Patriot-Antiraketensysteme für Polen: Absurdes Manöver
Polens PiS-Chef musste den deutschen Patriots am Ende zustimmen. Seine Idee, das Raketenabwehrsystem in der Ukraine zu stationieren, war Blödsinn.
D en US-Amerikanern war das polnische Hickhack rund um die Aufstellung von zwei Patriot-Antiraketensystemen an der Nato-Ostgrenze ganz offensichtlich zu blöd geworden. Nach dem Einschlag eines mutmaßlich ukrainischen Querschlägers in Polen hatte die Führung das Angebot der Deutschen, dem Nachbarn zwei Patriot-Systeme samt Soldaten zur Bedienung auszuleihen, erst „mit Genugtuung“ angenommen, dann abgelehnt und jetzt „mit Enttäuschung“ doch angenommen.
Hinter den Kulissen werden die Amerikaner ein Machtwort gesprochen haben. Die Sicherheitsinteressen der Nato sind letztlich doch wichtiger als der Wahlkampf der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Noch am Wochenende hatte PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński einen „schweren Ansehensverlust Deutschlands“ als Wahlkampfziel verkündet.
Zuvor meinte er allen Ernstes, dass die Deutschen eine von den Russen auf Polen abgeschossene Rakete sowieso nicht abfangen würden. Kaczyński legte noch einen drauf und behauptete, dass Deutschland heute mit friedlichen Mitteln die Ziele anstrebe, die es einst mit Waffengewalt in Polen erreichen wollte. Den Amerikanern kann man zugutehalten, dass sie viel Geduld mit den Minderwertigkeitskomplexen Kaczyńskis und den wiederholt germanophoben Kampagnen in Polen haben.
Aber es gibt rote Linien. Die absurde Idee, amerikanische Patriot-Systeme und deutsche Nato-Soldaten sollten in die Ukraine transferiert werden, um von dort aus Polens Ostgrenze gegen Russland zu verteidigen, war so eine rote Linie. Völlig klar, dass das eine Eskalation des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und möglicherweise dann auch die Nato zur Folge haben würde. Das wussten und wissen natürlich auch die Polen.
So ging es bei diesem Vorschlag nur darum, die Deutschen als Heuchler vorzuführen, die der Ukraine gar nicht helfen wollten. Damit aber untergraben die Polen die Glaubwürdigkeit der Nato und gleichzeitig der USA als des wichtigsten Nato-Mitglieds. Das konnte Washington keinesfalls zulassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen