Neonazi-Demo nach Gerichtsurteil: Reichsflaggen in Bremerhaven
Am Freitag erlaubte das Oberverwaltungsgericht in Bremen das Zeigen von Reichsflaggen. Tags darauf marschierten 40 Neonazis in Bremerhaven.
Eigentlich hatte das Land Bremen Mitte September einen Erlass erwirkt, der das Zeigen von Reichsfahnen und Reichskriegsfahnen verbietet. Das aber ist nicht so einfach. Unter dem Motto „Kein Verbot stoppt Schwarz-Weiß-Rot“ mobilisierte die rechtsextreme NPD nun nach Bremerhaven.
Unter Hinweis auf den Erlass, der die Reichsfahne als Symbol rechter Gruppierungen bezeichnet, hatte das Bremerhavener Ordnungsamt die umstrittenen Fahnen auf der Veranstaltung verboten. Dagegen klagte die NPD – erfolgreich. Daran änderte auch das Eingreifen der Stadt Bremerhaven nichts: Sie hatte versucht, die Fahnen auf der Demonstration durch eine Beschwerde gegen das Urteil doch noch zu verbieten. Die im Grundgesetz gesicherte Meinungsfreiheit dürfe lediglich durch Gesetze begrenzt werden, heißt es im Urteil des OVG; und ein Erlass ist kein Gesetz.
Die Neonazis, die sich in Bremerhaven sammelten, schienen entsprechend euphorisch gestimmt. Nicht nur schwenkten sie Fahnen: Auch schwarz-weiß-rote Handtaschen hatten sie dabei, waren in diesen Farben teils auch gekleidet.
Übermächtige Gegenkundgebung
Auf dem Theodor-Heuss-Platz fanden sich neben NPD-Mitgliedern auch solche der Partei „Die Rechte“ und Reichsbürger ein. Prominenteste auftretende Nazi-Größe war Sebastian Schmidtke, Mitglied im NPD-Bundesvorstand. Man habe das Bremer Verbot der Reichsfahne zu Fall gebracht und wolle dies nun auch in anderen Bundesländern tun, so Schmidtke. Laut träumte er von Reichsfahnen an deutschen Rathäusern, leugnete das Coronavirus und äußerte Geschichtsrevisionistisches.
„Unter der Reichsfahne sammeln sich Akteure aus verschiedenen Spektren“, sagt André Aden von der Mobilien Beratung gegen Rechtsextremismus: selbsternannte „Querdenker“, Reichsbürger, parteigebundene Rechte und andere organisierte Neonazis. „Die Fahne ist eines der letzten gemeinsamen Symbole der rechten Szene“, so Aden.
Insofern träfe der Bremer Erlass die rechte Szene eigentlich an einem wunden Punkt. Nun stellt sich jedoch die Frage, wie wirksam dieses Instrument ist. Eine Stellungnahme der Bremer Innenbehörde dazu stand bei Redaktionsschluss aus.
Zufrieden waren die Organisator*innen der Gegenkundgebung: „Wir sind froh, dass die Nazis in geringer Zahl angereist sind und wir in einer solchen Übermacht waren“, so Hannelore Beutel vom Bündnis „Bremerhaven bleibt bunt“.
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