Online-Organspenderegister: Keine falsche Skepsis
Es gibt berechtigte Bedenken gegen das neue Organspenderegister. Dennoch ist es notwendig, denn die Zahl der Spender:innen ist erschreckend niedrig.
D ie Emotionen kochen mal wieder hoch. Diesmal treffen sie das Organspenderegister, in dem man seit Montag melden kann, ob man nach dem Tod seine Organe spenden möchte. Aha, jetzt werde ich also gezwungen, meine Leber, meine Niere, mein Herz jemandem zu geben, den ich gar nicht kenne. Das jedenfalls glauben manche. Was, wenn ich das gar nicht will? Und überhaupt: Sind meine Daten im Onlineportal vor dem Zugriff Unberechtigter sicher?
Ängste wie diese sind durchaus berechtigt. Vieles, was digital verfügbar ist, lässt sich missbrauchen. Auch die Sorge über einen zu schnellen Eingriff sollte häufiger besprochen werden. Denn bei Transplantationen kommt es auf wenige Stunden an. Dauert die Suche nach dem Beleg für die Zustimmung zu einer Organspende zu lange, kann eine Transplantation hinfällig sein, weil das zu spendende Organ bereits abgestorben ist.
Allen Sorgen zum Trotz: Das Register ist sinnvoll, es kann Leben retten. 8.496 Menschen stehen der Stiftung Organspende zufolge in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan, die meisten von ihnen benötigen eine Niere. 2022 gab es in der gesamten Republik 869 postmortale Organspender:innen, 2.695 Personen wurde durch eine Transplantation geholfen. Jeden Tag sterben zwei bis drei Menschen, weil sie kein Organ bekommen. Auf eine Million Einwohner:innen kommen nur 10,3 Spender:innen.
Es braucht mehr Spender:innen. Trotzdem wird niemand gezwungen, nach dem Tod Teile seines Körpers weiterzugeben. Ein Nein zur Organspende, egal ob im neuen Register, im Spenderausweis oder als Hinterbliebenenerklärung dokumentiert, hat nach wie vor Bestand – und wird genauso ernst genommen wie das Ja.
Auch der Datenschutz bleibt gewahrt – soweit das möglich ist. Auf die Daten können nur die spendende Person und das berechtigte Klinikpersonal zugreifen. Wem das zu unsicher ist, der kann seine Zustimmung – oder seine Ablehnung – auch wie bisher in dem Papierausweis bei sich tragen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!
Abschiebungen syrischer Geflüchteter
Autokorsos und Abschiebefantasien
NGO über den Machtwechsel in Syrien
„Wir wissen nicht, was nach dem Diktator kommt“
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Sturz des Syrien-Regimes
Dank an Netanjahu?
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen