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Netzkampagne gegen die BundeswehrMach, was zählt

Mit einer hippen Kampagne im Wert von 10,6 Millionen Euro wollte die Bundeswehr ihr Image aufbessern. Jetzt gibt es einen kleinen Aufstand im Netz.

Ein mancher wird das wohl mit einem Ja beantworten. Screenshot: www.machwaszaehlt.de

BERLIN taz | „Wir kämpfen auch dafür, dass Du gegen uns sein kannst. Mach, was wirklich zählt!“ Das ist nur einer der Sprüche, mit denen die Deutsche Bundeswehr seit kurzem offensiv im Rahmen einer 10,6 Millionen Euro teuren Werbekampagne für sich wirbt. Für die Karrierechancen beim Militär. Für die Friedensarbeit Deutschlands. Für den Einsatz in Kriegsgebieten.

Schön gemacht, oder?

Im Netz wird diese Kampagne seit Montagmorgen nun scharf attackiert – und mit einer Camouflage aufs Korn genommen. Denn während die bereits auf Irritation angelegte Kampagne der Bundeswehr auf eine Webseite führte, von wo aus interessierte Nachwuchsmilitärs sich gleich einen Termin für ein Bewerbungsgespräch organisieren konnten, lädt die Camouflage der Bundeswehr-GegnerInnen auf folgende Homepage ein. Auf den ersten Blick sind die beiden Seiten schwer auseinanderzuhalten. Wie wurde das nur möglich?

Die Schwachstelle war ein Ä

Zwar hatten sich die Urheber der umstrittenen Bundeswehr-Kampagne zahlreiche Webseiten, die einen möglichen Kampagnenbezug haben könnten, vorsichtshalber registrieren lassen (zum Beispiel machwaszählt.de) – aber eben nicht alle. Das Berliner „Peng-Kollektiv“, ein Netzwerk von AktionskünstlerInnen und AktivistInnen, hatte eine Homepage gefunden, die noch frei war: machwaszaehlt.de.

Dort ist nun auf einer der Bundeswehr-Kampagnenseite in der Anmutung eben sehr ähnlichen Webseite zu erfahren, was aus Sicht der Kritiker bei der Armee passiert. Die Homepage empfängt ihre Besucher mit der Frage „Du glaubst, es ist cool Soldat/in zu sein?“ Dann listen die Bundeswehrkritiker etwa auf, in wie vielen Auslandseinsätzen das deutsche Militär sich derzeit befindet und wie viele Soldaten in den letzten Jahren ihr Leben verloren.

„Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Bundeswehr in Ihrer gesamten Kampagne nie Wörter wie ‚Tod‘, ‚Töten‘, ‚Sterben‘ oder ‚Krieg‘ verwendet“, sagt ein Sprecher des Peng-Kollektivs, der sich Phillip Fisch nennt. „Das wollen wir mit unserer Kampagne ausgleichen.“

Im Netz hat das Erfolg. Der Hashtag #machwaszaehlt schaffte es am Montag in die Top-Twitter Rankings in Deutschland gleich hinter #HelmutSchmidt – und hat sich seitdem verselbständigt. Inzwischen twittern Menschen unter dem Hashtag verschiedenste Formen der politischen und ästhetischen Kritik in Richtung Bundeswehr. Besonders beliebt sind Fotos von Hintern, die in die Kamera gehalten werden. Es kursieren im Netz zahlreiche weitere Abwandlungen von Plakaten der Bundeswehr-Kampagne. Einer der Sprüche: „Willst Du auch mal Zivilisten töten? Mach was zählt!“

Eine ordentliche Abrechnung lohnt sich nicht

Im Hintergrund der Aktion des Peng-Kollektivs steht übrigens eine sogenannte Agentur für die Zivilgesellschaft namens „Die Populistinnen“. Dahinter verbirgt sich eine auf zwei Jahre angelegte Kooperation zwischen dem Peng-Kollektiv und dem Schauspiel Dortmund, die wiederum mit 150.000 Euro von der Kulturstiftung des Bundes finanziert wird, um das Zusammenwirken von Stadttheatern und der freien Künstlerszene voranzubringen. Das Schauspiel Dortmund wirbt gerade offensiv in AktivistInnenkreisen für verstärkte Kooperationen. So hatten auch die AktionskünstlerInnen vom Zentrum für Politische Schönheit bereits eine Inszenierung in Dortmund realisiert.

Damit wird also die Anti-Bundeswehr-Kampagne direkt aus Staatsgeldern finanziert? Schön wäre es. Denn der Aufwand einer ordentliche Abrechnung lohnt sich hier nicht. Die ganze Anti-Bundeswehr-Kampagne, heißt es bei Peng, habe gerade mal rund 100 Euro gekostet.

Wenn das wahr ist, lässt sich zumindest eines sagen: Im Verhältnis zu den 10,6 Millionen Euro, die das Bundesverteidigungsministerium investierte, war dieses Geld wohl äußerst effektiv angelegt. Und alles nur wegen dem Ä.

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24 Kommentare

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  • Jetzt mal ganz ehrlich... wieder wurde jemand neues gefunden auf dem man bequem rumtrampeln kann. Die Bundeswehr ist ein normaler Arbeitgeber und die Beschäftigten dort sind Menschen, keine Monster. Nicht jedem mag die Arbeit einer Armee gefallen, aber was soll mir so eine Kampagne sagen? Wenn man wieder Elbflut ist oder andere Katastrophenfälle eintreten, dann sind die Jungs und Mädels wieder gut genug auch die Menschen die jetzt über sie lästern aus dem Dreck zu ziehen nicht wahr? Ein Staat oder ein Staatenverband braucht eine Armee. Das wird auch immer so sein. Alles andere ist Träumerei. Man darf anderer Meinung sein, das ist legitim. Aber lasst doch um Himmelswillen die Menschen in Ruhe! Das ist genauso hirnlos wie Polizistenbashing.

  • Kommentar entfernt. Bitte halten Sie ich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • Camouflage? Das passt zwar ganz gut zum Militärthema, aber ich vermute, es ist Persiflage gemeint.

  • Ich finde "Abwarten und Teetrinken" im speziellen Fall sogar sehr gut: Im Irak trinken sowohl Sunniten wie Schiiten gern Tee und es wäre eine gute Gelegenheit, bei einem solchen darüber zu beraten, wie schwachsinnig es ist, sich weiter von machtlüsternen Regionalmächten aufeinander hetzen zu lassen - und wie klug und nützlich, gemeinsam das Land wieder aufzubauen. Die Bundeswehr hat im Fall eines der schlimmsten derzeitigen Krisenherde also ins Schwarze getroffen. - Der TAZ gebührt deshalb immer noch nicht mein Dank, denn sie hat den falschen Spruch abgedruckt ... (Die spinnen, die von der TAZ-Anzeigenredaktion ... aber was hat die Redaktionsleitung dazu gesagt?)

  • Jaja. Der böse Pazifismus linker Gruppen. Und das, wo doch die "Realpolitik" der USA (e.g. Invasionen, Angiffskriege, Überfälle, Staatsterrorismus) gerade in der Region, die aktuell in aller Munde ist, so ungemein erfolgreich war. Erst die Unterstützung der Mujaheddin, ohne die es Al-Quaida nie gegeben hätte, dann der Angriff auf Afghanistan, der den nördlichen Teil der Region destabilisierte, dann der Angriff auf den Irak, ohne den es IS nie gegeben hätte.

    Und jetzt, wo dank der USA sowohl Al Qaida als auch der IS Terror in der gesamten Welt verbreiten, ist natütrlich irgendwie wer Schuld? die bösen linken Pazifisten. facepalm ...

  • Ich finde die Aktion sehr gut und gelungen, gerade wegen der sachlichen Darstellungsweise!

    Bei der BW-Kampagne fand ich den Spruch "Krisenherde löscht man nicht mit abwarten und Tee trinken" besonders schlimm: Beim ersten Hinsehen richtig, kann man nach kurzem Nachdenken nur sagen: "Krisenherde werden nicht durch militärisches Eingreifen gelöscht" (Irak, Afghanistan etc.).

    • @mBak:

      Nicht nur beim ersten Hinsehen, sondern auch bei genauerem. So ist der Irak ein ganz schlechtes Beispiel in diesem Zusammenhang, denn dort wurde nicht "eingegriffen" um eine Krise zu beenden", sondern hier fand ein völkerrechtswidriger Angriff auf einen souveränen Staat statt, der die Region erst in die Krise gestützt hat.

       

      Und eins ist 100% sicher: den Krisenherd "IS" wird man durch nichts anderes als ein konsequentes, internationales militärisches Eingreifen in den Griff bekommen. Jeder, der anderes denkt, ist (sorry, ganz klar gesagt) naiv.

      • @John Doe:

        Oh man, dass haben bei Afghanistan auch alle gesagt. Und wo ist man da nach über 10 Jahren?

         

        Im Irak müssen sich erstmal Schiiten und Sunniten einig werden und wenn man dabei hektoliterweise Tee trinkt. Bringt immer noch mehr als "konsequentes internationales militärischen Eingreifen". Was auch immer das sein soll.

  • Da glauben die Macher dieser "Kampagne" wohl, der Weltfrieden wäre in greifbarer Nähe, wenn es doch nur keine Bundeswehr mehr gäbe. Wahrscheinlich denken die auch, Wahnsinnige wie den IS oder die Taliban könnte man mit ein wenig Friedensblabla und Carepaketen zu aufrechten Demokraten machen. Und natürlich sind die richtig gut darin, ewige Diskussionen darüber zu führen, dass "der Ami" und "der Westen" und natürlich auch "Putin" und "der Russe" an allem schuld ist. Das hilft den Opfern radikaler Schergen ungemein.

     

    So, und nun viel Spaß beim linken Wutbürgern ;)

    • @John Doe:

      Mit Waffenlieferungen, Bombardements und dem Einsatz von Bodentruppen hat man aber auch schon lange niemanden mehr zu "aufrechten Demokraten" gemacht.

       

      Um das zu erkennen, da muss man weder links noch voller Wut sein. Offene Augen und ein gewisses Maß an Lesekompetenz reichen durchaus aus.

      • @anteater:

        Stimmt durchaus. Aber mit Verhandlungen, Friedensgesprächen, Kompromissangeboten und ähnlichem bla bla hat man Terrormilizen auch schon lange nicht mehr gestoppt. Speziell der IS hat überhaupt kein Interesse an friedlichen Lösungen und versteht nur eins: Gewalt!

         

        Das zu erkennen, fällt offenbar vielen Menschen schwer. Hier geht es nicht um Kriegstreiberei, sondern um die blanke Tatsache, weitere Genozide zu verhindern!

    • @John Doe:

      Lieber John Doe (ich hoffe Sie sind noch am Leben und kein anonymer gefallener Soldat. Bei dem Namen weiß man ja nicht),

      was Sie da so alles rauslesen...

       

      An erster Stelle ist diese Campaign-Busting-Kampagne wohl Kritik an der Art und Weise, wie die Bundeswehr (junge) Menschen anlocken will. Indem einfach die (mitunter) blutige und tödliche Realität des Jobs als SoldatIn möglichst gar nicht erwähnt, sondern stattdessen so getan wird.

       

      Sprich: Kanonenfutter anwerben, in dem man die BW als Abenteuerspielplatz verkauft.

      • @Kawabunga:

        Lieber Kawabunga, ich weiss jetzt noch nicht genau, wo die "blutige und tödliche Realität" der Bundeswehr verschwiegen wird. Wollen Sie etwa andeuten, dass Menschen gibt, die dumm genug sind um nicht zu wissen, was die Aufgabe eine Armee ist?

         

        Ich reibe mich an dem Pazifismus linker Gruppen, die einen Bundeswehreinsatz selbst dann ablehnen, wenn es darum geht, Genozide zu verhindern. Derartiger "Brutalpazifismus" kostet Menschenleben! Da bringt es auch nichts, Placebodiskussionen darüber zu führen, welche Ursachen Schuld sind.

         

        Wir (die Deutschen) sollten uns mal so langsam einer verantwortungsvollen Rolle in der Welt bewusst sein. Als Mitglied der G7 gehört Deutschland zu den sieben mächtigsten Ländern der Welt. Unsere Kanzlerin ist vom Forbes zum wiederholten Male zur mächtigsten Frau und zweitmächtigsten Person der Welt gekürt worden. Da kann es nicht sein, dass "wir" uns in Konflikten raushalten, als seien wir so unwichtig wie Liechtenstein.

         

        Und noch mal, das bedeutet nicht blinde Kriegstreiberei, aber gezielte Waffengänge gegen schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Und gerade wir mit unserer nach dem zweiten Weltkrieg entwickelten Ethik sind dazu wahrscheinlich besser geeignet als die USA, die mit blindem Hau-Drauf auf jegliche Kolateralschäden pfeifen!

        • @John Doe:

          Wo hat denn ein Bundeswehreinsatz einen Genozid verhindert?

          Chancen gab es ja, z.B. Ruanda. Aber das haben bestimmt die Brutalpazifisten verhindert.

        • @John Doe:

          Sie wird nicht unbedingt verschwiegen, allerdings werden Fehler als letztes von der Bundeswehr eingeräumt (vielleicht wird eine Einzelperson verantwortlich gemacht und gefeuert) oder auch nicht, siehe Kundus-Einsatz der Bundeswehr.

           

          Man muss definitiv differenzieren zwischen den Einsätzen, es ist für mich ein großer unterschied ob ein Genozid verhindert wird oder mit einer Drohne eine "ungefähr" identifizierte Ansammlung Menschen abgeschossen wird, die ja potentiell gefährlich sein könnten. Gehört dann wahrscheinlich beides zum Job.

           

          Das Problem ist ja einfach das die BW sich im besten Licht darstellt, um Leute anzuwerben und ich bin sicher das es Menschen gibt, die eine verdrehte, romantische Vorstellung von der Armee haben.

          Jedes Militär hat in meinen Augen die Verpflichtung mit allen Aspekten zu werben, bzw aufzuklären, so auch die Bundeswehr.

          • @JoshJosh:

            Nun, verdrehen wir da doch mal nicht die Fakten. Die Bundeswehr besitzt nicht mal Drohnen, die auf tausende Kilometer entfernt Menschen "liquidieren" können und es ist auch nicht beabsichtigt, derartige Systeme anzuschaffen. Deutsche Drohnen dienen lediglich der Aufklärung und sind nur mit Kameras "bewaffnet".

             

            Das die Bundeswehr sich in einem guten Licht darstellt, dürfte selbstverständlich sein. Das bei einem Musterungsgespräch die Gefahren verheimlicht werden, ist jedoch falsch. In meinen Augen findet da durchaus eine angemessene Aufklärung statt.

             

            Und gerade was den Kunduz-Einsatz angeht, zeigt sich der größte Unterschied zwischen uns und anderen Armeen. Als die Bundeswehr durch ein Versehen (oder von mir aus auch durch Inkompetenz) den Tod von vielen Zivilisten bei einem Bombenangriff verursacht haben, wurde der Vorfall in Deutschland durch einen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet und den Angehörigen ein Schmerzensgeld angeboten. Die Amerikaner juckt solche Kolateralschäden nicht, weder haben sie interesse daran, zu versuchen es zu vermeiden, noch arbeiten sie solche Vorfälle auf. Siehe dazu, was ich weiter oben darüber geschrieben habe.

  • Starker Tobak: Es gibt beim Bund mehr Suizide als Gefallene.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Quellen? Und betrifft das die den Zeitraum als Freiwilligenarmee oder auch bzw. nur die Zeit, als noch eine Wehrpflicht bestand?

      • @John Doe:

        Die Quellen finden sich auf der Aktionsseite bei einem Klick auf die entsprechenden Zahlen.

      • @John Doe:

        Direkt auf erwähnter Seite ist der entsprechende Bericht der Bundeswehr verlinkt.

        Da hat offensichtlich jemand vor dem Diskutieren keine Zeit mehr gehabt, überhaupt zu schauen, um was es geht.

  • und warum ist die zitierte Seite nicht mehr erreichbar?

    • @Wolfgang Russ:

      Jetzt ist sie erreichbar. In IT Kreisen spricht man häufig von dem Problem, das vor dem Monitor sitzt. Soll nicht heißen, dass das jetzt unbedingt der Fall war.

    • @Wolfgang Russ:

      Ist sie wohl. Nochmal probieren.

  • aktionen kommen und gehen da gabs mal eine Kein Kriegsspiezeug im Kinderzimmer, Aktivistinnen stürmten die Nürnberger Spielzeugmsse weil dort Blechpanzer usw ausgestellt waren, ich persönlich halte von diesen Aktionen nix endweder sind sie in ein paar Wochen vegesse oder das Steuergeld ist aufgebraucht, aber immer noch segnen RKK oder EV Geistliche waffen und solange sogar der Ppst vom Krieg redet, kann das doch nicht unrechtes sein!