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Neue Idee für Berliner MietenmarktVermieter richtig deckeln

Kann das Land Berlin definieren, welche Vermieter am Markt teilnehmen können? Ein neuer Expertenvorschlag könnte Dynamik in die Frage bringen.

Spekulationsobjekt: Mie­te­r:in­nen wehren sich 2018 gegen einen Verkauf an die Deutsche Wohnen Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

Berlin taz | Spricht man in diesen Tagen mit Wohnungsmarkt- und Mie­ten­ex­per­t:in­nen über gesetzliche Möglichkeiten, den anhaltend ungebremsten Mietpreissteigerungen entgegenzuwirken, werden die Antworten sehr schnell dünn. Da wird die Hoffnung formuliert, das Vorkaufsrecht würde wiederhergestellt werden, verwiesen wird auf vermeintliche Wirkungen des Zweckentfremdungsverbots – oder noch kühner – der Mietpreisbremse. Ehrlicherweise müsste man feststellen: Die Politik, zumal die Landespolitik, hat Mie­te­r:in­nen derzeit nichts anzubieten.

Umso mehr ist die Politik auf Ideen von außen angewiesen, wie einst beim Mietendeckel, der über einen Beitrag des Bezirksamtsmitarbeiters Peter Weber in der JuristenZeitung seinen Weg in die Politik fand. Nun ist ein neuer Artikel erschienen, zunächst im Fachmagazin Wohnungswirtschaft und Mietrecht, dann auf dem Verfassungsblog, der einer Debatte um eine aktive Wohnungsmarktpolitik ganz neuen Schwung geben könnte. Geschrieben hat ihn – sowie ein dazugehöriges 50-seitiges Rechtsgutachten – Stefan Klinski, Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.

Die Idee: Über eine Marktzugangsbeschränkung wird geregelt, wer am Wohnungsmarkt teilnehmen darf – und wer nicht. Klinski schlägt vor, mithilfe eines Landesgesetzes diejenigen Unternehmen auszuschließen, „die aufgrund ihrer Rechtsform oder ihres Geschäftszwecks besonders starken Preiserhöhungsdruck verursachen“. Also „insbesondere Unternehmen, deren eigene Anteile an einem Kapitalmarkt gehandelt werden (typischerweise börsennotierte Aktiengesellschaften, Hedgefonds, Immobilienfonds) sowie Unternehmen verschiedener Rechtsformen mit intransparenten Eigentumsverhältnissen und/oder Gewinnverlagerung in Steueroasen“.

Umgekehrt heißt das: Als Marktteilnehmer berechtigt sind jene Akteure, die ein Allgemeinwohlinteresse erfüllen, damit „der Wohnungsmarkt seiner gesellschaftlichen Aufgabe gerecht werden kann, bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen und zu erhalten“. Ein Unternehmen wie Heimstaden allerdings, das hierzulande nicht an der Börse notiert ist, wäre nicht betroffen.

Rein profitorientierte Akteure müssten Wohnungen verkaufen

Geregelt werden könne die Marktzugangsbeschränkung durch eine Genehmigung, die jeder beantragen muss, der in Berlin Wohnungen vermietet oder vermieten will. Um einen Übergang zu gewährleisten, schlägt Klinski eine Frist vor, genannt ist ein Zeitraum von fünf bis sieben Jahren, in denen rein profitorientierte Akteure ihre Wohnungen verkaufen müssten.

Im Gespräch mit der taz sagt Klinski, die Idee sei ihm gekommen, da das Instrument Marktzugangsbeschränkung in anderen Wirtschaftsbereichen, etwa im Bankenwesen, der Energiewirtschaft oder dem Personennahverkehr, „lange bekannt ist, nur am Wohnungsmarkt noch nie diskutiert worden“ sei. Anfangs sei er selbst „skeptisch“ gewesen, ob die Idee tragfähig ist – bis er eine „ordentliche Rechtsprüfung“ durchführte. Fazit: Gegen das Konzept stünden „weder verfassungsrechtlich noch EU-rechtlich ernstliche Bedenken“; auch sei den Unternehmen der Schritt „zuzumuten“.

In anderen Wirtschaftsbereichen, etwa im Bankenwesen, ist das Instrument der Zugangsbeschränkung schon bekannt

Anders als der Mietendeckel würde Klinskis Vorschlag nicht in Regelungen zum sozialen Mietrecht eingreifen. Weder werden Miethöhen vorgeschlagen noch Abschlüsse von Mietverträgen geregelt – hier hatte das Bundesverfassungsgericht eine Länderzuständigkeit verneint. Stattdessen geht es um öffentliches Wohnungsrecht, wo die Kompetenz weiter bei den Ländern liege. Denn die Frage, wer am Wohnungsmarkt teilnehmen könne, sei nie Gegenstand mietrechtlicher Bestimmungen des Bundes gewesen.

Die Mieten würden infolge des Gesetzes „nicht automatisch“ sinken, so Klinski, aber geschaffen wäre die Grundlage dafür. Denn die Mietpreisexplosion in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten ist erheblich beeinflusst durch die Finanzialisierung des Wohnungsmarktes, also dem Auftreten börsennotierter Wohnungskonzerne, deren Wert sich nicht anhand der Immobilien, sondern ihrer Aktienkurse bemisst und die der Anreizdynamik zur Ertragsoptimierung unterliegen.

Es sei verhältnismäßig, diese Player auszuschließen, da sie „weder auf einen bestimmten lokalen Markt noch überhaupt auf den Wohnungsmarkt angewiesen“ sind, um ihr Kapital anzulegen, so Klinski. Gleichwohl handele es sich dabei um „einen schwerwiegenden Eingriff in Grundrechtspositionen der betroffenen Unternehmen“, da die Wahrnehmung ihres Geschäftsmodells verunmöglicht werde. Klinski rechnet daher mit einer „besonders strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung“ durch das Bundesverfassungsgericht, der er das „überragend wichtige Gemeinschaftsgut“ des in der Berliner Verfassung garantierten Rechtes auf Wohnen entgegenstellt.

Enteignung, aber anders

Seinen Vorschlag bezeichnet er als „mögliche Kompromisslösung in der Debatte um die Vergesellschaftung“. Diese sei „alles andere als sicher“, auch müsse der Staat bei seiner Idee kein Geld für Entschädigungen in die Hand nehmen. Dagegen kämen landeseigene Wohnungsbaugesellschaften als Käufer für die zu veräußernden Bestände der Privaten infrage, ebenso aber auch nicht börsennotierte Privateigentümer, Genossenschaften oder Mietergemeinschaften. Spekulative Preise dürften sich ohne kapitalmarktbasierte Unternehmen als mögliche Käufer kaum erzielen lassen.

In Kreisen progressiver Miet­recht­le­r:in­nen wird Klinskis Vorschlag bereits heiß diskutiert, und auch die Politik hat die Idee erreicht. Die Mietenexpertin der Grünen, Katrin Schmidberger, spricht von einem „sehr interessanten Vorschlag, der versucht, das Problem an der Wurzel zu packen“ und der auch als „Ergänzung zur Vergesellschaftung“ gedacht werden könne. Die rot-grün-rote Koalition sei verpflichtet, „alle Instrumente zu prüfen, die den Wohnungsmarkt entspannen können“. Klinskis Vorschlag bringe hier „eine neue Dynamik“. Schon bald soll es laut Schmidberger zu einem Treffen wohnungspolitischer Expert:innen, Ju­ris­t:in­nen und Fachpolitikerinnen der Koalition kommen.

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22 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die Idee eines Wirtschaftsprofessors mit dem Spezialgebiet Umweltrecht von der renimierten HWR Berlin als Expertenvorschlag zu bezeichnen hat schon etwas für sich. Ich vermute, das das einzige was nicht dem GG entgegensteht, ist sein Recht auf freie Meinungsäusserung.

  • DW + Co müssen vom Markt verschwinden.



    Das alte Modell der Betriebswohnungen sollte reaktiviert werden.



    Es gibt viel, viel zu tun.



    Allerdings muss auch das Hase-Igel-Spiel aufhören. Es ziehen viel zu viele Menschen in diese Stadt.



    Begrenztes Zuzugsverbot!

    • @cuba libre:

      "Begrenztes Zuzugsverbot!"

      Der Zuzug und die Entwicklung, dass die Menschen immer mehr Wohnraum nutzen, sind das eigentliche Problem.

      Hinsichtlich des Zuzugsverbotes kann man das Rechtsgutachten von Herrn Prof. Dr. Stefan Klinski mit sehr geringem Aufwand abändern.

      Es müsste eine gesetzliche Marktzugangsbeschränkung eingeführt werden, welche eine Vermietung an Personen, die sich noch nicht länger als sechs Jahre in Berlin aufhalten, verbietet. Ausnahmen lediglich für Studentenwohnheime und Co. Dies kombiniert mit einer gesetzlich definierten Maximalfläche bei Neuvermietung und wir wären einen großen Schritt weiter.

  • Wenn irgendjemand gezwungen werden sollte, allein aufgrund seiner Gewinnerzeilungsabsicht oder seiner Gesellschaftsform sein Eigentum zu veräußern, dann liegt die Rechtswidrigkeit des Vorhabens bereits auf der Hand.

    Angesichts des Debakels um den Mietendeckel sollten solche offensichtlich rechtswidrigen doch bitte nicht weiter in die Öffentlichkeit getragen werden; sonst kommt noch irgendein Politiker und will dies umsetzen.

    Btw, was wurde auch Herrn Peter Weber?

    • @DiMa:

      Da schreibt der Autor 50 Seiten und hat von Artikel 3 GG scheinbar noch nie was gehört.

      Weshalb sollte ein Eigentümer in Form einer AG schlechter gestellt werden als ein privater Eigentümer? Beide haben in der Regel Gewinnerzielungsabsicht.

      • @DiMa:

        Eine typische Juristenantwort.

        Der Miet-Wohnungsmarkt, die Krankenhäuser, die Kitas - dürfen NICHT dem freien Markt zur Verfügung stehen.



        Ist das so schwer zu begreifen??????

        • @cuba libre:

          dann muss der Staat einfach mehr bauen.



          Macht er aber nicht ...

          • @Herr Lich:

            Ich bin nicht der Meinung, dass der Senat eine gute Politik macht.



            Vor allem die Grünen sind in dieser Stadt eine einzige Katastrophe.

  • "Ein Unternehmen wie Heimstaden allerdings, das hierzulande nicht an der Börse notiert ist, wäre nicht betroffen."

    Also wenn ich DW wäre, würde ich alles an Heimstaden verkaufen. Und dort mitverdienen.

  • Ich bin entsetzt, was für einen Stuss sich manche Politiker einfallen lassen!

    Durch das Beschränken der Marktakteure - sei es durch das Verbot von Gewinnausschüttungen oder Mietpreisbremse - wird keine Wohnung mehr entstehen. Wenn das Marktumfeld sich verschlechtert, wird einfach woanders investiert. Ganz einfach.

    Bei allen tollen Ideen, die in Berlin vorgeschlagen werden, vergessen die Politiker auch die Ausweichreaktionen: z.B. wird dann nicht mehr saniert sondern die Besitzer lassen die Häuser verfallen, schlichtweg weil sich es sich die Besitzer nicht leisten können.

    Teilweise muss man den Bewohnern auch selbst Vorwürfe machen: Warum zieht ihr nach Berlin, wenn doch klar ist, dass dort Wohnungsmangel herrscht? Aber ist ja so schön hipp hier!

    Einen vernünftigen Vorschlag, wie man den Wohnungssuchenden und Wohnungsbesitzern gerecht werden kann, kann ich übrigens auch nicht geben. Nur die meisten Vorschläge, die ich bisher gehört habe, sind einfach nur sozialistische Planwirtschaft, die nicht weiter helfen.

    • @RayVelo:

      .....wird keine Wohnung mehr entstehen.



      Brav die Parole übernommen!

      "Wenn das Marktumfeld sich verschlechtert, wird einfach woanders investiert. Ganz einfach."

      Na hoffentlich, das ist die Chance, diese Spekulanten in Nadelstreifen vom Wohnungsmarkt zu fegen.



      Die Rüstungsindustrie soll ja derzeit ziemlich profitabel sein.

      Teilweise muss man den Bewohnern auch selbst Vorwürfe machen:



      Genau! Die Mieter sind selbst schuld!!!Wer auch sonst!

      "....die ich bisher gehört habe, sind einfach nur sozialistische Planwirtschaft, die nicht weiter helfen."



      Ach waren das Zeiten als man den Gegner noch anbrüllen konnte - GEH DOCH RÜBER!

      Es ist wahr, Honecker und Co. haben dem Gedanken des Sozialismus enorm geschadet.



      Es lebe der dumpfbackige Kapitalismus.

      • @cuba libre:

        was ist denn ihr Vorschlag?



        Nehmen wir an, alle Kapitalisten werden erfolgreich vom Berliner Wohnungsmarkt ausgeschlossen. Was dann?

        • @Herr Lich:

          Darum geht es nicht, sondern um die Macht, die profitgeile Konzerne unweigerlich haben.



          Gleiches gilt für Krankenhäuser, Kitas, etc.

  • Will die Ampel hier nichts tun? Über die Besteuerung zum Beispiel? Man könnte zum Beispiel die Gewinnausschüttung für zehn Jahre verbieten so dass es sich nicht lohnt kurzfristig spekulativ in großen Immobilienkonzerne zu investieren?

    • @Doktor No:

      Ein Gewinnausschüttungsverbot dürfte vor dem Bundesverfassungsgericht keine Chance haben. Das Gleiche gilt für eine Gewinnabschürfung durch den Staat.

      Ich glaube übrigens nicht, dass die Schuld für hohe Mieten bei den großen Immobilienkonzernen liegt. Die schwimmen doch bloß mit dem Strom.

      Es geht hier tatsächlich um Angebot und Nachfrage. Wichtig ist also, dass neue Wohnungen auf den Markt kommen, egal ob von einem einzelnen Investor, einer Genossenschaft oder einem Konzern. Wenn man den Gedanken weiter spinnt, sollten wir doch froh sein, dass Großkonzerne investieren. Jede Wohnung mehr reduziert den Druck auf die Mieten! Leider verstehen das viele nicht.

      Es mag natürlich Sinn machen, wenn Städte in Wohnraum, vor allem Sozialwohnungen investieren. Dabei besteht aber immer die Gefahr, dass weitere Ungerechtigkeiten entstehen, wie man es am Beispiel Wien sieht. Dort würden viele Mieter z.B. gerne aus ihren großen Stadtwohnungen in kleinere ziehen, wären dann aber von extremen Mietsteigerungen betroffen.

      • @RayVelo:

        Ist ihnen jemals der Gedanke gekommen, dass unser Rechtssystem schön auf die kapitalistische Wirtschaft zugeschnitten wurde?



        Die größten Sauereien sind im Namen unserer Demokratie möglich.

  • Das Problem löst sich wahrscheinlich in den nächsten Jahren von selbst da jetzt endlich die Leitzinsen erhöht werden. Damit werden für institutionelle Anleger andere Anlageformen als Immobilien wieder interessanter und die größten Preistreiber verabschieden sich von selbst aus dem Markt. Habe mich schon immer gefragt warum die Politik den Wählern nicht ehrlich gesagt hat, dass das Eintreten der großen Haie (Fonds usw.) in den deutschen Immobilienmarkt etwas mit der eigenen Zinspolitik zu tun hatte. Die Neidkampagnen der letzten Jahre gegen Vermieter waren aber sicher einträglicher bei der Requirierung neuer Wählerpotentiale als das Eingestehen der eigenen Verantwortung. Stattdessen wurde dem deutschen Michel jahrelang erzählt die Niedrigzinspolitik sei eine Frage europäischer Solidarität und würde uns ja nichts kosten. So wurden dann die Heuschrecken eingeladen den zugegebenermaßen wirklich unterbewerteten deutschen Immobilienmarkt aufzurollen.

    • @Šarru-kīnu:

      Sie sprechen von der SPD!

  • "in denen rein profitorientierte Akteure ihre Wohnungen verkaufen müssten"

    Eine schöne Idee. Hoffentlich wird auch was draus - nicht nur in Berlin.



    Meine Befürchtung ist allerdings, dass die Winkeladvokaten der jeweiligen Profitmaximierungsfirmen durch ein trickreiches Netzwerk aus Firmen, GmbHs, Vereinen etc. ihre Beteilung so verschleiern werden, dass am Ende ein gemeinnütziger Verein als Fassade Wohnungen hält, die hintenrum dann doch wieder einem Immobilienhai gehören.

    • @Jalella:

      Mit den "Winkeladvokaten" ist so manche Sauerei möglich.



      Wieso gibt es eigentlich immer noch Konten deutscher Firmen z.B. auf den Kayman-Islands?



      Ach so...das nennt man Freiheit, die freie Wahl.



      Was wir dringend brauchen sind Steuerfahnder. Zudem muss das deutsche Finanzsystem gründlichst ausgemistet werden.



      Bierdeckel??? Schöne Scharade.

    • @Jalella:

      "Eine schöne Idee. Hoffentlich wird auch was draus - nicht nur in Berlin."

      Leider kann ich deinen Gedankengang nicht verstehen. Was bringt es, wenn Wohnungen - meinetwegen durch Enteignung - den Besitzer wechseln? Es entstehen dadurch ja keine Neuen.

      An dieser Stelle übrigens einen schönen Dank an die taz-Redaktion, die hier einen guten Moderationsjob macht!

  • "Die Politik, zumal die Landespolitik, hat Mie­te­r:in­nen derzeit nichts anzubieten."

    Das stimmt. RGR schafft es einfach nicht, Wohnungen zu bauen oder bauen zu lassen. Auch sind sie nicht dazu in der Lage, Bauland auszuweisen. Eigentlich traurig, dass sie immer weiter versuchen, Vermieten zu verhindern, damit noch weniger Mietwohnungen angeboten werden.