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Nahostkonflikt in der ClubszeneImmense Verwerfungen

Wohnhäuser von Mitarbeitern werden beschmiert, DJs verlassen ihre Bookingagenturen: Der Nahostkonflikt zerreiße die Szene, heißt es im „About Blank“.

Das About Blank in Berlin-Friedrichshain steht im Fokus der Anfeindungen aus dem BDS-Spektrum Foto: Katharina Kausche/dpa

Berlin taz | Schon am Eingang des Clubs „About Blank“ in Friedrichshain wird deutlich, wie immens die Verwerfungen der Kultur- und Clubszene in Berlin angesichts des 7. Oktobers und des Gaza-Kriegs mittlerweile sind.

Es ist Samstagabend, gleich wird drinnen auf einer Podiumsdiskussion die Rede davon sein, dass ein vernünftiger Dialog über Nahost sowie Antisemitismus kaum noch möglich ist. Da halten zwei vermummte Radfahrer mit Palästinaflagge an und beschimpfen die Wartenden als „Faschisten“, die „Kindermörder“ unterstützen und einen „Naziclub“ besuchen würden.

Für das About Blank gehörten solche Szenen mittlerweile zum Alltag dazu, erklärt Florian Hirsch als Vertreter des Clubs auf dem Podium. Gäste hätten berichtet, in der U-Bahn angespuckt worden zu sein, nachdem sie als About-Blank-Besucher identifiziert worden seien. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hätten das rote Dreieck, die Feindmarkierung der Hamas, an ihren Wohnhäusern entdeckt.

All das, weil der dezidiert linke Club sich erlaube, das Massaker der Hamas ohne Wenn und Aber als solches zu benennen. Das reiche schon, um bei manchen als bedingungsloser Unterstützer Israels oder gar der Regierung Benjamin Netanjahus zu gelten.

Ein „Klima der Angst“

BDS-nahe Gruppierungen, die den Boykott Israels fordern, hatten den Club auch schon vor dem 7. Oktober 2023 im Visier. Doch inzwischen hätten die Anfeindungen ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen. Selbst DJs, die bloß von einer Bookingagentur betreut werden, die auch einen DJ vertritt, der weiterhin im About Blank aufzulegen bereit ist, seien Ziel von Shitstorms oder würden gecancelt, so Hirsch. Es sei ein „Klima der Angst“ entstanden, sagt er.

Wie weit das inzwischen verbreitet sei, habe er auch gemerkt, als er das Podium für die Diskussion organisiert habe. Fast niemand wolle öffentlich reden. Um so bemerkenswerter ist, wer dann aber doch spricht.

Mo Loschelder etwa, Urgestein der Berliner Clubszene und inzwischen Betreiberin einer Booking-Agentur, betont, dass sie bislang eher zurückhaltend gewesen sei in ihrer öffentlichen Positionierung. Sie habe Angst gehabt, dass der Nahostkonflikt sonst auch ihre Agentur spalten könnte.

Aus Furcht vor Konsequenzen schweigen?

Zum Jahrestag des 7. Oktobers habe sie auf Facebook ihre Trauer um die Opfer des Massakers kundgetan. Daraufhin habe eine Künstlerin ihr in einer E-Mail mitgeteilt, sich nicht länger von ihr vertreten lassen zu wollen. Loschelder sagt, für sie sei es immer noch unfassbar, dass sie bereits mit dem bloßen Gedenken zum inakzeptablen politischen Gegner abgestempelt werde. Aus Angst vor weiteren derartigen Konsequenzen nun lieber schweigen, das wolle sie aber nicht. Auch deshalb sitze sie nun hier.

Ebenfalls auf dem Podium sitzt Sascha Disselkamp, der Betreiber des Sage-Clubs. Er ist Mitgründer der Berliner Clubcommission und war lange in deren Vorstand. Vor Kurzem ist er aus dem Verband ausgetreten mit der Begründung, er habe es nicht mehr ausgehalten, dass dieser den Angriff auf das Supernova-Festival nicht deutlich verurteilt sowie sich nicht kompromisslos mit den Opfern solidarisiert habe. Disselkamp ist anzumerken, wie sehr ihn das von Hirsch beschriebene Klima der Angst in Berlin beschäftigt: „Das können wir nicht tolerieren“, so sein Appell.

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5 Kommentare

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  • Inzwischen warnt die Polizeipräsidentin davor, dass sich Juden und Homosexuelle in einigen Teilen Berlins zu erkennen geben. Das ist die Realität in dieser Stadt.

  • Es gibt wohl nur noch den Furor der Selbstvergewisserung.



    Trauriges Schauspiel, dass den Israelis, Juden und Palestinensern einen Sch... hilft.

  • Zuallererst: das Ausmaß der Anfeindungen hat hier jegliches Maß und Verhältnismäßigkeit verloren. Kritik am about blank und an der pro israelischen "linken" Szene ist gerechtfertigt, aber nicht in dieser Form! Dass Künstler es ablehnen, dort aufzutreten, kann ich nachvollziehen. Dass Mitarbeiter und Besucher angegriffen werden geht überhaupt nicht! Hier gilt meine Solidarität auch denen, deren Meinung ich nicht teile.

    Dass die Situation aber so polarisiert ist und die Szene unversöhnlich gespalten, daran hat das about blank aber auch seinen Anteil. Dass man sich solidarisch mit den Opfern des 07.10. äußert war gut, wichtig und ist nach wie vor richtig! Dass man es in zahlreichen Kommentaren zum Konflikt aber komischerweise nie geschafft hat, diese Solidarität den palästinensischen Opfern des Krieges zuteil werden zu lassen oder die israelische Kriegsführung zu kritisieren, die inzwischen zweifellos als Völkermord bezeichnet werden kann, ist menschlich komplett enttäuschend.



    Und dass man zu seinen Diskussionen nur Leute einlädt die alle die gleiche Meinung zu dem Thema haben und sich verbal dann gegenseitig auf die Schulter klopfen, wird die Spaltung auch nicht überwinden.

    • @TeeTS:

      Aus dem Statement 2024 des About Blank:



      "die zivilbevölkerung in gaza ist der asymmetrischen kriegsführung zwischen israelischer armee und der islamistischen hamas schutzlos ausgeliefert. zehntausende menschen sind seither in gaza getötet und noch viele mehr verletzt und vertrieben worden. die lebensbedingungen der menschen in gaza sind katastrophal, weite teile des gazastreifens sind zerstört und sichere fluchtrouten existieren nicht. "



      Hört sich für mich nicht so an, als sei den palästinensischen Opfern des Konflikts die Solidarität verweigert worden.



      Insgesamt erscheinen mir die verschiedenen Statements des Clubs als sehr reflektiert, dabei um Austausch von Argumenten bemüht und bereit, auch unterschiedliche Haltungen innerhalb der Aktiven auszuhalten. Aber genau das scheint in Zeiten maximaler Konfrontation innerhalb der Linken für manche eine unzumutbare Provokation zu sein.

    • @TeeTS:

      Wie in meinem anderen Kommentar gezeigt ist "Dass man es in zahlreichen Kommentaren zum Konflikt aber komischerweise nie geschafft hat" falsch, aber es gehört sich für Antisemitismus, dass es das Gerücht über die Juden ist. Hier ist das "komischerweise" ein Wort, was objektiv diese Funktion erfüllt, auch wenn TeeTS es subjektiv nicht möchte.

      Es markiert das blank als Kompliz*innen und "komisch", also schuldhaft und zwar Absichtlich schuldig.