Nazi-Plakate in Bayern und Sachsen: Aufruf zum Mord an Grünen
„Der III. Weg“ hängt Plakate mit Todesdrohungen auf. In Bayern ermittelt die Staatsanwaltschaft, in Sachsen sieht man keinen Handlungsbedarf.
Ein Plakat, zwei Reaktionen. In Sachsen und Bayern hat die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ im Rahmen ihres Bundestagswahlkampfs eine klare Botschaft an Straßenlaternen angebracht: „Hängt die Grünen“.
Das ist mehr als eine reine Provokation, mehr als eine PR-Kampagne. Die Grünen, Partei und Milieu, sind für den „III. Weg“, der sich auch für Natur- und Tierschutz einsetzt, die ausgemachten Feinde. In Sachsen sieht die Staatsanwaltschaft Zwickau bisher keinen Handlungsbedarf, in Bayern hat die Staatsanwaltschaft München ein Einschreiten für geboten gehalten.
„Nach den vorliegenden Erkenntnissen liegt ein Anfangsverdacht einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten vor“, sagt Anne Leiding, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft. „Aufgrund der Gestaltung des Plakates ist naheliegend beziehungsweise zumindest nicht ausgeschlossen, dass die Täter insoweit mit direktem Vorsatz handelten und es gerade darauf anlegten.“ Die bayerische Polizei hatte die Plakate mit dem Mordaufruf sofort abgehängt.
Die Staatsanwaltschaft Zwickau sieht das anders. Eine Sprecherin sagte dem Tagesspiegel, dass die Plakate weiter hängen bleiben dürften, da das Gericht keine strafrechtliche Relevanz des Slogans feststellen könne. Es sei unklar, „wer konkret angesprochen wird“. Politiker:innen oder Wähler:innen der Grünen könnten gemeint sein.
Rekruten aus der NPD und den Kameradschaften
Die Plakate sind erstmals in der Nacht zum 7. September aufgefallen. Die Wahlkämpfer:innen des „III. Wegs“ haben sie auch vor Büros der Grünen angebracht. In Sachsen hat die Partei deshalb Strafanzeige gestellt. Christin Furtenbacher, Landesvorstandssprecherin der Grünen, sagte, die Plakate wären ein „weiterer Versuch, unsere Kandidierenden, Mitglieder und Sympathisierenden einzuschüchtern“.
Der „III. Weg“ entstand 2013 nach internen Querelen der NPD in Rheinland-Pfalz. Mit unfeinen Mitteln war Dörthe Armstroff als Landesvorsitzende weggemobbt worden. Seit der Gründung führt ihr Ehemann Klaus Armstroff die Partei an. Der schnelle Mitgliederzulauf erfolgte aus der militanten Szene der NPD und den Kameradschaften. Nach dem Verbot des „Freien Netzes Süd“ drängten weitere Aktivist:innen in die Partei.
Sie unterhält 20 regionale Stützpunkte und verfügt über drei Landesverbände: Bayern, Sachsen und West. In Plauen und Siegen bestehen Bürgerbüros. Die Parteimitgliederzahl ist stetig auf 600 Mitglieder angewachsen. In der Krise der Flüchtlingspolitik 2015 veröffentlichten sie einen „Leitfaden“ mit Tipps zur Gründung von Bürgerinitiativen mit dem Ziel „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft!“ Auf Google Maps stellten sie eine Karte von Flüchtlingsunterkünften online. Das „Volk“ ist für sie eine „naturgesetzliche Gemeinschaft“, dessen „biologische Substanz“ erhalten werden müsse.
Erst im Juli verurteilte das Oberlandesgericht München Susanne G. wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die Heilpraktikerin lief bei Aufmärschen des „III. Wegs“ mit.
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