Nachruf auf Pogues-Sänger Shane MacGowan: „Du bist das Licht“
Shane MacGowan, Gründer der irisch-englischen Band The Pogues, ist gestorben. Ein Nachruf auf eine Legende des 80er-Folkpunk.
Sitzen zwei Tenöre am Krankenbett eines Sagenhelden. So beginnt „The Sick Bed of Cúchulainn“, ein Pogues-Song, geschrieben von Sänger Shane MacGowan. Er gehört zu den bekanntesten Songs der englisch-irischen Folkpunkband The Pogues. Tatsächlich setzt MacGowan darin Cú Chulainn, einer Figur aus der keltischen Mythologie, die Sänger John McCormack und Richard Tauber zur Seite.
Einen Schluck später geht Cú Chulainn auf Europatour. Und die hat es in sich. In Frankfurt bepisst sich der Held, in Köln holt er sich die Syph. Dann zieht er in den Spanischen Bürgerkrieg. In einem Bordell spendiert ihm Frank Ryan, IRA-Mitglied, einen Whiskey.
So gestärkt geht es in den antifaschistischen Kampf: „And you decked some fucking blackshirt who was cursing all the Yids.“ Yids, Juden. Zwei Strophen weiter singt Cú Chulainn für „Blacks and Paks and Jocks“, singt für Schwarze, Pakistani und Schotten. Bereinigte Sprache war MacGowans Sache nicht. Er war so blasphemisch, wie es nur tief Glaubende sind.
„The Sick Bed of Cuchulainn“ eröffnet 1985 „Rum Sodomy & The Lash“, das populärste Album der Pogues. Der Song bricht die Mixtur der Musik auf drei Minuten herunter, die Strophen sind balladesk, der Refrain halsbrecherischer Punk.
Rebellisches Folk-Revival
Die Pogues-Rezeptur aus Folk und Schmutzrock erstieg aus der Asche der Nips, der Nipple Erectors, einer Band der Punkkünstlerin Shanne Bradley mit dem jungen Shane MacGowan am Mikrofon – und, bereits punkuntypisch, Mundharmonika.
Anfang der 1980er, von platter Rockmusik gelangweilt, läuten Bradley mit The Men They Couldn’t Hang und MacGowan mit den Pogues ein rebellisches Folk-Revival ein.
In den Neunzigern schied der Alkohol MacGowan und die Band. Es gab wenig wundervolle Momente, trotz der Duette mit Nick Cave und Veröffentlichungen mit The Popes. 2021 erinnerte Cat Power auf dem „Covers“-Album an den Mythen Umwobenen.
Am 30. November ist Shane MacGowan mit 65 Jahren nach langer Krankheit gestorben. Seine Frau Victoria Mary Clarke zitierte zum Abschied aus „A Rainy Night in Soho“ und nennt ihn: „the light that I hold before me and the measure of my dreams“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus