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Parteitag der Berliner LinkenAbrechnung mit Schwarz-Rot

Auf ihrem Landesparteitag präsentiert sich die Linke attackenfreudig. Die innerparteiliche Debatte zum Gaza-Krieg endet gleichwohl mit Nichtbefassung.

Die Schnauze voll: Linken-Landeschef Maximilian Schirmer Foto: Annette Riedl/dpa

Berlin taz | Pünktlich zum einjährigen Jubiläum der Wahl von CDU-Chef Kai Wegner zum Regierenden Bürgermeister hat sich die Berliner Linke am Samstag ausführlich Zeit genommen für eine Abrechnung mit Schwarz-Rot. „Die Ber­li­ne­r:in­nen haben nichts zu feiern“, sagte Landeschefin Franziska Brychcy beim Linke-Parteitag in einem Tagungshotel in Lichtenberg. Viele Menschen in der Stadt hätten jetzt schon „die Schnauze voll“ vom Senat, befand ihr Co-Vorsitzender Maximilian Schirmer.

CDU und SPD, so der Tenor, machten konsequent Politik auf dem Rücken der Mie­te­r:in­nen, Beschäftigten und Geflüchteten. Der Senat betreibe „Klassenpolitik von oben“, trete die direkte Demokratie mit Füßen, spalte die Gesellschaft, verschleudere Geld für Nonsensprojekte wie eine Olympiabewerbung und betreibe den Ausverkauf der Stadt – ein besser verdienendes Klientel fest im Blick.

„Wir sind die soziale Opposition, wir sind der Gegenpol zur CDU“, gab Linken-Parteichef Schirmer vor den gut 140 Delegierten die nicht so ganz überraschende Linie am Samstag vor. Mit der SPD hielt man sich nicht lange auf.

Konkret gefordert wurde die Umsetzung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, eine Erhöhung des Landes- und Vergabemindestlohns von 13 auf 15 Euro brutto, die Hauptstadtzulage für Beschäftigte freier Träger, die Ausweitung des Wohnberechtigungsscheins auf Geflüchtete, die Abschaffung des Konzepts „kriminalitätsbelasteter Orte“ und Zahlreiches mehr –allein im Leitantrag des Landesvorstands.

In der Wiederholung liegt die Kraft

Vieles davon ist nicht neu. Vermutlich nichts davon dürfte von CDU und SPD in dieser Legislaturperiode aufgegriffen werden. Es ging augenscheinlich darum, die unterschiedlichen Forderungen knackig zusammenzufassen oder – wie es so schön im Parteideutsch heißt – „zusammenzudenken“.

Doch in der Wiederholung liegt die Kraft: Der nächste Wahlkampf ums Abgeordnetenhaus beginnt voraussichtlich in gut zwei Jahren. Mit den Worten von Landeschef Schirmer: „Wir wollen natürlich 2026 in der Position sein, dass niemand an uns vorbeikommt, und legen dafür jetzt die ersten programmatischen Weichen.“

Tatsächlich steht die Linke im Stadtstaat Berlin passabel da. Nicht nur die Mitgliederzahl ist seit Herbst ordentlich gestiegen. Auch liegt die Partei in einer aktuellen Umfrage des RBB stabil bei 10 Prozent. Kein Grund zum Jubeln, aber angesichts des Umstands, dass die auf 2 bis 4 Prozent Zustimmung taxierte Linke im Bund faktisch am Boden liegt, eben doch beachtlich, wie ein führendes Parteimitglied am Rand des Parteitags zur taz sagte.

Umso wichtiger ist es für Schirmer und Brychcy, den Laden zusammenzuhalten. Es komme jetzt auch darauf an, „ob wir geschlossen bleiben und solidarisch diskutieren oder uns öffentlich und persönlich angreifen und demontieren“, appellierte Schirmer an den Parteitag. Und mit Selbstdemontage hat die Partei Erfahrung. Die migrationsfeindliche und russlandfreundliche Abspaltung „Bündnis Sahra Wagenknecht“ lässt grüßen.

Der große Knall blieb aus

Auch der Linken-Parteitag ließ größeres Selbstdemontagepotenzial vermuten. Für Nervosität hatten im Vorfeld zwei Anträge aus Neukölln und Mitte gesorgt, die eine propalästinensische Positionierung des Landesverbands zum Krieg im Gazastreifen einforderten, das umstrittene Reizwort „Völkermord“ inklusive.

Dezidiert israelsolidarischen Kräften in der Partei trieb das den Puls hoch. Auch der Parteispitze gingen die Formulierungen zu weit. Zusammen mit den Vorsitzenden von acht Bezirksverbänden suchten Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer dann auch den Kompromiss und brachten einen eigenen Antrag ein, der die anderen beiden ersetzen sollte. Auch hier wurde ein Ende der Kriegshandlungen verlangt, von einem israelischen „Völkermord“ an den Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen war indes keine Rede.

Doch der große Knall blieb aus. Keiner der Anträge wurde am Ende des Parteitags beschlossen oder abgelehnt. Dafür setzte sich ein weiterer Antrag auf Nichtbefassung mit dem Thema mit 68 zu 49 Stimmen durch.

„Beschlüsse des Landesverbands Berlin werden nichts an der Situation in Gaza ändern“, plädierte Antonio Leonhardt vom Bezirksverband Lichtenberg für den Nichtbefassungsantrag. Hinzu komme, dass konstruktive Diskussionen zu einem derart emotional aufgeladenen Thema bei einer Redezeitbegrenzung von vier Minuten kaum möglich seien.

Die Anträge zu Gaza seien einfach „abgebügelt“ worden, beschwerte sich am Ende der Parteitagsdebatte Ellen Brombacher von der Kommunistischen Plattform in einer persönlichen Erklärung. „So etwas hat negative Folgen,“ drohte die 77-Jährige, die zuvor den Gaza-Antrag aus Mitte begründet hatte. Die Delegierten aus Neukölln und Mitte applaudierten fleißig.

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