Patriarchat in Pakistan: Festnahmen nach „Ehrenmord“ an jungem Paar
Stammesrat läßt ein Paar töten, das ohne Einwilligung der Eltern geheiratet hat. Ein Video von der Tat in sozialen Medien führt zu Festnahmen.

Der Mann folgt ihr einige Schritte. Dann sagt sie: „Dir ist nur erlaubt, mich zu erschießen. Nicht mehr als das.“ Darauf schießt er ihr mit einer Pistole in den Rücken. Beim dritten Schuss bricht sie zusammen. Anschließend richtet der Schütze die Waffe auf einen Mann und erschießt auch ihn.
Belutschistans Gouverneur Sarfraz Bugti verurteilte die von einem männlichen Stammesgericht angeordneten Morde als „abscheulich“. Seine Regierung ordnete die Taten als Terrorismus ein. Bugtis Parteichef Bilawal Bhutto Zardari sprach von „Gender-Terrorismus“.
Medienberichten zufolge soll eine lokale Jirga aus Stammesältesten den Mord an dem Paar angeordnet haben, weil es ohne Einwilligung der Eltern geheiratet und damit die Ehre der Familien verletzt hatte.
Trotz Reformen weiter mutmaßlich hohe Dunkelziffer
Durch das Video, das bereits im Juni aufgenommen worden sein soll, konnte der Ort der Tat in der Nähe der Provinzhauptstadt Quetta sowie daran Beteiligte identifiziert werden. Unter den Festgenommenen soll der Jirga-Vorsitzende sowie ein Verwandter der Frau sein. Die Behörden gaben die Namen der Opfer nicht bekannt.
Laut einem Medienbericht hat Pakistans Menschenrechtskommission (HRCP) im Jahr 2024 sogenannte „Ehrenmorde“ an 335 Frauen und 119 Männern gezählt, in anderen Berichten ist laut HRCP von insgesamt 405 „Ehrenmorden“ die Rede. Die Dunkelziffer dürfte viel höher sein, weil viele Taten wohl gar nicht erst angezeigt oder anders eingestuft wurden.
Inzwischen gehen Pakistans Behörden auch verstärkt gegen sogenannte „Ehrenmorde“ vor, die vor allem auf einer patriarchalen Kultur basieren und sich hauptsächlich gegen Frauen richten. Denen kwerdenoft eine eigenständigen Entscheidungen zugestanden. Nicht selten hatten Polizisten nur halbherzig ermittelt.
Einige aufsehenerregende Fälle, der soziale Wandel und der Kampf mutiger Frauen hat aber zu einigen Gesetzesänderungen geführt. So können Täter inzwischen nicht mehr von der Familie des Opfers (oft gegen sogenanntes Blutgeld) begnadigt werden. Auch das Strafmaß wurde angehoben. So drohen den Tätern jetzt mindestens 25 Jahre Haft.
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