Neue Masche der Banken: Kreditverweigerer beim Häuslebau
Verbraucher, die ein Immobiliendarlehen widerrufen, finden nur schwer eine neue Bank. Das ruft jetzt das Bundeskartellamt auf den Plan.
HAMBURG taz | Christian Schmid-Burgk sitzt in seinem Büro vor einer Wand – aus Kartons. Akten zu rund 21.000 Fällen reihen sich hinter ihm auf. Der Jurist bearbeitet Baufinanzierungen in der Verbraucherzentrale Hamburg. Die Antragsflut in seinem Büro besteht aus Widerrufen von Immobiliendarlehen. Denn Formfehler bei der Widerrufsbelehrung geben vielen Verbrauchern die Möglichkeit, viele Jahre nach Abschluss ihren Vertrag vorzeitig aufzulösen. Da früher die Zinsen weitaus höher waren, ist das mitunter sehr lukrativ.
Nach Einschätzung von Verbraucherschützern könnten zwei Drittel dieser Verträge in Deutschland fehlerhaft sein. Für Banken bergen sie ein Milliardenrisiko. Rund 850 Milliarden Euro haben sie an Krediten für den Wohnungsbau ausgeliehen. Wer jedoch seine Baufinanzierung widerruft, benötigt eine Anschlussfinanzierung – hier scheinen sich die Banken zu wehren. „Zunehmend mehr Kreditinstitute lehnen generell eine Immobilienfinanzierung bei Verbrauchern ab, die ihr Recht auf Widerruf bei einer anderen Bank oder Sparkasse wahrgenommen haben“, sagt Verbraucherschützer Hartmut Schwarz aus Bremen.
Zu den Verweigerern zählt die Bremer Verbraucherzentrale (VZ) unter anderem AXA, Deutsche Bank, ING-Diba, mehrere Sparkassen und die PSD in München. Diese hält eine Kündigung „nach einer unverhältnismäßig langen Zeit“ für einen Bruch der Vertragstreue. Andere von der taz befragte Institute wollen seit August gar keine Umschuldungen mehr finanzieren, halten ihre Verträge für korrekt oder ziehen sich auf Einzelfallentscheidungen zurück.
Mittlerweile beschäftigt sich das Bundeskartellamt in Bonn mit dem Fall. Ein Sprecher des Amts sagte der taz, es habe offensichtlich „irgendeine Form von Kommunikation gegeben“. Doch ein Nachweis sei schwierig, und es sei fraglich, ob dies kartellrechtlich zu ahnden sei. Ob Ermittlungen aufgenommen werden, sei noch nicht entschieden. Branchenkenner weisen aber darauf hin, dass es weiterhin genügend Banken gebe, die günstige Anschlussfinanzierungen verkaufen.
Den Anstoß für die Widerrufswelle hatte zunächst ein Bericht des ARD-Wirtschaftsmagazins „Plusminus“ gegeben. Das Magazin berichtete über hohe Entschädigungsforderungen von Banken bei vorzeitig beendeten Immobilienkrediten – und dass bei einer Vielzahl von Baudarlehen die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei. Dann dürfe die Bank nicht einmal eine Vorfälligkeitsentschädigung für entgangene Zinsgewinne verlangen.
Viele verunsicherte Verbraucher suchten nach der Ausstrahlung Hilfe. „Das sprengt alles, was wir bisher erlebt haben“, sagt etwa der Jurist Schmid-Burgk. Niels Nauhauser von der VZ Baden-Württemberg hat allein 600 Fälle in diesem Jahr bearbeitet. Er setzt auf Kompromisse, um den Verbrauchern langwierige Gerichtsverfahren zu ersparen. „Wir nutzen die Formfehler der Banken, um die Vorfälligkeitsentschädigung für die Kunden zu senken.“ Oft gelinge es, die Entschädigungszahlung zu halbieren.
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