Nach EU-Korruptionsskandal „Katargate“: Die Ernte von „Katargate“

Eine Mehrheit im Europaparlament stimmt für mehr Transparenzregeln für EU-Abgeordnete. Das konservative Lager weiterhin dagegen.

Metsola im Europäischen Parlament in Straßburg

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola beim Plenum am Mittwoch Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

BRÜSSEL taz | Das Europaparlament hat sich gegen massiven Widerstand aus dem konservativen Lager schärfere Transparenzregeln gegeben. Eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten sprach sich bei der Plenartagung in Straßburg am Mittwochabend dafür aus, dass alle Mandatsträger eine Erklärung über ihr Vermögen abgeben müssen, und zwar zu Beginn und am Ende des Mandats.

Außerdem soll es künftig strengere Regeln für die Annahme von Geschenken und für die Übernahme von Reisekosten durch Dritte – zum Beispiel durch fremde Regierungen – geben. Deutlich mehr Treffen mit Lobbyisten müssen veröffentlicht werden. Die sogenannten „Freundeskreise“ mit Drittländern werden strenger reguliert.

Das Parlament zieht damit Konsequenzen aus dem „Katargate“, einem bis heute nicht vollständig aufgeklärten Korrup­tions­skandal, in den die ehemalige Vizepräsidentin Eva Kaili verwickelt war – mutmaßliche Einflussnahme und Schmiergelder aus Katar und Marokko, die Ende 2022 bekannt wurden.

Die konservative EVP bremst wieder

Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hatte kurz nach Bekanntwerden des Skandals ein 14-Punkte-Programm für Reformen vorgelegt. Die Umsetzung wurde jedoch vor allem durch die konservative Europäische Volkspartei (EVP) verzögert. Die EVP, der auch CDU und CSU angehören, stand auch jetzt wieder auf der Bremse.

Die neuen Transparenzregeln, die unter Federführung der SPD-Abgeordneten Gabi Bischoff ausgearbeitet wurden, könnten die Freiheit des Mandats einschränken, hieß es in der CDU. Dass sich die Abgeordneten für Treffen außerhalb des Parlaments rechtfertigen müssten, sei unerträglich. Zudem gehe die Reform am „Katargate“ vorbei.

Tatsächlich sind viele Aktivitäten, die während der Ermittlungen durch die belgische Justiz ans Tageslicht kamen, schon heute illegal. Die Entgegennahme von Schmiergeldern war nie erlaubt. Doch manches, wie luxuriöse Reisen nach Katar oder vertrauliche Gespräche in Freundeskreisen, bewegte sich in einer rechtlichen Grauzone.

Das will das Parlament nun ändern. „In Zukunft werden wir auf den Cent genau sehen, wie viel Abgeordnete nebenbei verdienen und ob sie weiterhin in der Lage sind, ihr Mandat im öffentlichen Interesse auszuführen“, sagte Bischoff. „Das Europaparlament wird durch die Reformen spürbar transparenter“, lobt der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund.

Nicht alle Forderungen wurden durchgesetzt

Allerdings konnten sich die Reformer, zu denen neben Sozialdemokraten und Grünen auch die Liberalen zählen, nicht mit allen Forderungen durchsetzen. So fehlt immer noch eine unabhängige Kontrolle zur Einhaltung der Lobbyregeln. Dies sei „am schmerzhaftesten“, so Freund. Er werde jedoch weiter um Reformen kämpfen.

Lobbycontrol begrüßte die neuen Verhaltensregeln, die am 1. November in Kraft treten. Zwar reichten diese nicht aus, doch seien es zumindest „ein paar wichtige Verbesserungen“. Der liberale Abgeordnete Gilles Boyer sprach von einem „ersten Baustein“. In Sachen Transparenz bleibe allerdings „noch viel zu tun“.

Dies gilt auch für die EU-Kommission und andere europäische Institutionen. Sie verfügen zwar über eigene Regeln, die Transparenz herstellen und Korruption verhindern sollen. Diese sind jedoch nicht einheitlich und ihre Einhaltung wird kaum überwacht.

So konnte der frühere EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) nach seinem Abschied von Brüssel mehrere gut dotierte Jobs annehmen, obwohl dies eigentlich ausgeschlossen war. Eine bereits im Juni angekündigte übergreifende Ethikbehörde, die diese und andere Lücken schließen soll, lässt immer noch auf sich warten.

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