Heino und das Deutschlandlied: Immer weiter mit dem „über alles“

Im Riverboat vom RBB zeigt sich Heino als recht trotziger Sänger. Der Umgang damit in der Talkrunde ist wenig vorbildlich.

Volksmusiker Heino breitet die Arme aus

Heino, hier mal der echte Foto: picture alliance/dpa

Nein, nicht unbedingt Heino ist hier das schlechte Vorbild, sondern, wie man mit einer Angelegenheit umgeht, die zwar schon mit Heino zu tun hat, aber eben nicht nur. Es ist vergleichbar mit dem Großonkel auf der Geburtstagsfeier, der plötzlich rechtes Gedankengut auf den Familientisch kotzt und bei dem man sich binnen einer Sekunde entscheidet, ob man den Herrn jetzt vor die Tür setzt oder doch lieber weghört und das Thema wechselt. Ersteres verlangt eine politische Haltung, das Zweite verrät eine gewisse Rückgratlosigkeit, bei der sich dann der ein oder andere fragen könnte: Mensch, war das denn richtig so …?

Denn ob das so richtig war, dass Heino einfach seinen Sermon in der Talkshow „Riverboat“, die seit Kurzem neben Leipzig auch aus Berlin kommt, ablassen konnte, sollten sich die Anwesenden und auch der RBB in diesem Fall als Sender fragen.

Was der 83-jährige Schlagerbarde da in der zweistündigen Sendung vom Stapel ließ, war gewiss nicht nur ein Fauxpas, sondern das Zurschaustellen einer gewissen Geisteshaltung. Und zu sehen war eben auch der Umgang damit.

Aber von vorn: Riverboat vergangene Woche, das Moderatorenduo Kim Fisher und Sebastian Fitzek ist zu Anfang der zweiten Sendung aus Berlin sehr stolz darauf, dass es die Regierende Bürgermeisterin in spe, Franziska Giffey, zu Gast hat. Also eine illustre Runde, mit Heino und weiteren Gästen.

Nach dem Gespräch mit Franziska Giffey, es geht um Kostümfragen und am Rande auch um ihre Doktorarbeit, kommt Heino an die Reihe. Der Talk mäandert um seine schlechten Hausmannqualitäten und seine neue Tournee. Schließlich bittet ihn die Moderatorin Kim Fisher, doch bitte die „Hosen herunterzulassen“, und scheint dann erschlagen davon, dass Heino erzählt, dass einige seiner Kollegen in den 1970ern sich weggedreht hätten, weil sie ihn als „Rechten“ sahen.

„Ich kann mir schon vorstellen, dass dir das zugesetzt hat“, meint dazu Kim Fisher, und Heino wiederum erzählt genüsslich davon, wie er 1976 für die baden-württembergischen Schulen und im Auftrag des damaligen Ministerpräsidenten Filbinger alle drei Strophen des Deutschlandliedes aufgenommen hatte. Und wie ein trotziges Kind beharrt er darauf, dass auch alle Strophen des Liedes gesungen werden dürften. Sie sind auch nicht verboten. Allerdings ist nur die dritte Strophe die Na­tio­nalhymne. Einfach, weil da früher viel zu oft bei den Nazis das mit dem „über alles“ zusammen mit dem Horst-Wessel-Lied gesungen wurde.

Auf Betreiben der SPD wurden die Platten mit den drei Strophen 1976 übrigens eingesammelt. Das erzählt Heino nicht. Es folgt: eine Sekunde peinliches Schweigen.

Jahrzehnte nach diesem Einsammeln, just in dieser Runde und bei dieser einen Sekunde, sitzt die SPD-Bürgermeisterin von Berlin in spe im RBB und sagt dazu – nichts.

Es wäre eine poignante Möglichkeit gewesen, sich in diesem Moment als Demokratin zu positionieren, so wie dies ihre Par­tei­ge­nos­s*in­nen und Willy Brandt 1976 getan hatten. Aber auch das Nichts der anderen in der Talkrunde ist ein schlechtes Vorbild. Fürs Wegducken vor dem Großonkel Heino und seinen Storys.

Aber wenigstens kann man die Gelegenheit hier mit dem Hinweis nutzen, dass es da ja auch noch den Wahren Heino gibt, den Kreuzberger Sänger, der in seiner Äffung des echten Heinos auch mal eine Hymne auf Deutschland aufgenommen hat, im Original von Slime. Mit dem Refrain „Deutschland muss sterben, damit wir leben können“.

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