piwik no script img

NahostkriegWaffenruhe in Gaza

Israels Regierung und die Terrororganisation Hamas haben sich auf eine Feuerpause geeinigt. Auch Geiseln und Gefangene sollen freigelassen werden.

Warten auf Neuigkeiten: jugendliche Palästinenser am Abend des 15. Januar in Chan Yunis, Südgaza Foto: Mohammed Salem/reuters

Jerusalem taz | Israel und die Hamas haben sich auf eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln geeinigt. Beide Seiten hätten der Vereinbarung zugestimmt, die am Sonntag in Kraft treten soll, sagte der Ministerpräsident des Vermittlerstaates Katar, Mohammed bin Abdulrahman Al Thani bei einer Pressekonferenz am Mittwochabend. Beide Seiten würden jedoch noch logistische Fragen klären. Ein Sprecher der US-Regierung bestätigte die Einigung auf eine Waffenruhe im Gazastreifen.

Israelische Medien hatten zuvor unter Berufung auf israelische und palästinensische Vertreter von einem Durchbruch bei den Gesprächen berichtet. Bis zuletzt hatte es aber Zweifel an den Zusagen beider Seiten gegeben. Frühere Verhandlungsrunden waren mehrfach in den vermeintlich letzten Zügen gescheitert.

Im Gazastreifen kamen laut AFP-Reportern tausende Menschen zu Feiern auf den Straßen zusammen. Vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv versammelten sich Angehörige der Geiseln und deren Unterstützer. Sollte Israels Sicherheitskabinett zustimmen, könnte das Abkommen nach einer 24- bis 48-stündigen Wartezeit für mögliche Einwände vor Israels Oberstem Gericht in Kraft treten. Am Sonntag, dem ersten Tag der Waffenruhe, sollen drei Geiseln freikommen.

Unklar war bis zuletzt, wie sich die Hardliner auf beiden Seiten verhalten. In Netanjahus Regierungs­koalition gibt es offenen Widerstand. Der rechtsnationalistische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir kündigte an, seine Partei Jüdische Kraft werde gegen den Vorschlag stimmen. Finanzminister Bezalel Smotrich, ebenfalls ein Siedler, sprach sich gegen ein Ende des Krieges, nicht aber explizit gegen eine Waffenruhe aus.

Die mehrfach gescheiterten Verhandlungen waren zuletzt wieder aufgenommen worden. Der neue US-Präsident Donald Trump hatte in den vergangenen Wochen der Hamas gedroht, es werde „die Hölle losbrechen“, wenn die Geiseln nicht bis zu seinem Amtsantritt am 20. Januar freigelassen würden. Trump begrüßte die Einigung in seinem Onlinedienst Truth Social.

In den vergangenen Tagen einigten sich die Konfliktparteien auf Eckpunkte, an denen frühere Anläufe gescheitert waren: So sollen in einer ersten 42-tägigen Phase 33 der noch knapp 100 israelischen Geiseln freigelassen werden.

Im Gegenzug sollen bis zu 1.000 palästinensische Gefangene freikommen. Trump erklärte später, er werde mit Israel zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Gazastreifen niemals ein sicherer Hafen für Terroristen werde. Der Republikaner soll am Montag vereidigt werden. Experten erwarten eine stärker proisraelische Politik der neuen Regierung in Washington. (mit afp/dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • Macron hat Recht, das Grundproblem muss angegangen werden. Aber auch seine Regierung hat ja bisher herzlich wenig getan diesbezüglich.

  • Einen dauerhaften Frieden ohne Gerechtigkeit für die palästinensische Bevölkerung kann auch Trump nicht herbeizaubern.

  • Zitat: "Im Gazastreifen kamen laut AFP-Reportern tausende Menschen zu Feiern auf den Straßen zusammen."

    Was feiern die? Die Hamas hat für Gaza den Status Quo Ante des 6. Oktober 2023 erreicht mithilfe von zehntausenden Toten und einem komplett zerstörten Gebiet. Oder werden die nun abgewählt?

    • @Jan Schubert:

      "Die Hamas (...) werden die nun abgewählt?"



      Kann schon sein. Falls es sowas wie Wahlen in absehbarer Zeit geben sollte.

    • @Jan Schubert:

      Sie feiern Hoffnung.

  • Wiedermal wird deutlich, wem seine Leute mehr wert sind.

    Erschreckend.

  • Ein ganz schlechter Deal für Israel.

    33 unschuldige israelische Geiseln gegen 1000 Hamas-Terroristen.

    Dennoch verstehe ich Israel.

    Die Hamas ist eine sadistische, blutrünstige Terrororganisation, die Menschen vergewaltigte, sie kaltblütig ermordete, verbrannte und ihre monströsen Verbrechen per Livestream mit der Welt teilte.

    Jeder Tag und jede Stunde, die Menschen in deren Gefangenschaft verbringen müssen, ist die Hölle.

    Dringende Empfehlung den Ferdinand-von Schirach-Artikel zu lesen, der auf Recherchen der New York Times aufbaut:

    www.welt.de/debatt...-Wirklichkeit.html

    • @shantivanille:

      Dass die Freigelassenen allesamt „Terroristen“ sind, ist erst einmal nur eine Behauptung (ein erheblicher Teil davon war in Administrativhaft, d.h. ohne Anklage inhaftiert). Und Verbrechen hat in diesem Konflikt – und auch davor – nicht nur Hamas begangen, sondern auch IDF und Siedlermilizen (seltsam, dass dabei nicht von Terror die Rede ist, finden Sie nicht?). All das ist von diversen Menschenrechtsorganisationen auf hunderten von Seiten dokumentiert. Dass man das, gestützt auf die Springer-Presse, ignoriert bzw. rechtfertigt, und angesichts der Frage, was gut und schlecht für Israel ist, ausblendet, dass auch die Palästinenser Rechte und legitime Interessen haben, ist leider bezeichnend – offenkundig ist es heute wieder akzeptabel, Menschenleben anhand ethnischer Kriterien zu hierarchisieren.

  • 33 statt aller, erfreulich und bedauerlich zugleich.



    Es wundert mich, dass Israel darauf eingegangen ist.

    • @BluesBrothers:

      Israel ist noch nicht darauf eingegangen. Man kann auch in letzter Minute noch einen Hinderungsgrund finden. Das wäre ja nicht das erste Mal.

  • Biden gerade:"As I leave office, our friends are strong"

    Deutschland ist wohl nicht mehr sein Freund.

  • "Im Gegenzug sollen bis zu 1.000 palästinensische Gefangene freikommen."

    Hoffen wir für Israel und Gaza, dass nicht allzuviele Menschen wie Herr Sinwar darunter sind.

    "Trump erklärte später, er werde mit Israel zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Gazastreifen niemals ein sicherer Hafen für Terroristen werde."

    Das finde ich gut. Und wieder können wir nur hoffen, dass auch die Bürger:innen von Gaza dieses Ziel verfolgen und Iran/Hisbollah und Huthis sich aus den "inneren Angelegenheiten" Gazas raushalten.

    Da der Bruder von Herrn Sinwar angeblich bereits damit beginnt, neue Kampftruppen aufzustellen bzw. die alten Kampftruppen neu zu formieren, können die Bürger:innen Gazas sicherlich jedwede Hilfe brauchen, um den nächsten Krieg zu verhindern.

    • @*Sabine*:

      ""Trump erklärte später, er werde mit Israel zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Gazastreifen niemals ein sicherer Hafen für Terroristen werde." - Das finde ich gut. "

      Ich auch. Das wäre doch super und eine totale Kehrtwende der Politik Netanjahus aus der Zeit vor dem 7. Oktober, als er noch die Hamas förderte als Garant gegen eine Zweistaatenlösung. Ohne Protegierung der Hamas kann das dann ja noch was werden moit einem eigenen Staat Palästina. Und vielleicht unterstützt israel auch endlich mal demokratische palästinensische Gruppen

      • @Rudolf Fissner:

        "Das wäre doch super und eine totale Kehrtwende der Politik Netanjahus aus der Zeit vor dem 7. Oktober,als er noch die Hamas förderte als Garant gegen eine Zweistaatenlösung."



        Auf diesen Sachverhalt gibt es (mindestens) zwei Blickwinkel.Wir sind da unterschiedlicher Meinung,denn ich gehe davon aus,dass Zahlungen bzw. die Ermöglichung von Zahlungen des u.a. Landes Katar die Hamas - zumindest eingeschränkt - befrieden sollte.Bei vielen Menschen/Institutionen funktioniert es,dass sie für Geld andere Interessen zurückstellen.(Anderes Thema,aber auch bei uns wirkt es,Leute mittels Geld (Gehalt?) von Aufständen abzuhalten.)Ich halte diese Erwartung somit nicht für unrealistisch.Jetzt kenne ich "diese Leute" besser und Herr Netanjahu sicherlich auch.Außerdem war Hamas die gewählte Regierung.



        Desweiteren kamen ohnehin aus der ganzen Welt,auch UN,EU usw. Gelder.Ob die Zahlungen aus Katar einen großen Unterschied machten,kann ich nicht einschätzen.Ebenso hätten die Gelder aus u.a. Katar auch für die Entwicklung von Gaza verwendet werden können.Einig sind wir uns in der Hoffnung,dass es nach dem Krieg eine andere Regierung in Gaza geben wird.Das obliegt allerdings den dortigen Bürger:innen.

    • @*Sabine*:

      Die werden nie damit aufhören.

      Zigtausend Leute seit zig Jahren damit beschäftigt Tunnel zu buddeln und Bomben zu basteln. Täglich implementierter Hass. Bezahlt und ausgerüstet vom iranischen Klerus. Und der will was für sein Geld sehen. Hamas muss liefern.

      • @shantivanille:

        "Bezahlt und ausgerüstet vom iranischen Klerus."

        Kämen die Zahlungen nur vom iranischen Klerus, wäre es einfacher, nehme ich an, die Geldströme zu verfolgen und Missbrauch zu verhindern. Aber das Geld kam wie bekannt aus der ganzen Welt incl. UN, EU, Deutschland, Katar usw..

  • Was für ein Glück, dass Trump neuer US Präsident gworden ist

  • E N D L I C H ! 🕊



    Hoffentlich für immer !

  • Hat das etwas mit Trump zu tun? Und was sagt das AA dazu, das hunderte von Millionen nach Gaza geschickt hat ohne irgendeine Gegenleistung zu verlangen?

    • @Gerald Müller:

      Falls in all den Jahrzehnten tatsächlich keine Gegenleistungen gefordert wurden wäre das ziemlich dumm.

      Man hätte damit durchaus Druck aufbauen und evtl. den Terroranschlag samt folgendem Krieg verhindern können.



      Für hunderte Millionen Entlastung des israelischen Staatshaushalts hätte man durchaus sichtbare Fortschritte bei der Zweistaatlösung verlangen können.