Nach Konzertabsagen in Wien: Wie groß war die Gefahr wirklich?
Der 19-Jährige, der als Hauptverdächtiger der mutmaßlich geplanten Anschläge auf Taylor-Swift-Konzerte verhaftet wurde, relativert sein Geständnis.
Neben dem 19-jährigen ursprünglich geständigen Hauptverdächtigen, der letzten Mittwoch in Ternitz festgenommen wurde, ist noch ein 17-jähriger in U-Haft. Das vollumfängliche Geständnis des 19-Jährigen relativierte nun seine Anwältin Ina-Christin Stiglitz. Der Hauptverdächtige habe „nur cool sein wollen“, sagte sie gegenüber dem ORF. Tatsächlich habe ihr Mandant keine konkreten Anschlagspläne gehabt.
Was es dann mit dem funktionstüchtigen Sprengstoff auf sich habe, der laut Innenministerium bei ihm gefunden wurde? „Kann sein, dass er ein technisches Interesse am Bombenbau hat, aber jedenfalls nicht in Verbindung mit einem Terroranschlag“, sagt Stiglitz.
Widersprüchliche Informationen gibt es auch, was den Nachrichtenfluss betrifft, der zur Festnahme geführt hat. Laut der Nachrichtenagentur APA hatten zwei ausländische Geheimdienste, darunter einer aus den USA, bereits 10 bis 14 Tage vor den Konzerten die österreichischen Behörden gewarnt. Die Kooperationsstelle der drei österreichischen Nachrichtendienste stellt diese lange Vorlaufzeit in Abrede.
Das polizeiliche Handeln wirft einige Fragen auf
Ausschlaggebend für die Information und die spätere Festnahme war ein IS-Treueschwur, den der Verdächtige geleistet haben soll. Offenbar wurde zunächst das Heeresnachrichtenamt informiert, der Auslandsgeheimdienst des Bundesheers. Dieses nahm Ermittlungen auf und informierte später den am Innenministerium angesiedelten Inlandsgeheimdienst DSN, wie die Zeitung Der Standard berichtete.
Fest steht: Das polizeiliche Handeln letzte Woche wirkte hektisch, auch der Ablauf, die Konzerte erst nach Festnahme der Verdächtigen kurzfristig abzusagen, wirft Fragen auf. Ob wichtige Hinweise verschleppt wurden, wird noch zu klären sein.
Auch ob die Absage der drei Wien-Konzerte mit insgesamt knapp 200.000 Besucher*innen überhaupt zwingend notwendig war, bleibt vorerst offen. Berichte von einer angeblichen Unterwanderung der Veranstaltungs-Security wurden vorerst nicht bestätigt.
Gut möglich, dass Veranstalter und Sicherheitsbehörden vier Jahre nach dem islamistischen Terroranschlag in der Wiener Innenstadt mit vier Toten und 17 Verletzten diesmal nicht das geringste Risiko eingehen wollten. Schon damals wurde wichtigen Hinweise aus dem Ausland nicht rechtzeitig nachgegangen. Der damalige Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ist heute Kanzler – und will es auch bleiben.
Österreich wählt Ende September ein neues Parlament, die Terrorgefahr durch den radikalen Islam könnte den anstehenden Wahlkampf dominieren. Schon jetzt fordern FPÖ und ÖVP, die Überwachung und das Mitlesen von Handychats per sogenanntem „Bundestrojaner“ zu erlauben. Bisher ist dies in Österreich nicht möglich.
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