senatoren aus
Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt und Wirtschaftssentor Michael Westhagemann gehen auf eigenen Wunsch. Die Ankündigung wirkte würdelos.

H amburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bildet seinen Senat um. „Aus für Stapelfeldt und Westhagemann“, titelte das Hamburger Abendblatt. Den beiden werde „Amtsmüdigkeit“ nachgesagt und es habe „zunehmend Kritik“ an ihrer Arbeit gegeben. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) soll zuletzt zu wenig Wohnungen gebaut haben. Und dem parteilosen Wirtschaftssenator Michael Westhagemann hängt an, dass die kürzlich vertiefte Elbfahrrinne nicht mit dem angekündigten Tiefgang genutzt werden kann.
Das ist ein symbolischer Paukenschlag, der davon ablenken könnte, dass es zwischen Rot und Grün knirscht. Der kleine Koalitionspartner läuft in Umfragen davon. Und dann erklärte Hamburgs Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen unlängst auch noch die neunte Elbvertiefung für „endgültig gescheitert“, was die Sozis aufregte.
Dass nun mit Melanie Leonhard Hamburgs SPD-Landeschefin neue Wirtschaftssenatorin wird, soll ein positives Signal an Hamburgs Wirtschaft sein. Die Rochade hat auch noch andere Gründe. Leonhard ist Mutter eines kleinen Sohnes und führt seit drei Jahren mit der Sozial- und Gesundheitsbehörde ein riesiges Doppelressort. Das soll ihr nun zu viel sein. Und es lief bei ihr auch nicht alles glatt. So lässt zum Beispiel eine Notschlafstelle für junge Obdachlose immer noch auf sich warten.
Auf Leonhard soll deren Staatsrätin Melanie Schlotzhauer (SPD) folgen, die bisherige Chefin „IBA Hamburg“, Karen Pein (SPD), soll Stapelfeldt ersetzen. So wird auch noch etwas für die Frauenquote getan. Doch die Kommunikation wirkt etwas würdelos.
Ausscheiden auf eigenen Wunsch
Stapelfeldt gehört zum Urgestein der Hamburger SPD. Die Kulturwissenschaftlerin blickt auf eine lange Politik-Karriere zurück, die sie in den 1970ern als Asta-Vorsitzende der Hamburger Universität begann. Sie war mal fast Bürgermeister-Kandidatin, war vier Jahre Präsidentin der Bürgerschaft, vier Jahre Wissenschaftssenatorin und gilt als Parteisoldatin, die tut, was von ihr verlangt wird.
Zwar stimmt es, dass Hamburg in 2022 zu wenig Wohnungen baute, vor allem zu wenig günstige Sozialwohnungen. Aber hier spielen auch äußere Faktoren wie Rohstoffmangel eine Rolle. In Stapelfeldts sieben Amtsjahren zuvor wurden über 63.000 Wohnungen fertig, das sind deutlich mehr als unter ihrer Vorgängerin.
Ein Blick auf die Renteneintrittsalter-Tabelle zeigt, dass sie mit 66 Jahren schon seit Juni hätte im Ruhestand sein können. Auch der nur ein Jahr jüngere Michael Westhagemann steht mit 65 Jahren kurz davor. Er gab am Montag übers Abendblatt bekannt, dass er Krebs hat und schon länger aufhören wollte. Und auch er kann im Grunde nichts dafür, dass der Elbschlick immer wieder nachsickert und die Vertiefung des Flusses auf 14,5o Meter Fahrtiefe so schwierig ist.
Die Senatspressestelle hat die Personalien bis Redaktionsschluss nicht bestätigt. Erst um 18 Uhr trat Bürgermeister Tschentscher vor die Presse und bestätigte die Rochade. Beide Senatoren hätten bereits vor längerer Zeit gesagt, dass sie „zu gegebener Zeit“ ausscheiden möchten“. Tschentscher dankte Dorothee Stapelfeldt und Michael Westhagemann für die „langjährige hervorragende Arbeit“. Das gehört sich für ihn auch so.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?