Nachruf auf Chick Corea: Der Mann mit dem Fender Rhodes

Er prägte mit seinem E-Piano den Fusion-Stil, war offen für Free-Jazz und bis zuletzt bekennender Scientologe: Der Musiker Chick Corea ist tot.

Der Pianist Chick Corea hebt bei einem Konzert 2014 grüßend die Hand.

Der Pianist Chick Corea 2014 auf einem Konzert in Cali, Kolumbien Foto: Christian Escobar/EFE/dpa

Wie geht das Ding bloß an?“ Chick Corea erinnerte sich an Startschwierigkeiten im Umgang mit dem E-Piano. Man schrieb das Jahr 1968; auch wenn kalendarisch noch kein neues Jahrzehnt angebrochen war – im Jazz standen damals bereits epochale Veränderungen an. Da war Chick Corea gerade 27 geworden und der US-Pianist stieg als Talent beim Quintett von Miles Davis ein. Bei einem Konzert wollte sich Corea an den Flügel setzen, doch Davis, der legendäre Trompeter und gefürchtete Bandleader, deutete auf die andere Seite der Bühne: „Play there.“

Zwei Worte, die keinen Widerspruch duldeten. Davis hatte auf ein Instrument gezeigt, das zuvor nur Rockbands wie die Doors für ihre psychedelischen Ausflüge verwendet hatten: das Fender Rhodes E-Piano. Mit ihm und weiteren Keyboards sollte Corea bald den charakteristischen Sound des Siebziger-Jahre-Jazz prägen. Der körnige und glockenartige Klang des Rhodes wurde bald mit Corea gleichgesetzt, er sah es nüchtern: „Dadurch konnte ich mit der Lautstärke von Drummer Tony Williams mithalten!“

1941 als Armando Anthony Corea in einem Vorort von Boston als Sohn eines Dixieland-Trompeters geboren, wurde er bald zum Lieblings-Sideman der New Yorker Jazzszene, spielte etwa mit Stan Getz. Als Davis anrief, hatte er bereits zwei Soloalben veröffentlicht; „Now He Sings Now He Sobs“ wurde zum Klassiker. Ein Album, das die stilistische Vielfalt des Musikers mit italoamerikanischen Wurzeln andeutete.

Selbst den Impressionismus eines Claude Debussy konnte man im Klangbild von Chick Corea erkennen; ein Kritiker beschrieb seinen Stil als „anspruchsvollen Hardbop mit offener Einstellung zum Free Jazz“.

Vorbilder zu etwas Neuem rekombinieren

An der Seite von Miles Davis spielte Corea die wegweisenden Alben „In a Silent Way“ und „Bitches Brew“ ein. In jener umtriebigen Phase traf er auch Herbie Hancock. Legendär die Live-Shows der beiden mit den zwei zusammengeschobenen Flügeln, auf denen das Duo auch die perkussiven Möglichkeiten der Instrumente auslotete.

Corea tat das, was alle in den 1940er Jahren geborenen Jazzer taten, die heute noch gefeiert werden: die großen Vorbilder nehmen und ihre Musik zu etwas Neuem rekombinieren. Ständig wechselte er die Formationen, nahm etliche Soloalben, aber auch Verneigungen an Monk und Mozart auf, dazu gelungene Duo-Alben mit Béla Fleck oder Gary Burton, deren Instrumente Banjo und Vibrafon nicht gerade zum Duett mit dem Piano prä­des­tiniert sind.

Nachdem Corea Miles Davis’ Gruppe verlassen hatte, gründete er 1972 die Fusionband Return to Forever, in der Corea und die Killer-Rhythmus-Gruppe Stanley Clarke (Bass) und Lenny White (Drums) die Konstanten waren. Sie schaffte es mit ihrem teils Latin-beeinflussten, teils rabiat zum Progressive neigenden Jazzrock regelmäßig in die Top 40 der Popcharts. Ihr Signatursong „Spain“ beginnt mit einem klassischen Adagio und mündet in Samba.

Chick Corea war bereits seit den 1970ern mit der Scientology-Sekte assoziiert und blieb dies bis zuletzt. Wie am Freitag bekannt wurde, ist er am 9. Februar den Folgen einer Krebserkrankung erlegen.

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