Nach Unions-Krise um Flüchtlinge: Erste Zurückweisung wegen Asyl-Deal
Folge des Unions-Kompromisses: Deutschland weist einen Schutzsuchenden direkt an der bayrisch-österreichischen Grenze nach Griechenland zurück.
Im Juni hatte der Streit um die Zurückweisungspraxis zu einem schweren Zerwürfnis zwischen den Unionsparteien geführt. Grundsätzlich darf die Bundespolizei Ausländer an der Grenze zurückweisen – es sei denn, sie wollen einen Asylantrag stellen. In dem Fall müssen sie gemäß EU-Recht zunächst einreisen dürfen und können erst nach einer Prüfung der Schutzbedürftigkeit ausgewiesen oder abgeschoben werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wollte jedoch unbedingt durchsetzen, Asylsuchende, die schon in einem anderen EU-Staat behördlich erfasst sind, gar nicht erst aus Österreich einreisen zu lassen. Bundeskanzlerin Merkel lehnte dies ab. Seehofer drohte zwischenzeitlich deshalb mit Rücktritt.
Merkel entschärfte den Streit vorerst, indem sie versprach, bilaterale Abkommen mit anderen EU-Staaten zu schließen. Diese sollten regeln, wie mit den Zurückgewiesenen zu verfahren sei. Am 8. August schloss Deutschland zunächst eine solche Vereinbarung mit Spanien, am 17. August dann mit Griechenland. Dieses Abkommen wendete die Bundespolizei am Sonntag erstmals an. Nun „kommt es nicht mehr darauf an, ob die Person in Deutschland Asyl beantragen will oder nicht“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei der taz. Vielmehr gilt: Wer in Griechenland einen Asylantrag gestellt hat, wird nun innerhalb von 48 Stunden zurückgeschickt. Zuletzt wurden an der deutsch-österreichischen Grenze im Schnitt etwa 900 Menschen im Monat aufgegriffen, die keine Einreisepapiere haben.
Pro Asyl weist darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht erst am 31. Juli eine Abschiebung nach Griechenland untersagt hatte. Es sei nicht geklärt, ob dort unmenschliche Behandlung drohe, so die Richter. Die Dublin-Verordnung der EU verlangt, dass vor einer Abschiebung in einen anderen EU-Staat geprüft wird, ob Asylsuchende tatsächlich Zugang zu Schutz erhalten können. „Die Bundesregierung will mit diesen bilateralen Abkommen jetzt die Dublin-Verordnung umgehen und eine rechtliche Grauzone schaffen“, sagte Günter Burkhard von Pro Asyl.
„Bei solchen direkten Zurückweisungen besteht keine Möglichkeit mehr, Rechtsmittel einzulegen“, sagt der Jurist Maximilian Pichl von der Universität Kassel. „Genau diese Möglichkeit muss aber jeder haben.“
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