Neues Album von Abba „Voyage“: The Way Old Friends Do
Altbacken? Von wegen, das neue Album von Abba ist generationsübergreifend und das Ding des Jahres.
Gewiss, das Marketing für dieses Produkt wird kostspielig gewesen sein, und bis zur allerletzten Raffinesse des Merchandising hat man gedacht, eine grüne Vinylscheibe inklusive. Die ist aber schon ausverkauft, schon jetzt überteuer rar, doch noch zu haben ist das Album schlechthin: „Voyage“, zehn Lieder der größten Popband aller Zeiten, eingespielt von vier rüstigen Menschen aus Schweden, kurz: von Abba.
Die erste Platte der vier Früh- bis Mittsiebziger seit 1981, das ist erdkugelweit das Ereignis wenigstens dieser Woche, rief man irgendeinen Freund an, lautete immer die erste Bemerkung ungefähr so: „Ich bin gerade in Abba vertieft, wird noch dauern“, begleitet von tiefen Glücksseufzern.
Denn: Hätte ja wie Greatest-Hits-Edelabfall klingen können, tut es nicht. Alles wie Anna-Frid Lyngstad, Björn Ulvaeus, Agnetha Fältskog und Benny Andersson, das letzte Popquartett, das sanft („Quichitita“) immer etwas melancholisiert („One Man, One Woman“), tief ernst („Dancing Queen“) und selbst in den ironischen Passagen („Me and I“) noch heiter und zugleich düster, als hätten sie um ihre eigene Endlichkeit gewusst. Abba ist die Band, die sich keine Aggressionen nach außen erlaubte, Toxisches wie Dreck mied und politisch ex- wie implizit für das Gute stand, die bessere Welt, Öko, Gendergerechtigkeit, thematisiert in Liedern zu Leid und Aufbruch.
„Voyage“, aus dem Moment heraus geurteilt: das Ding des Jahres, ist modeunabhängig, generationsübergreifend abbaesk und furchtbar ergreifend. Alle Lieder no and zero Zeitgeistquatsch, sie erörtern vielmehr die Wunden und Narben aus der Vergangenheit – und finden so etwas wie Frieden. Das hört sich pathetisch und ergreifend an, die Stimmen der beiden Frauen akkurat gemischt zu einem dritten (Über-)Ton. Um es mit einem alten Lied zu sagen: „The Way Old Friends Do“. Reklame ganz unnötig, die Zeichen der Zeit können jetzt verstanden werden. Geht doch!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen