piwik no script img

Nach Rassismus-VergleichLabour schasst schwarze Abgeordnete

Die britische Labourpartei hat die bekannte Parlamentsabgeordnete Abbott nach einem Rassismus-Vergleich bis auf Weiteres aus der Fraktion suspendiert.

Diane Abbott war noch Schatten-Innenministerin unter Jeremy Corbyn Foto: Dominic Lipinski/dpa

London taz | Als erste weibliche Schwarze Abgeordnete des britischen Parlaments für den Londoner Bezirk Hackney North und Stoke Newington machte Diane Abbott 1987 Geschichte. Es war über die Jahre keine leichte Bürde. 2017 wurde bekannt, dass nahezu die Hälfte des gesamten Missbrauchs und Belästigungen auf Twitter gegen weibliche Parlamentarierinnen, ihr galt, viele davon mit obszönem rassistischem Inhalt.

Damals war Abbott noch Schatten-Innenministerin unter Jeremy Corbyn, ihrem ideologischen Wegbegleiter am linken sozialistischen Flügel der Labourpartei. Seit diesem Sonntag teilt Abbott Corbyns Schicksal: Jetzt ist auch sie zumindest vorübergehend aus der Parlamentsfraktion von Labour ausgeschlossen.

Abbott hatte in der britischen Sonntagszeitung Observer in einem Brief gemutmaßt, dass weiße Menschen mit differenzierenden Merkmalen zwar Vorurteile erfahren würden, das sei jedoch nicht vergleichbar mit dem von Schwarzen erfahrenen Rassismus. „In Amerika vor den Bürgerrechten mussten irische und jüdische Menschen und Travellers (irische und schottische nomadische Menschengruppen) nicht im hinteren Teil von Bussen sitzen. Im Apartheid-Südafrika konnten diese wählen.

Zum Höhepunkt der Sklaverei gab es keine weiß aussehenden Menschen, die sich in Ketten auf den Sklavenschiffen befanden“, argumentierte sie. Damit bezog sie sich auf einen Kommentar des britischen Autors Tomiwa Owolade der Vorwoche, in dem dieser angab, dass die Erfahrung von Rassismus über die Hautfarbe alleine hinausginge und komplexer sei und dass laut wissenschaftlichen Studien, Jüdinnen und Juden sowie Roma und Sinti am ehesten angeben würden, Rassismus erfahren zu haben.

Die Labourpartei verurteilte Abbotts Worte als zutiefst beleidigend und falsch. Der Dachverband britischer Juden, aber auch die Vorsitzende des Holocaust Education Trust reagierten schockiert. Abbott nahm ihre Worte danach mit einer Entschuldigung zurück. Es hätte sich beim veröffentlichten Text um eine erste Rohversion gehandelt, die versehentlich an den Observer gesendet worden sei. „Rassismus hat vielerlei Formen, und es ist unbestreitbar, dass jüdische Menschen dessen mons­tröse Konsequenzen erlitten, genauso wie irische Menschen und viele andere.“

Untersuchungsausschuss hat nun das Sagen

Die Zukunft ihrer parlamentarischen Karriere liegt nun bei einem Untersuchungsausschuss der Labourpartei, die unter Keir Starmers Führung keinen Antisemitismus in der Partei duldet.

Zu Abbotts Wahlkreis gehört Stamford Hill, wo ein Großteil der britischen jüdischen ul­traorthodoxen Gemeinden lebt. Ihre Kleidung beschrieb Abbott einst als „Kostüm“, und zum Höhepunkt der Antisemitismusdebatte in der Labourpartei bemühte sie sich, darauf hinzuweisen, dass nicht alle jüdische Menschen glaubten, dass Labour ein Problem damit hätte. Rabbiner Herschel Gluck, ein prominentes Mitglied der ultraorthodoxen Gemeinden, gab sich schockiert zu Abbott, glaubt jedoch, dass Abbotts Entschuldigung ernsthaft sei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • "Zum Höhepunkt der Sklaverei gab es keine weiß aussehenden Menschen, die sich in Ketten auf den Sklavenschiffen befanden“, argumentierte sie."

    Zu dieser Behauptung ein Faktencheck in den Geschichtsbüchern: Die afrikanischen "Barbareskenstaaten" entführten bei Raubzügen an den europäischen Mittelmeerküsten Millionen von Europäern und schafften sie als Sklaven nach Afrika - in Ketten - auf Sklavenschiffen...

  • es macht mich tief traurig, dass Minderheiten gegeneinander aufgespielt werden.......ich finde, dass beide Seiten auf ihre Weise recht haben!

    • @aberKlar Klardoch:

      Hier wird doch niemand gegeneinander ausgespielt. Hier hat jemand einen zutiefst verstörenden Brief veröffentlicht und erfährt dafür massiven Widerspruch.

      Und in dieser Sache können auch nicht beide Seiten recht haben, da sich die beiden Seiten vehement widersprechen - zumindest in der ersten Runde. Recht geben kann man beiden Seiten nach Abbotts Entschuldigung, aber ganz im Ernst: Selbst wenn das nur eine Rohfassung war, kann man doch ganz klar annehmen dass die Reinfassung inhaltlich die gleiche Schlagrichtung gehabt hätte und nur besser formuliert gewesen wäre. Die Kritik an dem Brief geht aber direkt an den Kern, nicht an einzelne Formulierungen.

      Ich persönlich finde die hier genannten Positionen des Briefs verstörend, aber man muss sich vor Augen führen dass es auch nur das ist: Ein verstörender Brief von einer Einzelperson. Frau Abbott hat mit ihrem Schritt in die Politik wichtige Geschichte geschrieben, aber das macht sie nicht zu einer Heiligen und wer dergleichen von ihr erwartet tut ihr unrecht. Die Welt ist voller Grauzonen und Frau Abbott findet sich - wie jeder andere Mensch auch - irgendwo darin wieder: Manche Sachen macht sie prima, andere sind irritierend und nicht hilfreich und manches ist daneben. Dieser Brief fällt in die letzte Kategorie, aber auch wenn er das Ende der politischen Karriere bedeuten kann, so ist er sicherlich ungeeignet um als repräsentativ für ihr Wirken zu stehen.

    • @aberKlar Klardoch:

      Ach so, die Dame hat Recht? Und was ist nun mit schwarzen Schwulen in Nigeria, die von Schwarzen ermordet werden? In meinem Bewußtsein jüdischer Nazi-Opfer haben Aussagen dieser Dame keine Platz!

    • @aberKlar Klardoch:

      Wo wird hier denn jemand ausgespielt?

      Auf die Idee dürfte Abbott ganz allein gekommen sein.

      Wie beide Seiten rechthaben können, müssten Sie erklären.

      Entweder ist der Rassismus vergleichbar oder nicht.

      Das klingt eher nach Null-Summen-Spiel.

    • @aberKlar Klardoch:

      Wer spielt hier denn Ihrer Ansicht nach wen gegen wen aus?

  • Von einer Politikerin mit der Erfahrung wie Diane Abbott kann man wohl erwarten, dass diese ihre Worte mit Sorgfalt wählt, gerade bei einem derart kontroversen und emotional aufgeladenen Thema wie Rassismus. Ich kann die Empörung über Diane Abbotts Äußerungen gut nachvollziehen.