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Neue Waffensysteme der Bundeswehr140 Raketen für deutsche Drohnen

Die Bundeswehr bekommt erstmals Kampfdrohnen. Der Verteidigungssausschuss des Bundestags hat zugestimmt, Raketen für die ferngesteuerten Systeme zu kaufen.

Die Drohne Heron TP auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin Foto: CommonLens/imago

Berlin afp/taz | Der Verteidigungsausschuss des Bundestages hat am Mittwoch grünes Licht für die von der Bundesregierung geplante Bewaffnung der neuen Drohne Heron TP gegeben. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte für das politisch lange umstrittene Vorhaben, wie die Deutsche Presse-Agentur aus der Sitzung erfuhr. Der Haushaltsauschuss muss noch zustimmen.

Es geht um insgesamt 140 Raketen, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Parlamentskreisen erfuhr. Sie sollen binnen zwei Jahren geliefert werden. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf insgesamt 152,6 Millionen Euro.

Damit soll die Bundeswehr zum ersten Mal so genannte Kampfdrohnen erhalten. Für die parlamentarische Freigabe der Finanzmittel wählte die Bundesregierung unter Verweis auf die aktuell angespannte Sicherheitslage ein beschleunigtes Verfahren.

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine bestehe „dringender Bedarf“, die Bewaffnung der Drohnen „zeitnah“ in Auftrag zu geben, heißt es in einer als „VS – Verschlusssache“ eingestuften Vorlage des Bundesverteidigungsministeriums für den Ausschuss, die AFP vorliegt. „Um der neuen Bedrohung entgegentreten zu können, muss die Ausstattung der Bundeswehr daher unverzüglich ertüchtigt werden, wozu insbesondere auch die Bewaffnung der Heron-Drohnen vorangetrieben werden soll.“

Von den 140 anvisierten Raketen sind dem Beschluss zufolge 60 für Trainingszwecke vorgesehen, die restlichen 80 für den „operationellen Einsatz“. Die Raketen müssen bei dem Hersteller in Israel bestellt werden und sollen binnen zwei Jahren ausgeliefert werden. Der Bundestag hatte bereits im Jahr 2018 der Anschaffung israelischer Heron-TP-Drohnen zugestimmt – allerdings noch ohne Bewaffnung.

Langer Streit um die Raketen

Die Anschaffung bewaffneter Drohnen war im Grundsatz bereits von der früheren Bundesregierung aus Union und SPD beschlossen worden. Ende 2020 hatte die SPD dann aber ihre Zustimmung zu einer Bewaffnung der Drohnen verweigert. Danach lag das von der Bundeswehr gewünschte Projekt auf Eis. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP verständigten sich dann aber nach der Bundestagswahl 2021 in ihrem Koalitionsvertrag auf die Anschaffung noch in dieser Legislaturperiode.

Der Entwurf des SPD-geführten Verteidigungsministeriums für den Einsatz der bewaffneten Drohnen sieht nun strikte parlamentarische Vorgaben und strenge Vorschriften für den tatsächlichen Einsatz vor – dies stieß auf scharfe Kritik bei der Union, die von einer „Misstrauenserklärung gegenüber der Bundeswehr“ sprach.

Der Einsatz der bewaffneten Drohnen soll laut dem AFP vorliegenden Entwurf nur dann gestattet sein, wenn der Bundestag dies zuvor „explizit“ in dem Einsatzmandat gebilligt hat. Der Bundestag könne zudem dem Einsatz „durch den Einsatzauftrag, das Einsatzgebiet und die einzusetzenden Fähigkeiten“ Grenzen ziehen, heißt es darin.

Der Einsatz soll zudem unter strenger Berücksichtigung des Schutzes von Zivilisten erfolgen. In der Vorlage heißt es dazu: „Die Bekämpfung legitimer militärischer Ziele im bewaffneten Konflikt durch bewaffnete UAS (Drohnen) ist zu unterlassen, wenn zu erwarten ist, dass diese zu Verlusten an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, der Verwundung von Zivilpersonen, der Beschädigung ziviler Objekte oder zu mehreren derartigen Folgen zusammenführen, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen.“

Die oppositionelle Union begrüßte zwar die geplante Anschaffung der Kampfdrohnen – übte aber scharfe Kritik an den strengen Einsatzbestimmungen. „Nach dem Willen der Ampel-Fraktionen soll zukünftig das Parlament die operative Steuerung der Kampfdrohne übernehmen und der Truppe bis ins letzte Detail den taktischen Waffeneinsatz erklären“, erklärte Unionshaushälter Christian Haase (CDU). „Das kommt einer Entmündigung der Bundeswehr gleich.“

Die SPD-Abgeordnete Nina Scheer zählte pateiintern zu den Gegner der Bewaffnung. Sie sagte am Mittwoch der taz, man müsse nun „im Rahmen von Einsatzgrundsätzen Sorge dafür tragen, dass sich all die Gefahren, die gemeinhin aus der Kritik an den Drohnen identifiziert werden, nicht realisieren können“.

Nach dem Verteidigungsausschuss musste noch der Haushaltsausschuss des Bundestags der Beschaffung zustimmen. Das Votum wurde für Mittwochnachmittag erwartet.

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14 Kommentare

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  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    140 Raketen für 150 Millionen.. also, seien wir mal großzügig, Stückpreis 1 Million

    Ich glaube da hat sich ein Unternehmen gesundverdient. Wenn man dann noch den Stückpreis der Schultergestützten Raketen ins Verhältnis setzt, habe ich doch wieder Hoffnung das die 100 Mrd nicht in einer anständig ausgestatteten Armee enden.

  • Der erste der damit umgelegt wird wohl jemand aus den Nahen Osten oder aus Afrika sein, aber kein Russe.

  • 80 scharfe Schuss.



    Wie viele Tage das wohl im V-Fall hält?

    Ich hoffe mal, das ist nur die diesjährige Bestellung und keine PR-Aktion o.Ä.

  • Na ja, Augen zu und hoffen das alles gut geht hat sich ja nicht ausgezahlt. Es wird Zeit, dass die Bundeswehr besser aufgestellt wird.

  • 140 Raketen. Schön abgezählt. Wollen wir hoffen das Putin nicht aus lauter Bosheit 141 Panzer schickt.

    Sorry, wir machen uns ja lächerlich. Mal wieder!

    wobei... wenn die 5 für teuer Geld angemieteten Dinger (echt? diese größeren Modellflugzeuge muss man extern kaufen bzw. mieten? gehts noch?) am ersten Tag dann zerstört werden, brauchen wir die Raketen vielleicht gar nicht.

    • @danny schneider:

      Die Panzer brauchen Sprit und Munition, die Crews Essen, und die Treibstoff und Transport LKWs kann man damit gut zerstören. Dann stehen die Panzer in der Pampa und man ruft die Artillerie, machen die Ukrainer gerade erfolgreich.

    • @danny schneider:

      Keine Sorge, Israel Aerospace Industries als Leasinggeber ist vertraglich verpflichtet, zerstörte Maschinen zu ersetzen. Die BW hat schon ein paar kaputt gemacht...

      Natürlich hätte man die kaufen sollen, das wäre auch viel billiger auf Dauer gewesen. Aber die SPD wollte keine kaufen, wenn man sie least ist das moralisch dann irgendwie weniger schlimm und Teile der Union wollten unbedingt europäische Drohne, Schlüsseltechnologie und so.

      Die Euro Hawk endete in einem Millionendesaster und wurde nie in Dienst gestellt und die seit Jahren von Airbus und Leanordo entwickelte EuroMALE ist noch nicht fertig und wird frühestens 2028 ausgeliefert, davon haben wir 21 Drohnen bestellt.

  • Beziehen wir die Raketen ebenfalls über Airbus zum zehnfachen Preis, oder ist die Beschaffungskriminalität seit der Versetzung von Flinten-Uschi nach Brüssel etwas zurückgegangen? ^^

    Die Bewaffnung der Drohnen richtet sich laut Verteidigungsministerium btw. explizit gegen "weiche Ziele" (Busse, Personen), gegen die "neue Bedrohung" aus dem Osten also witzlos. Was wenig verwunderlich ist - Primärziel der Entwicklung waren schliesslich palästinensische Steinewerfer und irgendwelche Terroristen und "Terroristen" in Ländern, die auch für russische Panzer zu arm sind...

  • 140 Raketen und davon gerade 80 für den „operationellen Einsatz“. So viele werden in Ukraine wahrscheinlich an ein, zwei Tagen verbraucht.

    Man muss wohl weiter hoffen, dass die deutsche Armee niemals in größere kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt wird, weil sie überhaupt nicht abwehrbereit ist.

    • @gyakusou:

      Das erinnert mich daran wie sie uns damals in der NVA gesagt haben die Aufgabe der Bundeswehr sei nur die NVA für einige Tage zu beschäftigen bis die echten Armeen zum Einsatz kommen.

  • kurz - Die Zeit der Scham ist vorbei •



    Mit Norman Mailer - “PERVERS!“

    unterm——- servíce—-



    20 Jahre Nato-Angriff auf Serbien: Örtlich gebombt



    Vor 20 Jahren trieb die rot-grüne Regierung Deutschland in den Kosovokrieg. Ein Präzedenzfall, der die Welt veränderte.



    taz.de/20-Jahre-Na...-Serbien/!5579713/

    Na Mahlzeit

    • @Lowandorder:

      Von meinem Wohnort aus sind es nur ziemlich genau 650km bis in die Ukraine. Vielleicht können wir uns ja langsam nicht mehr den Luxus erlauben absichtlich eine nicht handlungsfähige Armee zu haben, nur um der Welt unsere moralische Überlegenheit zu demosntrieren während unsere Nachbarn überfallen werden ohne das wir zur Hilfe kommen könnten?

      • @Šarru-kīnu:

        Wie schade - wa!

        Wenn ich die Militärexperten im around richtig deute! Gehen ehra & ehras Ko-experts Blütenträume noch nichemal in Erfüllung für diese Verteidigungsarmee des Grundgesetzes. Wollnichwoll.



        Sonn Pech aberauch! Newahr.



        Na - Aber Si’cher dat. Dat wüßt ich ever.



        Da mähtste nix.



        Normal.

    • 9G
      97627 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Schlicht unausweichlich seit Aserbaidschan bewiesen hat, dass traditionelle Artillerie mit Dronen extrem effektiv ausgeschaltet werden kann und Russland seit Jahren seine Nachbarn angreift und ebenfalls in bewaffnete Dronen investiert und diese auch schon einsetzt.