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Nachwuchsmangel bei Uni-InformatikernLukrative Jobs in der Wirtschaft

Informatik-Fachbereiche senden „Alarmsignale“ aus. Die Zahl der Studierenden steigt zwar, doch die Zahl der Promotionen nimmt ab.

Die Fakultät Informatik der Technischen Universität in Dresden Foto: Sven Ellger/imago

Berlin taz | Informatik ist die Zukunft. Aber welche Zukunft hat das wissenschaftliche Kernfach der Digital-Ära an den deutschen Hochschulen? Der Wissenschaftsrat hat in dieser Woche ein Empfehlungspapier vorgelegt, das nachdenklich machen muss. Danach geht den Informatik-Fachbereichen derzeit der wissenschaftliche Nachwuchs aus: Die Zahl der Promotionen hat in den letzten Jahren drastisch abgenommen. Vom bisherigen Höchststand im Jahre 2015 mit 1.103 Doktorarbeiten auf nunmehr 873 in 2018, darunter 141 von Frauen.

Die Vorsitzende des Gremiums, Dorothea Wagner, selbst Informatikerin am Karlsruhe-Institut für Technologie, sprach bei der Präsentation des Gutachtens vor Journalisten von einem „Alarmsignal“.

Der Grund für den Rückgang ist nicht unbedingt einem Desinteresse an der Informatik-Forschung geschuldet. Vielmehr werden immer mehr „High-Potentials“ vor Abschluss ihrer wissenschaftlichen Qualifikation an der Uni von der Industrie „weggekauft“. Mit den „damit verbundenen lukrativen Angeboten“ aus der Wirtschaft, so der Wissenschaftsrat, kann der öffentliche Forschungssektor nicht mithalten. Zudem ist die Ausstattung in den Forschungslabor der Digitalfirmen häufig um Klassen besser. Auf diesen Sog-Trend aus der Wirtschaft führt der Wissenschaftsrat (WR) – das ranghöchste Beratungsgremium für die Wissenschaftspolitik von Bund und Ländern – auch die anhaltend hohe Abbrecherquote unter den Informatikstudierenden zurück.

Zwar hat sich die studentische Nachfrage nach dem Informatikstudium an den 205 Universitäten und Fachhochschulen kontinierlich erhöht. Seit 2009 ist die Zahl der Informatikstudierenden von 130.000 auf 227.000 im Wintersemester 2018/19 angewachsen, jedes Jahr um mehr als 5 Prozent.

Das Problem der Hochschulen ist der Schwund. Schon seit Längerem liegt die Abbruchquote bei den Bachelorstudierenden der Informatik an Universitäten bei 45 Prozent. An den Fachhochschulen sind es etwa 40 Prozent. Als größte Hürde werden – weil der Abbruch meist in den ersten Fachsemestern geschieht – „ungenügende Studien­vor­bereitung und mangelhaftes Bewältigen der Stu­dien­einstiegsphase“ angesehen.

Eine weitere Baustelle ist die „Feminisierung“. In den zehn Jahren hat sich der Studentinnen-Anteil nur schwach, von 16 auf 21 Prozent, gesteigert. Das liegt noch unter dem Frauenanteil in den Ingenieurwissen­schaften von 24 Prozent. Noch geringer war der Zuwachs auf der höchsten Uni-Ebene, den Professuren. Nur 12 Prozent sind von Frauen besetzt. Daher sollten in der Informatik nach WR-Vorschlag spezielle Förderprogramme für Frauen aufgelegt werden.

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3 Kommentare

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  • Habe selbst mal in der Informatik als Dozent Erstsemester unterrichtet... von 35 Leuten waren im Schnitt 2-3 gute Leute dabei, 10-15 werden später zuarbeiten können, 90% glaubten wohl man lerne hipp Games zu programmieren mit Grafik und Sound.

    PS: Wer Informatik kann kann noch lange nicht programmieren und viele mittelmäßige Programmierer haben keine Ahnung von Informatik.

    Und da die erworbenen Fähigkeiten der Schulabgänger immer weiter sinken muss es die Qualität der Studenten ebenfalls.

    • @danny schneider:

      Ja, ja, die Jugend von heute ...



      Dass sich ein Informatikjahrgang in den ersten 1-2 Semestern um gut die Hälfte reduziert weil die Leute falsche Erwartungen hatten oder an Mathe und Theorie scheiterten war vor 20 oder 30 Jahren aber auch schon der Normalfall.



      Und Game-/Engine-Entwicklung gehört durchaus zu den interessanteren und anspruchsvolleren Tätigkeiten für Informatiker, was auch erklären dürfte warum viele bereit sind die dort vergleichsweise mauen Gehälter zu akzeptieren.



      Das hauptsächliche Problem an der Entwicklung, dass die Wirtschaft auch diejenigen die forschen schneller absorbiert als die Unis sie ausbilden können, dürfte vor Allem darin bestehen, dass damit die öffentliche Forschung immer weiter ins Hintertreffen gerät und immer mehr Algorithmen unter Verschluss oder Patentschutz stehen.

      • @Ingo Bernable:

        Hihi, da kommen Erinnerungen auf, ich sage nur MfI 1 Klausur...

        Da war immer die Frage, wer hat Bestanden, nicht, wer ist durchgefallen.