Neue Flüchtlingsbeauftragte im Norden: Die Systemkennerin
Doris Kratz-Hinrichsen wird neue Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen in Schleswig-Holstein. Ihr Ziel: Beratung für die Politik.
Nach der einstimmigen Wahl gab es Applaus, Blumen und eine Umarmung der Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) für Doris Kratz-Hinrichsen, die neue Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen in Schleswig-Holstein. Die 52-Jährige löst nun Stefan Schmidt auf dem Posten ab.
Schmidt, ehemaliger Kapitän des Hilfs- und Hospitalschiffs „Cap Anamur“, rettete 2004 mehrere Dutzend Menschen aus Seenot im Mittelmeer und wurde dafür von einem italienischen Gericht verurteilt, der Vorwurf lautete auf Schleusung. 2009 wurde er freigesprochen, 2011 wählte das Schleswig-Holsteinische Parlament ihn zum Flüchtlingsbeauftragten und bestätigte ihn 2017 in dem Ehrenamt. Nun geht der 82-Jährige in den Ruhestand.
Nicht auf Schiffsplanken, sondern auf Podien, bei Gesprächen hinter den Kulissen oder in Tagungsräumen setzte sich Doris Kratz-Hinrichsen, bisher Referentin des Diakonischen Werks Schleswig-Holstein, für Asylsuchende ein.
Und nicht nur für sie: Das von ihr geleitete Team deckt ein breites Themenspektrum von Armut bis Straffälligenhilfe ab. So nahm sie an den Treffen der „Praxen ohne Grenzen“ teil, die sich um Menschen ohne Versicherung kümmern, war Mitglied in der Härtefallkommission, der letzten Chance für Geflüchteten in besonderen Situationen, oder saß im Beirat des Abschiebegefängnisses.
Kratz-Hinrichsen organisierte Veranstaltungen zu Spezialthemen wie „Behinderung und Flucht“ oder „Krankheit im Asylverfahren“ – und räumte dabei mit dem populistischen Klischee auf, Menschen würden gezielt in deutsche Sozialsysteme einwandern: Der Anteil Kranker oder Behinderter unter den Geflüchteten ist identisch mit dem in der restlichen Bevölkerung, so ein Ergebnis ihrer Untersuchung.
Ruhig und sachlich
Ruhig, sachlich, mit guten Argumenten setzt sie sich für Menschen in Not ein. Wichtig ist ihr dabei aber, „alle Stimmen ernst zu nehmen, auch die besorgten“, sagte sie dem NDR. In ihrer Tätigkeit habe sie gelernt, „jeden zu nehmen, wie er ist, und Gemeinsamkeiten zu erkennen: Ich bin halt Sozialarbeiterin.“
Die Mutter zweier Kinder hat in Bremen Soziale Arbeit studiert, seit 1995 arbeitet sie in Schleswig-Holstein, zunächst als Beraterin beim Migrationsfachdienst in Pinneberg, dann im Migrationsfachdienst Rendsburg. Seit 2005 war sie beim Diakonischen Werk.
Geht es nach ihr, soll das Büro der Flüchtlingsbeauftragten in Kiel eine Beratungsstelle für die Politik werden. Schließlich würden sie und ihr Team die „Systeme sehr gut kennen und wissen, welche Weichenstellungen wir vornehmen müssen, damit es gut gelingt, dass Menschen, die hierher kommen, gut begleitet und integriert werden – und auch, wenn der Weg hier zu Ende ist, gut zurückkehren können“.
Zudem wolle sie viel im Land unterwegs sein, um zu „wissen, was vor Ort los ist“. Das sei gerade angesichts der neuen Herausforderungen und Veränderungen in der Gesellschaft wichtig. Aber sie ist optimistisch: „Wir sind ja das Land mit den glücklichsten und den entspanntesten Menschen. Und wir haben gute Strukturen.“
Erstmals ist das Amt der Flüchtlingsbeauftragten hauptamtlich – Vorgänger Schmidt lehnte eine Bezahlung für sein Engagement ab.
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