Nach letzter Verhandlungsrunde: Rasch über TTIP entscheiden
SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel fordert eine kritische Bilanz des EU-Abkommens mit den USA – er will wohl nicht mehr lange fackeln.

Will wissen, wo es langgeht: Sigmar Gabriel (SPD) Foto: dpa
BERLIN taz | War das „Endgame“ schon – oder kommt das Endspiel um TTIP noch? Während SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ankündigt, nach dem Ende der nominell letzten Verhandlungsrunde um das EU-Freihandelsabkommen mit den USA am Freitag könne man schon Bilanz ziehen, meint die EU-Kommission, die letzten, entscheidenden Verhandlungen stünden noch bevor. Ein Resümee sei deshalb jetzt verfrüht.
Der Unterschied ist bedeutend: Gabriel will offenbar das Abkommen so bald wie möglich für gescheitert erklären. Sobald die Protokolle der Verhandlungsrunde vorlägen, also bereits in dieser Woche, könne man beurteilen, ob es sich lohne, TTIP weiterzuverhandeln, zitiert die FAS eine Sprecherin Gabriels.
Auch der Zugang von EU-Unternehmen zu öffentlichen Ausschreibungen in den USA sei für den Erfolg entscheidend. Zumindest diese Forderung, so sickerte aus den Brüsseler Verhandlungen nach außen, konnte in der vergangenen Woche nicht ausverhandelt werden: Der öffentliche US-Beschaffungsmarkt unterscheidet sich je nach Bundesstaat stark.
Auch zu Ceta, das EU-Abkommen mit Kanada, wird die Haltung deutscher Politiker immer kritischer. Die bayerische SPD stimmte am Samstag gegen das Abkommen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann pochte hingegen darauf, dass das Abkommen nicht ohne Zustimmung der Bundesländer in Kraft treten dürfe.
Allerdings: Eine Zustimmung schloss der Grüne nicht aus. Baden-Württemberg als exportorientiertes Land sage zu TTIP und Ceta „nicht generell Nein“. Die Position der Landesregierung sei „Ja, aber“. „Unsere Standards im Umwelt- und Gesundheitsbereich, beim Verbraucherschutz dürfen nicht gefährdet werden“, sagte Kretschmann, der zusammen mit der CDU regiert.
Leser*innenkommentare
Gabriel Renoir
Größere Wirtschaftsräume bringen Wachstum. Kleinere Wirtschaftsräume bringen Rexession, siehe Brexit. England geht in die Rezesion. Montevideo hat den Schiedsgrichten die Stirn geboten. Sie werden sowieso ersetzt.
mister-ede
Der Widerstand gegen CETA und TTIP ist ja mittlerweile überdeutlich. Wenn es keine entscheidenden Fortschritte gibt, dann lohnt sich die weitere Verhandlung einfach nicht mehr, weil das Abkommen eh keine Chance hat. Den teuren Verhandlungsprozess, von dem nur die Anwaltskanzleien und Beratungsgesellschaften profitieren, kann man sich dann schenken.
noevil
@mister-ede Ist nur offenbar leider noch nicht bis zur Spitze, Herrn Juncker und Frau Malmström, durchgedrungen.
mister-ede
@noevil Wen wundert es, dass man sich nicht mehr zuhört, wenn zwischen den Entscheidungsträgern und dem Volk ein Grand Canyon klafft.
10236 (Profil gelöscht)
Gast
Gabriel kämpft um die magischen 25%.
Die Hoffnung dahinter: Union (deutlich) unter 40%, so dass es mit den Grünen oder FDP alleine nicht reicht. Dann steht man als pflichtbewusster Sozialdemokrat wieder bereit und die bewährte Zusammenarbeit kann fortgesetzt werden.
Caroline
Bei den Meinungsumschwüngen von Sigmar Gabriel kann man doch eh nichts mehr ernst nehmen, was er so sagt. Morgen ist wahrscheinlich alles ganz anders.
TFG
@Caroline Jo, so sehe ich das auch. Ich nehme den Mann auch nicht mehr ernst.
warum_denkt_keiner_nach?
"Gabriel will offenbar das Abkommen so bald wie möglich für gescheitert erklären."
Ein paar Gespräche mit den Spitzen der DAX Konzerne werden seine Bedenken schon zerstreuen...