Negatives Deutschland-Image: Nur extreme Strebereigenschaften
Populismus und Rechtsextremismus sind in Deutschland ein wachsendes Problem. Im Ausland wird das laut einer Studie besonders kritisch beäugt.

Eine Studie zeigt, dass das Ausland vor allem Extremismus als wachsendes Problem in Deutschland sieht. Fleißig. Effizient. Zuverlässig. Die Studie „Außenblick – Internationale Perspektiven auf Deutschland in Zeiten von Corona“ von Goethe-Institut, DAAD und GIZ erzählt vieles, das wir schon wussten.
Das Ausland attestiert uns Deutschen noch immer die kartoffelig-verschrobenen Strebereigenschaften, die alle immer so amüsieren. Mittlerweile hat sich aber auch Gravierendes geändert. Das Goethe-Institut schreibt in seiner Zusammenfassung der Ergebnisse: „Populistische und extremistische Tendenzen nähmen in Deutschland zu – kein anderer Risikobereich wird im Ausland in so vielfältiger Weise thematisiert.“
Befragte aus aller Welt gaben an, sich in Deutschland öfter diskriminiert und weniger willkommen zu fühlen. Für über 20 Prozent der Teilnehmenden hat sich Deutschlands Image als sicherer Ort enorm verschlechtert. „In Berlin hatte ich das Gefühl, sollte ich die Polizei rufen, würde sie nichts unternehmen“, wird ein:e Teilnehmer:in zitiert.
Deutschland hatte international sehr viele Jahre den Ruf, irre verantwortungsbewusst mit seiner Vergangenheit umzugehen und sein Naziproblem zumindest unter Kontrolle zu haben. Weltoffen und freundlich – so wollte man sein.
Beunruhigendes Gesamtbild
Wer sich hierzulande etwas mit der deutschen Nachkriegsgeschichte beschäftigt oder den NSU mitbekommen hat, wird das nicht so selbstbewusst behaupten. Oder wie Max Czollek es in seiner Polemik „Desintegriert euch“ mal ausgedrückt hat: Die einzige erfolgreiche Integrationsleistung in Deutschland sei die Wiedereingliederung alter Nazis nach dem Krieg gewesen. Lob von außen nahm man natürlich trotzdem immer gerne an und schaute dabei besinnlich.
Wenn man der Studie glaubt, scheint dieses Lob von außen abzuklingen. Dazu hat nicht zuletzt der Podcast „Day X“ der New York Times beigetragen. Darin wird die Geschichte der rechten Kontinuität in Deutschland nacherzählt. Baseballschlägerjahre, rechte Terroranschläge in Hanau und Halle, die AfD im Bundestag und Verfassungsfeinde in der Polizei und in der Bundeswehr. Mit etwas Abstand wirkt das Gesamtbild noch beunruhigender.
„Wenn Deutschland an seine Zukunft denkt, denken die Nachbarn an seine Vergangenheit“, heißt es in „Außenblick“. Es lohnt sich, das einmal sacken zu lassen. Und selbst ein paar Schritte zurückzugehen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
FDP bei der Bundestagswahl
Lindner kündigt Rückzug an
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder