Nachruf auf Zdravko Grebo: Tod einer linken Ikone
Der bosnische Juraprofessor und Aktivist Zdravko Grebo kämpfte für Demokratie und gegen Nationalismus – vor allem während des Krieges.
Der 1947 in Mostar geborene Zdravko Grebo war als Juraprofessor kein Fachidiot. 1993 hob er das Sarajevo Filmfestival aus der Taufe – während der Belagerung der Stadt, als die Granaten fielen und das Publikum in den Kellerkinos keineswegs vor ihnen sicher war. Immer wieder erhob er seine Stimme für eine nicht nationalistische Position in dieser gebeutelten, von Feinden umgebenen Stadt. Die ethnischen Teiler, die Säuberer, die Verbrecher, verachtete er zutiefst.
„Und trotzdem hat er immer eine menschliche Position bewahrt“, sagt Fra Ivan Starcevic, ein Franziskanermönch, selbst Teil der heutigen Zivilgesellschaft, der trotz der Sympathien Grebos für den jugoslawischen Kommunismus mit ihm gerne zusammentraf. „Nur dass er ein bisschen viel geraucht und getrunken hat“, moniert der Mönch.
„Er war ein 68er“, schmunzelt Nerzud Curak, Politikprofessor und ein Freund des Verstorbenen. Für ihn ist Grebo ein Revolutionär geblieben, ein Held, der 1968 aufstand, um gegen soziale und politische Missstände im Staat Titos zu demonstrieren, aber zum Sozialismus hielt, als der in Gefahr war. „Ich weiß noch ganz genau, auf dem letzten Kongress des Bundes der Kommunisten im Januar 1990 nahm er das Mikrofon und warnte vor dem Zerfall Jugoslawiens, wenn keine Kompromisse gefunden werden könnten“.
Kultur gegen Barbarei
Im April 1992 war Grebo einer der Organisatoren der großen Demonstration Hunderttausender für den Frieden. Die von serbischen Nationalisten abgegebenen Schüsse trafen zwei Frauen, die ersten Opfer des Krieges. „Sie wollten den Krieg“, stand damals für Grebo fest.
Doch die Künstler Sarajevos leisteten auf ihre Art Widerstand. „Mit der Kultur gegen die Barbarei“, sagte er dem Verfasser im belagerten Sarajevo. Nach dem Krieg gehörte er zu jenen, die versuchten, die alte Atmosphäre der Stadt zu bewahren. Doch immer mehr Mitstreiter verließen die Sarajevo und gingen ins Ausland. Sie konnten und wollten nicht zusehen, wie ihre Kinder in einer von den Nationalisten bestimmten Atmosphäre aufwachsen sollten.
Grebo versuchte an der Universität demokratische Positionen zu verteidigen und seine Studenten für diese Werte einzunehmen. Weiterhin kritisierte er die sozialen Missstände in dem nun entstandenen Raubtierkapitalismus. „Ein Kampf, der ja nie aufgehört hat“, sagte er bei einem der letzten Treffen im Gespräch mit dem Autor. Der Krieg sei ja nicht wirklich zuende, sondern ginge seiner Meinung nach weiter, mit anderen Mitteln, bis heute.
Er hoffte auf eine europäische Integration des Landes und war von der laschen Haltung der internationalen Staatengemeinschaft gegenüber den nationalistischen Parteien tief enttäuscht. „Die Führungen dieser Parteien wollen nicht nach Europa, sie wollen nicht die Herrschaft des Rechts, sie fürchten, dann im Knast zu landen.“ Im vergangenen Jahr war er von seiner Krankheit gezeichnet. „Er war ein guter Mensch,“ sagt der Taxifahrer, der vor dem Friedhof gewartet hat. „ Er hatte ein Herz für die kleinen Leute.“
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