Kommentar Dispozinsen: Verantwortung wird abgeschoben
Der Dispozinssatz ist eine Sauerei. Eine Deckelung muss her. Aber das ist nicht das einzige Problem im Verhältnis von Banken zu Konsumenten.
A bzocke. So darf man es getrost nennen, was Banken mit ihren Dispozinsen betreiben. Zinshöhen weit jenseits des Leitzinses und das bei einem deutlich niedrigeren Ausfallrisiko als bei gängigen Konsumentenkrediten. Höchste Zeit also dass der Gesetzgeber hier eine Deckelung einbaut – etwa mit einer Kopplung an den Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen.
Doch an Wucher grenzende Dispozinsen sind nicht das einzige Problem im Verhältnis von Banken und Kunden. Da ist etwa die mangelhafte, häufig falsche Beratung, wenn es um Geldanlagen geht, und der Versuch, sich dennoch jeder Haftung zu entziehen. Da ist der Umgang mit jenen, die überhaupt kein Konto bekommen, obwohl sie gern eines hätten – und vor allem brauchen. Trotz Selbstverpflichtung ist das sogenannte Konto für jedermann immer noch kein Konto für jeden.
Und da sind – mehr als ein Jahr nach den ersten Snowden-Enthüllungen – reihenweise Banken, die beim Onlinebanking auf veraltete und knackbare Verschlüsselungsmechanismen setzen und so ihre Kunden in Gefahr bringen. Aber es scheint den Verantwortlichen lieber zu sein, gegebenenfalls unbefugt abgeräumtes Geld zurückzuerstatten, als die eigenen Server auf den neuesten Stand zu bringen.
Das klingt bekannt? Stimmt, aus anderen Branchen, in denen es darum geht, möglichst viel aus den Kunden herauszuquetschen. Und auch bei den Banken ist es so: Wer ein besseres Angebot sucht, muss schon selbst ganz tief wühlen. Vor allem, weil das Verbraucherschutzministerium lieber auf harmlose Maßnahmen, wie ein bisschen Information für Kunden im Dispo, setzt und die Verantwortung damit an diese weitergibt. Verbraucher sind eben nicht nur bei den Banken Nebensache. Sondern auch in der Politik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett