Plan gegen Korruption in der EU: Nur ein bisschen EU-Kosmetik

Die von der EU-Kommission vorgestellten Antikorruptionsmaßnahmen reichen nicht. Mehr Kontrolle auch auf höherer Ebene der Institutionen ist nötig.

Flaggen der europäischen Union wehen über dem Hauptquartier in Brüssel

Die EU-Kommission stellte Maßnahmen gegen Korruption vor, doch Institutionen bleiben unangetastet Foto: Johanna Geron/reuters

Eva Kaili, ehemals Vizepräsidentin des Europaparlaments, steht seit Mitte April unter Hausarrest. Vier Monate hatte sie zuvor hinter Gittern verbracht. Die EU-Korruptionsskandale Marokko- und Katargate, in die Kaili unter anderem verwickelt war, hatten europaweit für Schlagzeilen gesorgt. Diese Woche nun stellte die Europäische Kommission die neuesten EU-Antikorruptionsmaßnahmen vor.

Marokko- und Katargate waren zwar nicht die Auslöser, denn bereits seit 2019 werden Entwürfe überarbeitet, aber diese Fälle, die die Schwäche der Europäischen Union einmal mehr entlarvten, haben das Vorhaben beschleunigt. Ziel ist, die Immunität europaweit zu beenden und in Drittländern rigoros durchzugreifen; auch das längst geforderte Transparenzregister kommt. Ausreichend ist dieses Paket jedoch nicht, denn die Korruption in den EU-Institutionen bleibt weiterhin unantastbar – sie soll bei gutwilliger Selbstregulierung und Selbstverantwortung bleiben.

Das ist kein gutes Zeichen für die EU-Bür­ger*in­nen, die dabei keine einheitliche Definition von Korruption teilen. Laut dem Eurobarometer wird sie je nach Land ganz unterschiedlich bewertet. Für 78 Prozent der Menschen in Irland ist sie inakzeptabel, in Tschechien nur für 30 Prozent. Insofern könnten Antikorruptionsmaßnahmen eventuell ein gemeinsames Verständnis schaffen, wenn die nationalen Antikorruptionsbehörden die Kooperation intensivierten.

Nun muss über dieses vorgeschlagene Paket von den 27 EU-Mitgliedern sowie dem Europaparlament abgestimmt werden, was am 10. Juli passieren soll. Effektive Regeln für die höhere Ebene der Institutionen, die dringend nötig sind, wären so noch nicht geschaffen. Es bleibt zu hoffen, dass die Kommission in einem zweiten Schritt mit einer Art Ethikrat zur Kon­trolle der Institutionen mehr in dieser Richtung unternimmt. Allerdings wären richtige EU-Wächter nur mittels einer Reform der Gründungsverträge möglich.

Und die ist auf absehbare Zeit wohl kaum zu erreichen. Klare Strafen und harte Botschaften gegen Korruption braucht die EU nicht nur als Signal an die EU-Bürger, die spätestens in einem Jahr zur Europawahl gerufen werden, sondern auch an EU-Beitrittskandidaten wie die Ukraine, deren größte Hausaufgabe die Korruptionsbekämpfung bleibt, und an die „schwarzen Schafe“ innerhalb der EU-Familie – etwa Ungarn.

Wenn diese Regeln nicht kommen sollten, braucht die EU eine aktivere, wachsamere Zivilgesellschaft und Medienlandschaft, die als Wächter agieren. Die Ukraine arbeitet seit spätestens 2014 daran. Denn laut dem Eurobarometer wissen 53 Prozent der Europäer nicht mal, wie Korruptionsfälle zu melden sind.

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Jahrgang 1982, ist Leiterin der taz Panter Stiftung. Zuvor war sie stellvertretende Auslandsressortleiterin und taz-Europa-Redakteurin. Bei der taz hat sie im Mai 2022 als Themen- und Nachrichtenchefin angefangen. Sie berichtet seit 2005 als freie Korrespondentin für Tageszeitungen, Fernseh- und Radiosender über Deutschland, Zentral- und Osteuropa. Ihre Karriere als Journalistin hat sie in Spanien gestartet und an der FU Berlin hat sie sich auf Osteuropa und Russland spezialisiert. Mehrere multimediale Projekte hat sie initiiert und durchgeführt, um Mehrsprachigkeit, Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft zu fördern.

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