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Netanjahu in Saudi-ArabienEin Israeli im Land des Islams

Auch wenn Riad dementiert: Israels Regierungschef Netanjahu hat offenbar Saudi-Arabien besucht. Das ist historisch, aber nicht überraschend.

Nein, ein Foto Netanjahus in Saudi-Arabien gibt es nicht. Pompeo am Sonntag in Neom Foto: ap

Berlin taz | Offiziell war sie nicht, aber von einer geheimen Reise kann auch nicht die Rede sein: Mit einem historischen Besuch hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu offenbar Saudi-Arabien betreten, das Land der heiligen Stätten des Islams. Nachdem israelische Medien am Montagvormittag prominent über das Thema berichteten, bestätigte Bildungsminister Joaw Gallant später die entsprechenden Meldungen.

Demnach traf Netanjahu am Sonntag Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman sowie US-Außenminister Mike Pompeo in Neom im Westen des saudischen Königreichs. Nach allem, was bekannt ist, handelt es sich um die erste Reise eines israelischen Premiers in das Land. Saudi-Arabien dementierte allerdings am Nachmittag, dass ein solches Treffen stattgefunden habe.

Aufschlussreich sind vor allem drei Dringe: Erstens, dass die Reise publik wurde – was kein Zufall sein dürfte. Die scheidende US-Regierung wie auch Jerusalem wollen, dass arabische Staaten ihre Beziehungen zu Israel normalisieren. Donald Trump sowie der möglicherweise nächste republikanische US-Präsidentschaftskandidat Pompeo können damit bei der eigenen, in Teilen christlich-zionistischen Anhängerschaft zu Hause punkten.

Auch Netanjahu kann mit einer Annäherung an arabische Staaten außenpolitische Erfolge für sich verbuchen. In den vergangenen Monaten hatten schon die Emirate und Bahrain sowie der Sudan nach US-Vermittlung und – im Falle Sudans – auch auf wirtschaftlichen Druck eine Normalisierung angekündigt.

Neom steht für autoritäre Modernisierung

Zweitens ist es interessant, dass saudische Medien zunächst nicht über das Thema berichteten, während der Besuch in israelischen Medien Topthema war. Riad hatte in der Vergangenheit Signale gesendet, dass es einer Normalisierung mit Israel nicht gänzlich abgeneigt ist. Gegenüber der eigenen Bevölkerung muss die Führung in Riad aber vorsichtig vorgehen. Eine Aufnahme diplomatischer Beziehungen gilt derzeit noch als unwahrscheinlich.

Drittens ist die Ortswahl für den Besuch bezeichnend. Wie kein anderer Ort steht die noch in Planung befindliche Glitzerstadt Neom für die von oben herab verordnete Modernisierung des von Öl abhängigen Landes. Wie bei diesem Megaprojekt des Kronprinzen hat die saudische Bevölkerung offenbar auch in außenpolitischen Belangen keinerlei Mitspracherecht.

Viele Menschen in Saudi-Arabien lehnen eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel ab, solange der Israel-Palästina-Konflikt nicht gelöst ist. Aber auch antiisraelische Einstellungen durch jahrzehntelange islamistische Bildungsinhalte in den Schulen, Universitäten, Moscheen und Medien des streng sunnitischen Königreichs spielen eine Rolle.

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