Neue Justizministerin zur Wohnungskrise: Lambrecht nicht gegen Enteignungen

SPD-Bundesministerin Christine Lambrecht will private Wohnungsvermieter notfalls enteignen. Beifall kriegt sie dafür von der Linkspartei.

Christine Lambrecht am Rednerpult des Bundestags. Sie wird unscharf durch eine Glaswand gespiegelt

Erstmal will Christine Lambrecht nur die Mietpreisbremse verschärfen Foto: dpa

BERLIN afp | Die neue Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hält die Enteignung privater Wohnungsbaugesellschaften unter bestimmten Bedingungen für geboten. Es gehe darum, Menschen zu helfen, „die dringend auf eine bezahlbare Wohnung angewiesen sind oder nicht wissen, ob sie sich ihre Wohnung in Zukunft noch leisten können“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Ministerin wies darauf hin, dass das Grundgesetz Enteignungen zulasse. „Die Frage ist, wann sie sinnvoll sind“, sagte Lambrecht. „Denn nur dann, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, können Enteignungen das richtige Mittel sein.“

Den Kritikern von Enteignungen entgegnete Lambrecht: „Was heißt da Sozialismus? Die Enteignung ist eine Möglichkeit, die im Grundgesetz verankert ist.“ Sie glaube allerdings, dass sie „immer die Ultima Ratio – das letzte Mittel – sein“ müsse. „Deswegen loten wir alle Möglichkeiten aus, um die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern.“

Lambrecht kündigte einen Gesetzentwurf zur Verschärfung der Mietpreisbremse für diesen Sommer an. Es gehe darum, das Instrument weiterzuentwickeln. „Zum Beispiel sollen Mieter zu viel gezahlte Miete zurückverlangen können – und zwar ab Beginn des Mietvertrags“, sagte sie. „Bis zum Spätsommer will ich hierzu den Gesetzentwurf ins Kabinett bringen, mit dem ich anschließend in das parlamentarische Verfahren gehen kann.“

Zugleich zeigte sich die Ministerin offen für die Einführung einer Baupflicht, wie sie etwa im grün regierten Tübingen gilt. „Wir müssen prüfen, ob das geltende Baugebot ausreicht“, sagte Lambrecht. „Eine Baupflicht nach dem Tübinger Modell kann eine Möglichkeit sein, Menschen mit Baugrundstücken zum Handeln zu bewegen.“

Christine Lambrecht, Bundesjustizministerin

„Was heißt da Sozialismus? Die Enteignung ist eine Möglichkeit, die im Grundgesetz verankert ist“

Der Linken-Chef Bernd Riexinger begrüßte die Äußerungen der neuen Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zu Enteignungen. Er freue sich, dass Lambrecht die Möglichkeit einer Enteignung privater Wohnungsbaugesellschaften – wenn auch nur als Ultima Ratio – in Betracht ziehe, sagte Riexinger am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. „Gerade die großen Immobilienkonzerne sind Mietpreistreiber Nummer 1. Bezahlbares Wohnen ist jedoch eine öffentliche Aufgabe“, hob Riexinger hervor.

Der Linken-Chef fügte hinzu, die Forderung nach Enteignung sei „richtig, da sie den Konzernen aufzeigt, dass Wohnen kein Spekulationsgut und eine Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit möglich ist“. Zugleich kritisierte er die Ankündigung Lambrechts, die Mietpreisbremse verschärfen zu wollen. Dieses Instrument sei ein „zahnloser Tiger“, sagte Riexinger. Als positives Beispiel für „konsequentes Handeln“ nannte er die Stadt Berlin: „Der Mietendeckel ist ein guter Anfang, um den Mietenwahnsinn zu beenden.“

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