Notstand und Corona: Bis zum Einsatz der Bundeswehr

Immer mehr Staaten rufen zur Eindämmung der Epidemie den Ausnahmezustand aus, zuletzt Bulgarien und die USA. Was wäre in Deutschland möglich?

Mobile gepanzerte Rettungsstation der Bundeswehr komplett aufgebaut mit Zelt, Operationscontainer und Versorgungscontainer auf Anhänger

Im Ernstfall gibt's medizinische Behandlungen auch in der gepanzerten Rettungsstation Foto: imago-images/Sven Eckelkamp

BERLIN taz Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Epidemie werden immer härter. Wo könnte das alles enden und gibt es dafür bereits Gesetze? Ein Überblick.

Bisher richten sich die Maßnahmen der Behörden nach dem bundesweit geltenden Infektionsschutzgesetz. Danach können die Länder oder örtliche Gesundheitsämter das öffentliche Leben beschränken. So können Veranstaltungen und Kundgebungen verboten werden. Schwimmbäder können ebenso geschlossen werden wie Kindergärten und Schulen. Auch die Anordnung von Quarantäne und Berufsverbote gegen Kranke und Krankheitsverdächtige richtet sich nach diesem Gesetz. Darüber hinaus können die Gesundheitsbehörden der Länder „alle notwendigen“ Maßnahmen treffen. Bis auf weiteres werden diese Befugnisse ausreichen.

Sollte sich die Lage zur Katastrophe zuspitzen, sind die Katastrophenschutzgesetze der Länder anwendbar. Dort können neben Feuerwehr und Rettungsdiensten auch Privatpersonen zur Hilfeleistung verpflichtet werden.

Die Bundeswehr kann im Rahmen der Amtshilfe heute schon tätig werden. So hat der besonders betroffene nordrhein-westfälische Landkreis Heinsberg das Militär gebeten, mit seinen Laborkapazitäten beim Test auf Coronaviren einzuspringen.

Die Bundeswehr kann im Inland allerdings auch eingesetzt werden, um (gemeinsam mit der Polizei) die öffentliche Ordnung zu bewahren oder wiederherzustellen, etwa wenn geplündert oder Krankenhäuser belagert werden. Dies ist in den Artikeln 35, 87a und 91 des Grundgesetzes geregelt. Die Vorschriften gehören zu den „Notstandsgesetzen“, die 1968 gegen den Widerstand der Außerparlamentarischen Opposition (APO) beschlossen wurden.

Als Notstandsgesetze werden auch rund zehn Sicherstellungsgesetze bezeichnet, die das öffentliche Leben und die militärische Verteidigung sichern sollen. In der Regel sind sie auf den Spannungs- und Verteidigungsfall beschränkt. Das „Ernährungssicherstellungsgesetz“ gilt aber auch, wenn die Bundesregierung eine „Versorgungskrise“ festgestellt hat. Die Behörden können dann zum Beispiel Lebensmittel beschlagnahmen und öffentlich verteilen, sie können Unternehmen auch zur Erzeugung von Lebensmitteln verpflichten.

Der Bundestag ist auf eine Epidemie, die seine Arbeitsfähigkeit bedroht, nicht gut vorbereitet

Der Bundestag ist auf eine Epidemie, die seine Arbeitsfähigkeit bedroht, nicht gut vorbereitet. Laut Geschäftsordnung ist er nur beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Abgeordneten anwesend sind. Solange niemand die Prüfung der Anwesenheit fordert, tagt er oft aber auch in dünnerer Besetzung. Debatten per Videokonferenz und Abstimmungen per Email sind bisher nicht vorgesehen.

Der „Gemeinsame Ausschuss“ von Bundestag und Bundesrat darf als Notparlament nur im Verteidigungsfall die Gesetzggebung und Kontrolle der Regierung übernehmen, nicht bei einer Epidemie. Sollte eine Mehrheit der Abgeordneten erkrankt oder in Quarantäne sein, müsste gewartet werden, bis wieder genügend Parlamentarier einsatzfähig sind.

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