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Nach Äußerung zu AbschiebungenSeehofer sieht Kampagne gegen sich

Der Bundesinnenminister und CSU-Chef sieht sich als Sündenbock. Er werde falsch dargestellt und auch parteiinterne Kritik am Umfragetief weist er zurück.

Will mehr Abschiebungen ermöglichen: Bundesinnenminister Horst Seehofer Foto: dpa

Augsburg afp/dpa/taz | Dieser Tage hat es Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer nicht leicht. Erst gibt es Ärger wegen seines lang zurückgehaltenen „Masterplans“ für Migration, dann wegen seiner Statements während der Vorstellung vor der Presse. Dort zeigte sich unter anderem Seehofer erfreut, dass an seinem 69. Geburtstag 69 Personen nach Afghanistan abgeschoben wurden. Einer der 69 Menschen nahm sich nach der Ankunft das Leben, wie später bekannt wurde. Ein anderer Mann wird nun vom BAMF zurückgeholt, da es Fehler im Verfahren gab. Und auch in den Umfragen sinkt seine Partei drei Monate vor der Landtagswahl in Bayern ab.

Doch Seehofer sieht sich als Opfer einer Kampagne seiner politischen Gegner. Zur Kritik an seinen jüngsten Äußerungen in der Flüchtlingspolitik sagte er der Augsburger Allgemeine: „Jeder, der es sehen will, sieht, dass hier eine Kampagne gefahren wird, die geht gegen mich und meine Partei.“ Leider hätten sich auch Einzelne aus der CSU dafür vereinnahmen lassen. „Viele der Kritiker lassen genau das vermissen, was sie mir vorwerfen: Anstand und Stil“, monierte Seehofer.

Seinem parteiinternen Widersacher, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, wiederspricht Seehofer und weist seine Kritik, wonach die Bundesrepublik Schuld am Umfragetief der CSU sei, zurück. Er sehen keinen bundespolitischen Gegenwind für die bayerische Landtagswahl, sagte Seehofer in der Augsburger Allgemeinen.

„Bayern steht blendend da und Markus Söder stützt sich auf eine absolute Mehrheit, die wir 2013 unter meiner Führung geholt haben“, sagte Seehofer. Bayern könne „also handeln, die Staatsregierung ist auf keinen Koalitionspartner angewiesen, das ist ein großer Vorteil für den Wahlkampf“.

Der Innenminister wies zugleich Spekulationen zurück, dass er bei einem Debakel bei der Landtagswahl in Bayern als Parteivorsitzender zurücktreten könnte: „Das ist eines von diesen Märchen, die jetzt überall herumerzählt werden. Daran beteilige ich mich nicht“, sagte Seehofer. Er zeigte sich überzeugt, dass „die absolute Mehrheit nach wie vor möglich“ sei für die CSU.

Drei Monate vor der Landtagswahl im Oktober ist die CSU in Umfragen derzeit weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Sie kommt derzeit nur noch auf 38 Prozent.

Unterdessen hat das Kabinett einen Gesetzentwurf vorgestellt, mit dem die Liste der sicheren Herkunftsländer ausgeweitet wird. Neben Markokko, Tunesien, Algerien soll auch Georgien aufgenommen werden. Das bedeutet, dass in diese Länder einfacher abgeschoben werden darf.

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7 Kommentare

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  • Man sollte von sich nicht auf andere schließen. Es mag ja sein, dass der Host nur an seinen Posten gekommen ist, weil er andere erfolgreich weggeboxt hat. Doch nur weil man ihn nicht mehr für den Heiland hält, ist das noch keine Kampagne. Das ist nämlich das Problem: die anderen sind zu blöde, bzw ihnen fehlt der Einfluss, um gezielt den Ruf zu schädigen.

  • ...wenn Politiker ausgelacht werden, dann ist für sie echte Gefahr im Verzug. Seehofer spürt mein Gelächter, denn: ich lache nicht allein.

  • Und kein Rettungsboot in Sicht.

  • Interessant ist, dass die verlorenen Prozentpunkte für die CSU gar nicht bei der AfD zu landen scheinen, sondern eher bei den Grünen...

    Hätte Seehofer sich weniger auf das Thema Flüchtlinge, sondern eher auf das Thema Umweltschutz gestützt, sähen die Prognosen garantiert besser aus.

  • Seehofer hat er eine Kampagne losgetreten hat, ein Thema maximal aufgeblasen und den Streit mit Merkel auf die Spitze getrieben. Wochenlang, gezielt, kalkuliert und beifallheischend. Seehofer möchte sich jetzt gerne hinter seinem "Ausrutscher" verstecken und die Kritik an ihm auf den einen Punkt mit den 69 abgeschobenen Flüchtlingen reduzieren und damit vergessen machen, dass diese würdelose Aussage eben nur das Sahnehäubchen auf einem zynischen Selbstdarstellungstrip war. Das "von mir nicht so bestellt" ist nur ein Symtom eines selbstverliebten Aktionismus und wenn Seehofer ein Opfer ist, dann sein eigenes.

  • „Viele der Kritiker lassen genau das vermissen, was sie mir vorwerfen: Anstand und Stil“, monierte Seehofer. - So ganz richtig kann der Herr aus Bayern mit der deutschen Sprache offensichtlich nicht umgehen. Denn wer wäre schon so dämlich, Seehofer Anstand und Stil vorzuwerfen?

  • aha: Seehofer "wiederspricht" Söder und "sehen" keinen bundespolitischen Gegenwind... schon klar, Zeitungen entstehen unter Zeitdruck, aber das...?

    Zum Inhalt: Klar Horst, voll die Kampagne. Merkel schickt ihre liberalen Freunde in den Medien los, um dich zu jagen - und die Konkurrenzparteien erst: das ist ja wirklich ein Skandal, die finden doch glatt ihre politischen Inhalte besser als die der CSU. Dieses Land ist wirklich vor die Hunde gekommen. Minister von der CSU werden öffentlich kritisiert, mache fordern sogar die Übernahme von Verantwortung!!! Hat man je absurderes und ehrabschneiderischeres gehört? Und dieser undankbare Misthaufen CSU! Selbst dort Nestbeschmutzer und Konfrontations- und Theaterverweigerer. So kann das ja nichts werden mit der Fortsetzung deines politischen Erbes. Selber Schuld, aber du wirst kämpfen um die politische Mehrheit. Frag doch mal den Koch, vielleicht kannst du ja durchsetzen, dass bald in jedem Kaff Stände sind, an denen man gegen Ausländer unterschreiben kann.