Neues Flüssiggas-Terminal vor Rügen: LNG-Pläne womöglich illegal
Die Bundesregierung will die Infrastruktur für Flüssiggas auch vor der größten deutschen Ostseeinsel ausbauen – laut einem Gutachten rechtswidrig.
taz | Ein neues Gutachten im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stuft die Flüssiggaspläne der Bundesregierung als gesetzeswidrig ein. Die Ampelkoalition will mehr Infrastruktur für Flüssiggas (LNG) an Deutschlands Küsten schaffen. Dafür hatte der Bundestag vor einem knappen Jahr das LNG-Beschleunigungsgesetz verabschiedet, welches die Regierung nun offenbar mit einer Novelle zu erweitern gedenkt.
„Das LNG-Beschleunigungs-gesetz ist in weiten Teilen europarechtswidrig“, schreibt die Rechtsanwältin Cornelia Ziehm in ihrem Gutachten. „Es basiert auf Annahmen, die jetzt überholt sind beziehungsweise von Beginn an unzutreffend waren.“ Gegen das Europarecht verstoße unter anderem, dass die Bundesregierung den Umweltschutz lockere, damit die Terminals schnell gebaut werden können.
Auf Basis der Gesetzesnovelle planen die Ampelparteien offenbar, dem Konzern RWE den Bau eines weiteren LNG-Terminals vor der Küste Rügens zu gestatten. Einwohner der Ostseeinsel hatten bereits gegen die Bauvorhaben protestiert.
Ferner sollen mit der geplanten Erweiterung des Gesetzes wohl auch bestehende Gasleitungen beschleunigt ausgebaut werden.
Absichtlich überdimensioniert
Die DUH fordert die Regierung auf, das LNG-Gesetz zurückzuziehen – es sei mit den Klimazielen und dem Klimaschutzgesetz nicht vereinbar. Im Gutachten ist von „erheblichen Überkapazitäten und erheblichen fossilen Lock-Ins“ die Rede. Anfang März war bekannt geworden, dass das Bundeswirtschaftsministerium absichtlich Überkapazitäten für LNG einplant, um sich etwa gegen einen möglichen Wegfall norwegischer Gaslieferungen abzusichern. Norwegen war nach dem Stopp der Importe aus Russland zu Deutschlands wichtigstem Gaslieferanten geworden.
Die DUH plant derweil, das Ausbauvorhaben der Bundesregierung anzufechten. „Wir werden rechtlich gegen alle Projekte vorgehen, die über das hinausgehen, was heute schon in Betrieb ist“, sagt Constantin Zerger, Leiter des DUH-Bereichs für Energie und Klimaschutz, der taz. Dazu müssten aber zunächst die bürokratischen Genehmigungsverfahren abgeschlossen sein.
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