piwik no script img

Nachfrage nach PkwAutowerke sind kaum ausgelastet

Sinkende Verkäufe machen der Branche zu schaffen. Deutsche Autobauer kriegen die Transformation zu E-Autos nicht hin. Erste Hersteller ziehen Konsequenzen.

Hängt in der Luft: die E-Auto-Produktion in der Gläsernen Manufaktur von VW in Dresden Foto: Paul Langrock

Wolfsburg/Berlin dpa/taz | Die sinkenden Verkaufszahlen vor allem bei E-Autos machen der Branche zu schaffen. Weil Käufer fehlen, sind die Werke kaum ausgelastet, bei Audi steht jetzt erstmals ein ganzer Standort auf dem Prüfstand. Weitere könnten folgen.

„Alle müssen sich überlegen, wie viel Produktion man braucht und wo diese Produktionskapazitäten zu möglichst wettbewerbsfähigen Kosten aufgebaut werden“, sagt der Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach.

Im Schnitt waren die deutschen Werke von Volkswagen, BMW, Mercedes & Co. im vergangenen Jahr nur zu etwas mehr als zwei Dritteln auslastet. Das geht aus einer Auswertung des Datenspezialisten Marklines für die Deutsche Presse-Agentur hervor.

6,2 Millionen Autos könnten alle Standorte zusammen den Angaben zufolge pro Jahr liefern. Annähernd erreicht wurde diese Zahl zuletzt 2011, als fast 5,9 Millionen Autos in Deutschland gebaut wurden. 2023 waren es nur gut 4,1 Millionen. Drei Viertel davon gingen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) in den Export.

Weniger Autoproduktion als 2019

Das ist zwar wieder deutlich mehr als in den schwachen Vorjahren, als Pandemie und Teilemangel die Produktion zeitweise auf 3,1 Millionen drückten. Aber noch weniger, als die 4,7 Millionen, die im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 erreicht wurden. Und im ersten Halbjahr 2024 ging es bereits wieder nach unten. Laut VDA wurden zwischen Januar und Juni in Deutschland 2,1 Millionen Pkw hergestellt, neun Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2023.

Die Marklines-Zahlen zeigen dabei große Unterschiede zwischen den Standorten. Während Porsche Stuttgart 2023 mit knapp 100 Prozent fast voll ausgelastet war und Audi Ingolstadt und BMW München mit annähernd 90 Prozent nur wenig schlechter abschnitten, kam Opel Eisenach nicht einmal auf 30 Prozent der möglichen Kapazität.

Mehre große Standorte waren nur rund zur Hälfte ausgelastet, darunter die Stammwerke von VW und Mercedes-Benz in Wolfsburg und Sindelfingen. Auch das 2022 neu eröffnete Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin schaffte nur 51 Prozent.

Die ersten Autobauer ziehen Konsequenzen. Ford hatte schon 2022 angekündigt, das Werk in Saarlouis Ende 2025 dicht zu machen. Bei Audi steht jetzt Brüssel auf der Kippe. Das gleiche Schicksal könnte der Gläsernen Manufaktur in Dresden drohen, wo VW inzwischen offen über eine Nachnutzung ohne Fahrzeugfertigung nachdenkt. Zuletzt war vor zehn Jahren in Deutschland ein großes Autowerk geschlossen worden: 2014 machte Opel den Standort Bochum dicht.

E-Auto-Fabrik abgeblasen

Anderswo wird die Produktion zumindest gedrosselt: In Ingolstadt und Neckarsulm strich Audi die teuren Nachtschichten, ebenso wie Volkswagen in Wolfsburg, Emden und Zwickau. Ein Viertel der Kapazität fällt dadurch weg. Gleich ganz abgeblasen wurde der geplante Bau einer zusätzlichen E-Auto-Fabrik am VW-Stammsitz Wolfsburg. Am Opel-Standort Kaiserslautern liegen die Pläne für eine neue Batteriefabrik auf Eis.

Von einer generellen Überkapazität will Constantin Gall von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY aber nicht sprechen. Die gebe es zwar, „aber nur punktuell“ – vor allem an den reinen E-Auto-Standorten. „Weil da einfach nicht die Nachfrage kommt, wie sie mal avisiert war.“ Bei den Verbrennern sehe es zum Teil ganz anders aus. Bei beliebten Modellen im Premium-Segment gebe es hier zum Teil weiter lange Lieferzeiten. „Da haben wir alles, nur keine Überkapazität.“

Der Umstieg auf Elektro könnte für manchen Traditionsstandort eine Herausforderung werden. Nicht jeder Standort lasse sich mit vertretbarem Aufwand umrüsten, meint Gall. „Manche alten Werke wird man einfach schließen müssen, weil es keinen Sinn macht, dort noch einmal groß zu investieren.“

Zudem dürfen die meisten Hersteller die Umrüstung auch gleich nutzen, um weiter zu automatisieren und den Ausstoß zu erhöhen. „An den bestehenden Standorten wird man dann wahrscheinlich mehr produzieren können. Mit der Folge, dass die reine Zahl der Werke sinken wird.“

Nachfrage bleibt schwach

Ein baldiges Ende der schwachen Nachfrage erwartet der EY-Experte nicht. „In den nächsten 24 bis 36 Monaten ist sicher nicht mit einem signifikanten Anstieg der Nachfrage zu rechnen“, sagte Gall. „Mittelfristig werden wir eine Überkapazität im System haben.“

Und auch langfristig werde es in Europa kaum Wachstum geben, ergänzt Branchenexperte Bratzel. „Der europäische Markt ist im Wesentlichen ein gesättigter Markt. Ein hohes Mengenwachstum wird es sicherlich nicht geben.“ Mehr als eine Rückkehr zu dem Vor-Corona-Niveau von 2019 sei kaum zu erwarten. „Und auf dem Level wird es wohl auch die nächsten zehn Jahre bleiben.“

Die Gefahr, dass nun gezielt schlecht ausgelastete E-Auto-Werke schließen könnten, sieht Bratzel aber nicht. „Das wäre auch Irrsinn.“ Schließlich würden die gerade erst geschaffenen Kapazitäten benötigt, sobald die Nachfrage nach Elektroautos wieder anspringe. „Da muss man genau hinterfragen, ob man diese kritische Marktphase jetzt nicht einfach auch überstehen muss.“

Europaweit steigt der Absatz von E-Autos an, nur in Deutschland hapert es, wie eine Studie der Verkehrsorganisation Transport & Environment vor Kurzem ergeben hat. Um die Nachfrage nach klimafreundlicheren Stromern anzukurbeln, fordern Verbände schon seit langem, dass Autobauer mehr kleine und günstige Pkw bauen. Außerdem könnte Unterstützung aus der Politik kommen, zum Beispiel mit einem sozial-gestaffelten Leasingangebot für E-Autos oder mit Steuervorteilen für batteriebetriebene Dienstwagen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

28 Kommentare

 / 
  • Im Schnitt waren die deutschen Werke von Volkswagen, BMW, Mercedes & Co. im vergangenen Jahr nur zu etwas mehr als zwei Dritteln auslastet.



    ---



    Oh, oh, oh....!



    DE als Land der Altwagenfahrer, gar Fußgänger?



    Oder muss der Bahn & ÖPNV demnächst mit massiven "Fahrgaststeigerungen" rechnen?



    Fragen über Fragen!



    Z.B. die: "Warum baut VW (nicht der Autokonzern, der Andere), dann so massiv BAB's, Bundes- & Landstraßen aus?



    Park- & Schrottplätze sollten da wohl VORRANG haben! :-))

  • Wenn die Anteilseigner noch ein bisschen Geduld aufbringen, können die Konzerne die Werke samt Belegschaft und Produktionsanlagen an die Chinesen verkaufen.

  • Ein pauschaler Steuervorteil für batteriegetriebene Dienstwagen macht keinen Sinn.

    Es muß eine steuerliche Staffelung nach Verbrauch eingeführt werden. Der Steuerrvorteil sollte um so größer sein, je sparsamer das E-Mobil ist. E-Lastenräder und E-Trikes inklusive.

    Und große SUV-Stromer mit hohem Strom-/Resourcen-/Platzverbrauch bekommen natürlich keinerlei steuerliche Förderung, das sollte klar sein.

    • @Goldi:

      "Und große SUV-Stromer mit hohem Strom-/Resourcen-/Platzverbrauch bekommen natürlich keinerlei steuerliche Förderung, das sollte klar sein."

      Das sind aber die Autos, die unsere Industrie am liebsten verkauft...

  • Wie wäre es mit Dienstwagenprivileg nur noch für reine E-Autos?

    • @Semon:

      Hallo wach! Sowas ähnliches haben wir schon. Normales "Dienstwagenprivileg" für Verbrenner (damit das Finanzamt keine Fahrtenbücher prüfen muss) und die Steigerung dazu für Elektroautos (damit der Fahrer auch spürbar Geld spart).

    • @Semon:

      Wie wäre es mit Abschaffung dieses Privilegs für ohnehin Privilegierte?



      Warum nicht wie in Frankreich günstige kleine E-Autos für Menschen mit wenig Einkommen fördern?

      • @Axel Schäfer:

        Privilig? Hier bei mir in einer Kleinstadt, dürfen die Mitarbeiter eines mobilen Pflegedienstes die Firmenautos auch privat nutzen. Sicherlich nicht, weil sie priviligierte Großverdiener sind, sondern weil es einen Kampf um Fachkräfte gibt. Die private Nutzung der Autos dient als "Lockmittel".

      • @Axel Schäfer:

        Wie kommen Sie darauf das Dienstwagen nur privilegierte Menschen erhalten? Viele Außendienstler z.B. brauchen für ihre Tätigkeit ein Fahrzeug welches ihnen oftmals der Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Und im Außendienst zu arbeiten mit dem Ziel Kunden aufzusuchen um Abschlüsse herbei zu führen ist wahrhaftig kein Privileg.

  • Also ich warte auf den selbstfahrenden Mietwagen.

    • @Altunddesillusioniert:

      Ich auch.

  • "Deutsche Autobauer kriegen die Transformation zu E-Autos nicht hin." Was können die Autobauer denn für die hohen Strompreise für den Endverbraucher? Wenn man keine eigene Wallbox hat ist unter 40C/KWh ist nichts zu machen. Aus dem gleichen Grund verkaufen sich Wärmepumpen nicht, aber PV Anlagen aller Orten. Aber vielleicht ist das ja auch ein genialer Plan um PV-Anlagen zu fördern.

    • @Nachtsonne:

      Das bedeutet, "tanken" kostet ca. halb so viel, wie bei meinem Benziner (Smart) 😉

  • "Drei Viertel davon gingen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) in den Export."

    Wirft die EU nicht China vor, Überkapazitäten zu schaffen, um auf fremde Märkte vorzudringen? In Deutschland gibt es doch offensichtlich auch sehr große Überkapazitäten.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Absolut, dies ist allerdings historisch gewachsen, da deutsche Automobile nach wie vor auch international stark nachgefragt sind.

  • Was für ein Horrorszenario: 6 Mio. Autos, jedes Jahr! Selbst bei „nur“ zwei Drittel Auslastung immer noch unfassbar, wie so etwas 2024 vonstatten gehen, geschweige denn gewünscht sein kann.

    • @Marc Aber:

      Global gesehen steigt die Nachfrage sogar immer noch.

  • Als ob die Autohersteller nicht kleine billige Autos bauen würden, wenn sich das lohnen würde. Lohnt sich aber nicht, die haben jetzt schon Probleme mit der Marge.

    • @FancyBeard:

      Die deutsche Autoindustrie hat den Trend zu Luxus und zum Großformat mit betrieben. Vielleicht weil sie an den "features" mehr verdient als am Auto selbst. Aber auch das ist die Folge von höher, schneller, breiter. Innovation als Motor für den Absazt treibt manchmal mehr Früchte als nötig. Bescheidenheit und schrumpfen gehört nicht zu den Stärken.

    • @FancyBeard:

      Marge?



      Gier und Hybris sind die Probleme!

      • @Axel Schäfer:

        Richtig. Die deutschen Autokonzerne haben mehrheitlich in den letzten Jahren Rekordgewinne vermeldet. Sie könnten kleinere, günstigere E-Autos bauen, wollen es aber aufgrund der größeren Gewinnmarge bei dicken SUVs nicht.

        Der VW E-UP als (relativ) günstiger deutscher Kleinwagen war zeitweise über Monate bis zu übrt einem Jahr nicht lieferbar aufgrund der großen Nachfrage. Und was macht VW? Stellt das Modell ein, um seine (teurere) ID-Reihe zu pushen.

  • Komisch komisch, wenn man die Preise ständig anhebt und die Leute immer weniger zum Ausgeben haben, dann kaufen sie weniger Autos. Wer hätte das nur gedacht...

  • Schade für die dort Angestellten. Wobei die Autobranche dank ihrer indirekten Bezuschussung durch die Allgemeinheit ja brutal-hohe Löhne, Gehälter und Boni zahlte und zahlt. Keine Zuschüsse mehr. Umgekehrt: Kosten der Autos endlich einpreisen!

    Gut für die Umwelt, wenn es tatsächlich weniger Autos gibt. Kein Auto oder Flug ist auch nur annähernd nachhaltig. Die Zahl muss bekanntlich deutlich runter. Das dadurch gesparte Geld wird aber eine angemessen gute Versorgung auch in der Fläche mehr als ermöglichen.

    • @Janix:

      Es wird nicht weniger Autos geben, nur die Marktteilnehmer verschieben sich in ihrer Dominanz. Das war deutsche Autohersteller weniger bauen wird in z.B. China mehr produziert. Für die deutschen Straßen ändert sich nix und für das Klima erst recht nichts. Aber in D haben wir weniger Beschäftigte in der Autoindustrie. Es soll Menschen geben, die sich darüber freuen ;-)

  • Und am Ende werden dann Steuergelder die verpennten Umstrukturierungen finanzieren, und die Manager bekommen trotzdem Traumgehälter (siehe Blume).

    In den VW-Läden wird immer noch die Geschichte vom Zurückkommen des Benzins erzählt (gerade wieder erlebt) und den Leuten Verbrenner aufgeschwatzt - günstigere "Ersttagszulassungen", eine Möglichkeit für VW, ihre Neuwagen von der Rampe zu kriegen. Und Wasserstoff - ja, davon erzählen sie dort auch.

    Im Grunde kann man diesen Unternehmen nur den Untergang wünschen. Das Problem ist halt, dass so viele Jobs daran hängen.

    Zumindest ist die Mär vom synthethischen Kraftstoff (E-Fuel) ja wohl endlich vom Tisch.

    • @Jeff:

      Mir muss man einen Verbrenner nicht aufschwatzen, es gibt in der von mir gewünschten Preisklasse einfach keine E-Autos im Gebrauchtwagenmarkt.

      • @Tom Tailor:

        Es geht hier um Neuwagen. Ohne Neuwagen heute gibt es keine bezahlbaren Gebrauchten in 10 Jahren.

        Die Rückkehr des Benzins ist Wunschdenken in der gesamten Branche. Das wird wohl nicht klappen.