Neues Wochenmagazin „Bild Politik“: Springer testet Politmagazin
Axel Springer will ab 2019 ein neues gedrucktes Wochenmagazin testen: „Bild Politik“ – und dabei voll auf Emotionen setzen.
Eigentlich sollten Referentinnen des Vorstands ja Excel-Tabellen wälzen, sagt Mathias Döpfner, der Vorstandsboss von Axel Springer am Donnerstagabend im 18. Stock des Springer-Hochhauses. Doch Selma Stern reichte das wohl nicht. Verständlich.
Stern, 32 Jahre alt, ist eine solche Referentin des Vorstands, und hat gerade ein Projekt vorgestellt, das sie gemeinsam mit dem Stellvertretenden Bild-Chefredakteur Nikolaus Blome verantwortet: Bild Politik. Ein neues Wochenmagazin, das im Frühjahr 2019 getestet werden soll. Wann genau der Test beginnt, sagen sie nicht. In welchem regionalen Markt auch nicht. Und auch, wie viel das Magazin kosten soll, bleibt noch geheim.
Was klar ist: Bild Politik soll laut Selma Stern die „wichtigsten Fragen der Woche“ beantworten und dabei „maximal verdichtet“, „maximal transparent“ und „maximal nah am Leser“ sein. Wie das aussehen soll? Klassische Ressorts wird es nicht geben. Es wird lediglich drei Rubriken geben: „Ärger“, „Freude“ und „Neugier“ – also ungefähr die Emotionen, die wir von den Facebook-Emojis kennen. Nur noch simplifizierter.
„Wir nehmen Fakten und Gefühle ernst“, sagt Blome, denn „Gefühle schaffen Fakten“. Es sei ein Magazin „für alle, die ein seltsam grummelndes Gefühl im Bauch hätten, aber klaren Kopf bewahren wollen“. Ein Magazin für alle, die das Gefühl hätten, dass ihre Fragen nicht beantwortet würden, sagt Blome.
Das lässt Böses erahnen. Zielgruppe besorgte Bürger? Und überhaupt: Maximal verdichtet und nah dran am Leser, emotional und die wichtigsten Fragen stellend – ist das nicht genau das, was die große Bild eh für sich in Anspruch nimmt?
„Die Idee ist aus meinem Bedürfnis als Leserin entstanden, nicht als Journalistin“, sagt Stern, die laut ihrem Chef am liebsten The Economist und die Seite 2 (das ist die Politik-Seite) der Bild lese.
Chef Döpfner findet das Projekt jedenfalls „ganz toll“ und sieht in Bild Politik ein „Printmagazin für die Online-Generation“. Dabei hatte Springer zuletzt mit Ausgliederungen unter der Dachmarke Bild nicht unbedingt Erfolg: Der Fußball Bild – dieser Anfang 2017 bundesweit gestarteten, täglichen Fußballzeitung – wird zum Jahresende der Stecker gezogen.
Trotzdem hätten die Markttests ergeben, dass das neue Politmagazin unter dem Bild-Titel erscheinen müsste. Keine Experimente! Kein verschwurbelter, unklarer Titel. Denn: „Ein Innovationspreis ist schön, Markterfolg ist noch schöner“, sagt Döpfner.
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass es Springer mit einem eigenen Politik-Magazin versucht, bislang allerdings mit überschaubarem Erfolg: 1973 musste beispielsweise das Monatsmagazin Dialog aufgeben, wie der Konkurrent Spiegel damals in einer Hausmitteilung „ohne jede Schadenfreude“ kund tat. Dialog soll jährlich zehn Millionen Mark Verlust gemacht haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr