Nach der Tötung General Soleimanis: Bundeswehr setzt Schulungen aus
Die Bundeswehr hat die Ausbildung von Sicherheitskräften im Irak vorerst eingestellt. In der Nacht soll es einen erneuten Luftangriff gegeben haben.
Dies sei für alle beteiligten Partnernationen bindend. „Damit ruht vorübergehend die Ausbildung für die irakischen Sicherheits- und Streitkräfte im gesamten Irak“, hieß es in der Unterrichtung. Zuvor waren schon im Zentralirak die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt worden. Das Hauptquartier der Militärkoalition ordnete dort Einschränkungen für Bewegungen am Boden und in der Luft an.
Das deutsche Kontingent für den internationalen Einsatz gegen den IS („Counter Daesh“) zählt derzeit 415 Männer und Frauen. Geführt wird es aus Jordanien, wo davon rund 280 Soldaten stationiert sind. Knapp 90 Bundeswehrleute sind im nordirakischen Kurdengebiet im Einsatz, um dort kurdische Kräfte auszubilden.
Ihre Schulungen ruhen nun. Im Militärkomplex Tadschi, 30 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad, sind derzeit 27 Bundeswehrsoldaten für die Ausbildung irakischer Kräfte im Einsatz. Zudem gibt es im Hauptquartier der Anti-IS-Koalition in Bagdad fünf deutsche Soldaten.
Iranische Führung kündigte „schwere Rache“ an
Soleimani, Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, war in der Nacht zu Freitag bei einem US-Raketenangriff nahe dem Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet worden. Das US-Verteidigungsministerium teilte mit, der Angriff sei auf Anweisung von Präsident Donald Trump erfolgt, um weitere Angriffe auf US-Diplomaten und Einsatzkräfte zu verhindern.
Nördlich der irakischen Hauptstadt Bagdad gab es am frühen Samstagmorgen einem Bericht zufolge einen Luftangriff auf Fahrzeuge. Es werde davon ausgegangen, dass darin hochrangige Mitglieder schiitischer, vom Iran unterstützter Milizen gewesen seien, berichtete die Webseite Al-Sumaria unter Berufung auf Sicherheitskreise.
Bei den Milizen handele es sich um Volksmobilisierungseinheiten von Al-Hadsch al-Schaabi. Die Miliz stritt ab, dass hochrangige Mitglieder getötet worden seien. Betroffen sei eine Gruppe Sanitäter, die der Miliz angeschlossen sei. Weitere Informationen über Opfer gab es zunächst nicht. Die USA bestätigten die Berichte bisland nicht.
Die iranische Führung hatte nach der Tötung Soleimanis Vergeltung angekündigt. Ajatollah Ali Chamenei schrieb am Freitag in einem Beileidsschreiben, die Urheber der Attacke erwarte „eine schwere Rache“. Auch Irans Präsident Hassan Rohani warnte: „Zweifellos werden der Iran und andere unabhängige Staaten dieses schreckliche Verbrechen der USA rächen.“ Außenminister Mohammed Dschwad Sarif sagte auf Twitter voraus, die Ermordung Soleimanis werde zu einer Eskalation der Krise führen.
US-Präsident Donald Trump
Die USA wiederum bezeichneten Soleimanis Tötung als Akt der Selbstverteidigung. Trump sagte am Freitag, Soleimani habe an „finsteren“ Angriffsplänen gegen US-Ziele gearbeitet und sei deshalb ausgelöscht worden. Die USA wollten keinen Regimewechsel im Iran erreichen. Die Vereinigten Staaten täten aber alles, um die eigenen Diplomaten, Soldaten und Bürger zu schützen. „Ich bin bereit und vorbereitet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen – und das bezieht sich insbesondere auf den Iran“, sagte Trump.
Er betonte zugleich, er wolle keinen Krieg mit Teheran. „Wir haben (…) gehandelt, um einen Krieg zu beenden. Wir haben nicht gehandelt, um einen Krieg zu beginnen.“ Die Vereinigten Staaten wollten Frieden, Partnerschaft und Freundschaft mit anderen Ländern. Bei einem Auftritt vor evangelikalen Unterstützern in Miami sagte Trump am Freitagabend (Ortszeit), die USA strebten nach Frieden und Harmonie. „Wir sind eine friedliebende Nation.“
Auch Trumps nationaler Sicherheitsberater, Robert O'Brien, verteidigte den Schritt. „Dies sollte weiteres Blutvergießen verhindern“, sagte er am Freitag (Ortszeit). Die USA wollten keinen Krieg mit Teheran. O'Brien betonte zugleich: „Die Vereinigten Staaten lassen sich nicht einschüchtern durch Drohungen unserer Gegner.“
Trauerzug für Soleimani
Tausende Iraker haben am Samstag an einem Trauerzug für den ranghohen iranischen General teilgenommen. Auch der geschäftsführende irakische Regierungschef Adel Abdel Mahdi und weitere hochrangige Politiker liefen mit. Angeführt wurde der Zug nach Augenzeugenberichten von irakischen Milizionären, die irakische Flaggen schwenkten sowie Banner von Milizen, die vom Iran unterstützt werden. Einige Trauernde riefen anti-amerikanische Parolen und forderten Vergeltung für den Raketenangriff.
Wegen der neuen Spannungen verlegen die USA zusätzlich mehrere Tausend Soldaten in die Region. Sie würden angesichts der gestiegenen Bedrohungslage als „Vorsichtsmaßnahme“ in Iraks Nachbarland Kuwait stationiert, hieß es am Freitag aus dem US-Verteidigungsministerium. Übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge handelte es sich um bis zu 3500 Soldaten. Das Pentagon nannte zunächst keine genaue Zahl.
In den USA ist die Militäroperation gegen Soleimani hoch umstritten. Hochrangige Republikaner sprangen ihrem Parteifreund Trump zur Seite und verteidigten die Aktion als gerechte Strafe für einen Feind der USA. Führende Demokraten warfen der Regierung dagegen vor, ohne Zustimmung des Kongresses gehandelt zu haben und warnten vor den möglichen Folgen der Eskalation. Auch international löste die Aktion große Sorge aus – und Angst vor einem neuen Krieg in Nahost.
Derweil forderte Grünen-Chefin Annalena Baerbock nach der Tötung Soleimanis, alle deutschen Soldaten aus dem Irak herauszuholen. „Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran eskaliert dramatisch“, sagte Baerbock der Deutschen Presse-Agentur. Damit sei die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten im Irak nicht mehr zu gewährleisten. „Wir fordern die Bundesregierung inständig auf, die sofortige Evakuierung aller deutschen Truppen einzuleiten.“ Am Irak-Einsatz jetzt festzuhalten, wäre „schlicht unverantwortlich“.
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